Pro-Palästinensische Demos in Berlin: Senator erwartet weitere Proteste
Mehrere Demos sind bereits angemeldet, so SPD-Innensenator Geisel. Die Gewalt am Samstag sei nicht von politisch organisierten Gruppen ausgegangen.
Und: „Wir rechnen mit einer Vielzahl weiterer Demonstrationen und Veranstaltungen“, erklärte Geisel am Montagmorgen im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Am Donnerstagabend ist zudem eine große Demonstration zur Solidarität mit Israel am Brandenburger Tor geplant, wie der Senator ankündigte.
Am Samstag war es nach der Auflösung einer pro-palästinensischen Demonstration am Neuköllner Hermannplatz zu teils massiver Gewalt gegen Polizist*innen sowie antisemitischen Äußerungen gekommen. Auch mindestens drei Journalisten*innen wurden laut Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik attackiert, eine davon offenbar, weil sie hebräisch sprach. Rund 900 Einsatzkräfte der Polizei brauchten mehrere Stunden, um die Lage in den Griff zu bekommen; 93 Beamte wurden dabei verletzt. Laut Polizei hatten sich rund 3.500 Menschen versammelt, 65 seien vorläufig festgenommen worden.
Geisel betonte, dass die Gewalt nicht von politisch organisierten palästinensischen Gruppen ausgegangen sei; diese hätten vielmehr weitere geplante Proteste am Sonntag abgesagt, wohl um Gewalttätern keine neue Bühne zu geben. Bei letzteren handelte es sich am Samstag laut dem Senator überwiegend um rund 300 bis 400 „erlebnisorientierte arabischstämmige Jugendliche und junge Männer“. Von ihnen sei eine „unglaubliche Aggressivität“ ausgegangen.
Aus einer „Nebendemonstration“ erwuchs die Gewalt
Der anfangs friedliche Protest am Samstag ist nach Geisels Angaben eskaliert, als eine kleine „Nebendemonstration“ schnell anwuchs. Laut Polizeipräsidentin Slowik seien rund 2.000 Personen – „aktionsbereite junge Menschen“ – aus den umliegenden Häusern und Straßen innerhalb einer halben Stunde auf den Hermannplatz geströmt. Nach der Auflösung des Protests aufgrund nicht eingehaltener Corona-Hygieneauflagen kam es zu Ausschreitungen, bei denen teilweise auch schwere Verletzungen von Polizist*innen in Kauf genommen wurden. Wasserwerfer wurden nicht eingesetzt, so Geisel, weil sich auf dem Platz weiterhin auch Familien mit Kindern und teils Kinderwagen befunden hätten.
Der Innensenator verteidigte die Auflösung der Demo allein aufgrund der nicht eingehaltenen Hygieneauflagen. Das sei rechtssicher und schneller, als dies aufgrund von antisemitischen Äußerungen zu tun. Geisel betonte, dass auf Berlins Straßen auch die Kritik an politischen Entscheidungen Israels möglich sei. „Das ist auch richtig so.“ Ganz anders zu werten seien antisemitische Äußerungen und Gewalt gegen Einsatzkräfte.
Die weitere Entwicklung in Berlin hänge von der im Nahen Osten ab. Die Hamas müsse als ersten Schritt die Angriffe auf Israel einstellen, forderte Geisel.
Runder Tisch einberufen
Noch in dieser Woche will der Senat den „Runden Tisch“ gegen Antisemitismus erneut einberufen. An dem Tisch, der 2019 zur Beratung über Sicherheits- und Präventionsfragen geschaffen wurde, sollen neben der Jüdischen Gemeinde und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft auch die Sicherheitsbehörden teilnehmen, teilte die Innenverwaltung mit. Damit war es in der Vergangenheit mehrfach gelungen, Auftrittsverbote gegen Unterstützer von terroristischen Organisationen und Israelfeinden durchzusetzen.
Beschäftigen wird er sich auch mit Angriffen auf jüdische Einrichtungen oder Symbole. In der Nacht auf Montag wurde in Hohenschönhausen eine Gedenkstein für eine ehemaligen Synagoge mit grüner Farbe übergossen, sagte Geisel im Innenausschuss.
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