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Pro & Contra Längere WahlperiodeVier? Fünf? Sechs Jahre?

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff und Martin Reeh

Die Fraktionsspitzen aller Bundestagsparteien wollen, dass der Bundestag nur noch alle fünf Jahre gewählt wird. Die taz ist uneins.

Ab in die Wahlkabine: Bald nur noch alle fünf Jahre? Foto: dpa

PRO

D iesen müden Wahlkrampf und die zwei langweiligen Pseudo-Wahlen davor hätten sich die Deutschen sparen können, wenn sie Angela Merkel gleich bei ihrer ersten Wahl 2005 auf Lebenszeit gewählt hätten. Eine andere Person an der Spitze oder gar eine andere Politik wollen die meisten Wähler sowieso nicht, warum dann alle vier Jahre so ein teurer Aufwand?

Okay, die Monarchie ist (noch) nicht grundgesetzkompatibel, also müssen wir uns auf realistische Reformen konzentrieren, damit die Politik für alle Beteiligten weniger stressig wird. Die nun geplante Verlängerung der Wahlperioden auf fünf Jahre ist dafür ein erster richtiger, aber noch zu kleiner Schritt.

Wieso immer noch so hektisch? Den Konkurrenten ist es in zwölf Jahren Merkel nicht gelungen, die Wähler von der Dringlichkeit eines Führungswechsels zu überzeugen, warum müssen es die bemitleidenswerten Gegenkandidaten weiter alle fünf Jahre versuchen und nicht erst in sechs, acht oder zehn?

Längere Wahlperioden sind in vielen Ländern üblich, weil die Regierungen dann mehr Zeit haben um mutige Maßnahmen durchzuführen, ohne sofort ihre Abwahl riskieren zu müssen. Gelassen regieren zu können, hat Vor- und Nachteile. Eine Grenzöffnung direkt vor Wahlen wäre niemals möglich, eine Hartz-V-Einführung aber auch nicht.

Dass Merkel dann diktatorisch vor sich hin regiert und die Wünsche der Wähler ignoriert, steht nicht zu befürchten. Ihre Politik orientiert sich ohnehin nicht an irgendeinem Parteiprogramm, sondern an den jeweils aktuellen Umfragen, die Volkes Willen viel deutlicher, präziser und schneller zum Ausdruck bringen als jede noch so häufig durchgeführte Wahl. Was Merkel tut oder lässt, entscheiden nicht die Wähler, sondern die repräsentativ Befragten.

Ob Merkel in den nächsten vier Jahren die Atomkraft wieder einführt, ob sie alle Flüchtlinge wieder rausschmeißt, die sie überraschenderweise reingelassen hat und ob sie künftig mit oder gegen Trump Krieg führt – all das wird nicht am 24. September geklärt, auch nicht von ihren möglichen Koalitionspartnern Butter-Lindner oder Boring-Eckardt, sondern vom Lauf der Dinge und den Ergebnissen der Demoskopen.

Und sollte das irgendwann nicht mehr reichen, um Merkel halbwegs auf Mehrheitslinie zu halten, gibt es ja immer noch genug Landtagswahlen, die für eine Gegenmehrheit im Bundesrat sorgen könnten. Theoretisch. Auf Bundesebene hat das erst nach Merkel wieder Sinn.

von LUKAS WALLRAFF

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CONTRA

Längere Wahlperioden nutzen zwei Gruppen: Erstens Abgeordneten und ihren Mitarbeitern, weil sie damit etwas mehr Planbarkeit für ihr Leben haben. Zweitens Regierungen, weil sie damit – vor allem in der ersten Hälfte der Legislaturperiode – Vorhaben durchziehen können, die von ihrer Wählerschaft nicht goutiert werden: Mehrwertsteuererhöhungen, Steuererleichterungen für Lobbygruppen, Offene Grenzen, Kriegseinsätze. Nach fünf Jahren lässt das Gedächtnis der WählerInnen eher nach als nach vier.

Deshalb ist die Verlängerung der Wahlperiode ein anti-demokratischer Akt. Sie entzieht Regierungen dem raschen Votum der WählerInnen. Die Begründungen, die etwa SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Linken-Frontmann Dietmar Bartsch dafür heute abgaben, sind denn auch wenig stichhaltig.

