Probleme beim BVG-Angebot: Es wird noch eine lange Reise
Neue Zahlen zeigen: Von der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit früherer Tage ist die BVG extrem weit entfernt. Am Montag wird erst mal gestreikt.
Deren ganz normaler Leidensweg durch die Stadt drückt sich in Zahlen aus, die weniger spektakulär daherkommen, aber dennoch die aktuellen Probleme des Unternehmens mit Material- und Personalproblemen abbilden. Aus der Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des verkehrspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Tino Schopf, geht hervor, dass man immer noch weit von der Zuverlässigkeit früherer Jahre entfernt ist.
So lag die „Pünktlichkeitsquote“ aller U-Bahnen im vergangenen November bei 97,90 Prozent – der schlechteste Wert im Jahr 2024. Den besten erzielte das Angebot auf den 9 Berliner Linien mit 98,53 Prozent im März. Was für Uneingeweihte nach einem satten Erfolg klingen mag, relativiert sich beim Blick auf die Definition eines pünktlich abfahrendes Zuges im Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin: Erst wenn dieser mehr als dreieinhalb Minuten nach Plan einen Bahnhof verlässt, rutscht er in den roten Bereich der Statistik.
Auf einzelnen Linien ist die Performance noch deutlich schlechter. So fuhr die U1 im November gerade mal eine Pünktlichkeitsquote von 91,54 Prozent ein, bester Monat war ebenfalls der März mit 96,73 Prozent. Zum Vergleich: Die Schöneberger Mini-Linie U4, auf der sich praktisch keine Verspätungen anhäufen können, glänzte im Dezember mit einer fast schon realsozialistischen Quote von 99,82 Prozent.
Am Fahrplan geschraubt
Nicht in dieser Aufstellung erscheinen die komplett ausgefallenen Bahnen. Auch die hat Schopf abgefragt. 110.268 sogenannte Nutzkilometer konnte die BVG demnach im Dezember nicht erbringen. Das liegt etwas unter dem Vorjahresmonat, allerdings lagen die Ausfälle in den übrigen Monaten des Jahres 2024 zum Teil ein Vielfaches über denen von 2023.
Im Herbst hatte die BVG notgedrungen schon am U-Bahn-Fahrplan geschraubt: Takte wurden verändert, die U1 in den Nachtstunden nur noch zwischen Nollendorfplatz und Uhlandstraße eingesetzt.
Darüber, wie es in den Bahnen aussieht, sagen die Zahlen im Übrigen nichts. Aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek im vergangenen September war hervorgegangen, dass die sogenannte „Erfüllungsquote der Regelkapazität“ auf den Linien U1 und U3 dramatisch abgesackt ist. Sprich: Die Bahnen fahren zwar (meistens), aber weil aufgrund technischer Probleme mit dem überalterten Fuhrpark viele Züge mit weniger Wagen auf die Schiene geschickt werden, fehlt es an Platz in den Bahnen.
Pünktlichkeitstrauerspiel bei Trams und Busse
Noch deutlich unterhalb der U-Bahn liegt die Pünktlichkeit bei Trams und Bussen. Die Straßenbahnen kamen in der Summe auf 88,28 Prozent im Dezember, die Busse auf 88,15 Prozent – beide Werte gehörten über das Jahr gesehen zu den besseren. Deutlich zurückgegangen ist im Busverkehr die Zahl der ausgefallenen Kilometer. Das liegt aber auch daran, dass das Angebot zum Jahresbeginn 2024 auf vielen Linien eingeschränkt wurde, um den Betrieb zu stabilisieren.
Nach Angaben der BVG in der Antwort auf Schopfs Anfrage ist die häufigste Ursache für den Ausfall von Fahrten bei U-Bahn, Straßenbahn und Bus das Fehlen von Fahrpersonal. Die Verkehrsbetriebe haben mit diesem Problem seit Jahren zu kämpfen, denn auch erfolgreiche Rekrutierungskampagnen können die Abwanderung und das altersbedingte Ausscheiden von FahrerInnen nicht kompensieren.
Ob die Ergebnisse der laufenden Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi deutlich höhere Löhne beinhalten werden, bleibt abzuwarten. Die BVG verweist auf ihr Ziel, einen „fairen und guten“ Tarifvertrag abzuschließen, „um weiterhin eine attraktive Arbeitgeberin zu bleiben“. Am Montag wird allerdings erst mal wieder gestreikt.
Als weiteren Lichtblick nennt das landeseigene Unternehmen die bestellten neuen Fahrzeuge in allen Verkehrssparten, „an deren Einflottung intensiv gearbeitet wird“. So ist im laufenden Jahr die Lieferung von 13 der besonders langen „Urbanliner“-Straßenbahnen und von 50 E-Gelenkbussen geplant. „Bis Jahresende“ sollen auch 140 neue U-Bahn-Wagen des Kleinprofil-Modells JK „geliefert und eingeflottet“ werden.
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