Privatjets in Hamburg-Fuhlsbüttel: Petition für ein Verbot

Eine Hamburgerin sammelt Unterschriften für das Verbot von Privatjets. Viel bringen würde das auf lokaler Ebene nicht, sagt die Linke.

Eine Frau verschwindet gerade in einem mittelgroßen Flugzeug

Mit dem Privatjet in Hamburg: Nicht nur Herzogin Kate und Familie steigen hier gerne mal ein und aus Foto: Christophe Gateau/dpa

HAMBURG taz | Für ein sonniges Wochenende kurz von Hamburg nach Sylt, um am Strand die Sonne im Meer versinken zu sehen – was klingt wie ein passabler Ausflug mit dem 49-Euro-Ticket ist in Wahrheit eine der beliebtesten Privatjet-Routen vom Hamburger Flughafen. 4.302 Privatflüge starteten im Jahr 2022 von dort.

Geht es nach Simone Baur, dann sollen in Hamburg bald keine Privatjets mehr starten und landen dürfen. Als Teil einer deutschlandweiten Initiative für ein Start- und Landeverbot für Privatjets hat Baur eine Petition für den Flughafen Hamburg initiiert, auf der Plattform des Vereins Campact. „Ich habe eine 13-jährige Tochter und möchte ihr unseren Planeten gerne so gut wie möglich hinterlassen“, erzählt Baur.

Hamburg Fuhlsbüttel gehört im Bereich Privatjets, anders als bei den Passagierzahlen der Linienflüge, zu den drei größten Flughäfen in Deutschland. Im Pandemie-Jahr 2020 hoben sogar auf keinem Flughafen mehr Privatjets ab. Die beliebteste Route in dem Jahr: von Hamburg nach Düsseldorf, eine Strecke, die von der Bahn etwa 30 bis 40-mal täglich mit einer Reisedauer von drei bis vier Stunden bedient wird.

Flugzeuge auf Abruf, teils nur besetzt mit zwei, drei Personen und Crew, das ist eine ineffiziente Fortbewegungsmethode und sorgt für bis zu 8.000 Prozent mehr CO2-Emissionen als ein Linienflug. Dabei wäre selbst der Linienflug oft nicht nötig – fast 60 Prozent aller Privatflüge legen Distanzen unter 300 Kilometer zurück.

2.000 Euro pro Stunde

Begründet ist die Wahl eines Privatfluges dabei weniger mit der Zeitersparnis, die auf Kurzstrecken inklusive Reisezeit zum und vom Flughafen nur unbedeutend kürzer ist als die der Bahn, sondern vielmehr in der Exklusivität. Charter-Unternehmen, die Flüge vom Hamburger Flughafen anbieten, werben mit „separater Abfertigung“ und „100 Prozent Diskretion“.

Diese Sonderbehandlung ist kostspielig; mindestens 2.000 Euro müssen pro Flugstunde auf den Tisch gelegt werden. Ein Fortbewegungsmittel für reiche Unternehmer:innen, Stars und CDU-Chefs. Doch das ist nur ein Teil der realen Kosten, denn Privatjets zeigen exemplarisch, dass Klimagerechtigkeit nicht über Preispolitik erreicht werden kann.

An den Kosten der Klimaschäden, die Privatjets durch über eine Million Tonnen CO2 in Deutschland 2022 verursacht haben, werden die Nutzenden ausgesprochen wenig beteiligt. Für die ersten 1.000 Tonnen CO2 pro Jahr wird für Privatpersonen kein CO2-Preis fällig. Charterfirmen haben gar eine Freigrenze von 10.000 Tonnen CO2. Resultierende Klimaschäden werden in der Folge nicht von den Verursachenden bezahlt.

Baur findet es ungerecht, dass Superreiche unbegrenzt Emissionen verpulvern können. „Hunderte Jets pro Jahr fliegen etwa die Strecke zwischen Hamburg und Sylt“, so steht es in ihrer Petition. „Hamburg muss jetzt nachziehen und dem Amsterdamer Vorbild folgen: Klima schützen und den unverhältnismäßigen Treibhausgasausstoß stoppen; und für An­woh­ne­r*in­nen die Lärmbelästigung reduzieren.“

Mit Amsterdam hat der erste große Flughafen ein Verbot von Privatjets angekündigt, vorausgegangen waren Proteste von Klimaaktivist:innen. Die Niederlande möchte den Flugverkehr national limitieren, die Zahl der Linienflüge in Amsterdam wird in den kommenden Jahren reduziert. Bis 2025 sollen alle Nachtflüge eingestellt werden. Während in Hamburg bereits ein Nachtflugverbot gilt, könnte Amsterdam für den Umgang mit Privatjets zum Vorbild werden.

Linken-Chef fordert bundesweites Verbot

Stephan Jersch, Fachsprecher für Umwelt und Energie der Linken-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, unterstützt die Forderungen der Petition, weiß aber auch um die Grenzen einer solchen Regelung: „Ein Flugverbot ab Fuhlsbüttel ist rechtlich möglich und würde vorwiegend der lokalen Lärmbelästigung zugutekommen. An der Gesamtproblematik der Privatjets wird solch ein lokales Verbot jedoch nicht viel ändern.“

Der Flugverkehr sei weitgehend unreguliert, sagt Jersch, daher wäre in diesem Fall ein Ausweichen auf umliegende Flughäfen zu erwarten, etwa auf die Flughäfen Uetersen oder Lübeck. Der Chef der Linken auf Bundesebene, Martin Schirdewan, forderte daher kürzlich ein bundesweites Verbot von Privatjets. Damit wäre auch das Ausweichen auf umliegende Flughäfen weitestgehend unmöglich.

Auch aus der Hamburger GrünenFraktion kommt zurückhaltende Zustimmung zu den Forderungen der Petition. „Das Fliegen mit Privatjets ist eindeutig aus der Zeit gefallen“, sagt Miriam Putz, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen in der Bürgerschaft „Durch private Flüge entstehen sowohl vermeidbare CO2-Emissionen als auch eine massive Lärmbelastung für Anwohnende.“ Um die Belastung zu reduzieren, könnten Einschränkungen für den Privatflugverkehr grundsätzlich sinnvoll sein. Inwiefern diese in Hamburg rechtlich möglich sind, gelte es zu prüfen.

Die 4.000 angestrebten Unterschriften hat Initiatorin Sabine Baur nach zwei Wochen fast erreicht. Über den nächsten Schritt, eine Volksinitiative mit 10.000 Unterschriften und einen Gesetzesentwurf, welcher der Bürgerschaft vorgelegt würde, habe sie noch nicht genauer nachgedacht, meint Baur. Auf ihre Petition habe sie jedoch bereits einige positive Zuschriften erhalten, potenzielle Unterstützung für die Fortführung des Anliegens. „Also, warum eigentlich nicht?“

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