Oppermann glaubt, dass so Gesetzesnachbesserungen innerhalb der gleichen Legislaturperiode noch möglich seien. Aber das Beispiel Mietpreisbremse zeigt: Nachbesserungen scheitern nicht an fehlender Zeit, sondern weil die Union sie nicht will. Nur eine neue Regierung würde helfen.

Bartsch glaubt, dass es nicht schlüssig sei, dass der Bundestag eine kürzere Periode habe als fast alle Landesparlamente. Natürlich kann man es so machen: Ohne großes Aufsehen haben sich erst die Länder längere Wahlperioden genehmigt, dann erklärt man die verbliebenen Parlamente mit kurzen Wahlperioden zu Seltsamkeiten, die beseitigt werden müssen.

Warum eigentlich nicht gleich sechs Jahre? Bayern macht es bei seinen Kommunalvertretungen heute schon vor, dass es auch funktioniert, die WählerInnen noch seltener zu beteiligen. Wetten, dass wenn der Bundestag nur noch alle fünf Jahre gewählt wird, die ersten findigen Landesparlamentarier an einer weiteren Verlängerung der Wahlperioden arbeiten?

von MARTIN REEH

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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9 Kommentare

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  • Wichtiger wäre die Reduzierung der Sitze um die Hälfte.

    Das spart Geld!

    So viele Politleute und ihr Gefolge brauchen wir nicht zu ernähren.

  • Nach Verlängerung der Legislaturperioden der meisten deutschen Landtage von 4 auf 5 Jahre ab den 90er-Jahren ist nun mit ähnlichen "Argumenten" selbiges für den Bundestag geplant.

     

    Eine feine Sache für die Abgeordneten, aber wirklich ausschließlich für diese.

     

    Die einzig sinnvolle Veränderung wäre eine Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Legislaturperioden, also auf 8 Jahre.

  • Ich bin klar dagegen. Die Bürger müssen falsche Politik rechtzeitig abwählen können!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Bin für drei Jahre, dafür aber nur zwei Wochen Wahlkampf einschl. "Duell"- und Plakatierungsverbot.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Duell- und Pakatierungsverbot.

      Super Idee! Bin aber sogar dafür alle zwei Jahre zu wählen denn dann würde sich die Poliker irgendwann daran gewöhnen das jede Entscheidung die nächste Wahl kosten kann und ihre Entscheidungen dann endlich unabhängig von der Angst vorm Wähler treffen und nur nach ihrem Gewissen.

      Und wenn das immer noch nicht reicht wählen wir halt jedes Jahr inclusive Wahlkampfverbot.

      Wahlperioden über 4 Jahre halte ich für undemokratisch, ich hoffe jemand ginge dann nach Karlsruhe.

  • WENN SCHON...DENN SCHON

    diesen müden volksvertretern auch noch den wahlkrampf alle vier jahre ersparen, wenn sie sich dem souverän stellen müssen in der gewissheit, sich auf 5, 6 jahre dem volkswillen entziehen zu können unter der käseglocke der gleichen und gleichgesinnten lobbyisten: nein - dann direktwahl des kanzlers, bestenfalls eine wiederwahl - nach 10,12 jahren ist schluss. kabinettsmitglieder verlieren ihre abgeordnetenstatus für die dauer der legislaturperiode - saubere trennung von exekutive und legislative. sie müssen angst haben, wenn sie ein verfassungswidriges gesetz unterzeichnen, ihr amt und damit ihr existenz zu verlieren. ich frage mich allerdings , ob denn die anderen mogule, denen die medien gehören und die ihre freiheit "pressefreiheit" nennen, sich das abkaufen lassen - die taz ist singulär: sie gehört uns und nur deswegen können wir diese spannenden fragen diskutieren.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Begrenzung der Legislaturperioden von KanzlerInnen und Ministerpräsidenten auf maximal zwei wäre die wichtigere Initiative.

  • Man will sich einfach noch mehr Geld reintun.

    Das ist alles.

    ...

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Was mir in diesem Zusammenhang wichtig wäre, dass alle Landtagswahlen zusammen mit der Bundestagswahl abgehalten werden muss irgendwo neugwählt werden gibts nur eine verkürzte Legislaturperiode. Damit die Bundesregierung nicht Dinge aufschiebt um Landtagswahlen nicht zu gefährden. Ansonsten hab ich kein Problem damit auf 40 Jahre gerechnet, wenn man sagt man verliert knapp 1 Jahr mit koalitionsbildung und früher Wahlkampfphase ergibt das 2 Jahre mehr in der sich die Regierung um ihren Job kümmert.