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PrestigebauDer Nabel Norddeutschlands

Auf dem Gelände der Leuphana-Universität Lüneburg sollen ein Gebäude von Daniel Libeskind, ein Hotel und ein Parkhaus entstehen - doch alle drei Gebäude werden nicht gebraucht und sind zudem richtig teuer.

So soll der Prestigebau von Libeskind aussehen, wenn die Haubenlerche den Planern keinen Strich durch die Rechnung macht : dpa

Warum auf dem Campus der Leuphana Universität Lüneburg aus Sicht des Präsidiums ausgerechnet ein Zentralgebäude von Daniel Libeskind fehlt, dazu ein weiteres Wohnheim mit 375 und ein Hotel mit 250 Betten sowie ein gebührenpflichtiges Parkhaus mit Parkleitsystem - das steht auf Seite 4 der Projektskizze "Campusentwicklung". Genauer: im Schaubild "Lüneburg und Umgebung". Darin ist die 72.000-Einwohner-Stadt als dicker schwarzer Punkt eingezeichnet, genau auf dem Schnittpunkt der Achsen zwischen Hamburg, Berlin, Hannover und Bremen.

Lüneburg, der Nabel Norddeutschlands, kann sich nicht mit einem ehemaligen Kasernengelände als Campus begnügen, soll das heißen. Ein Libeskind muss her. "Die Leuphana Universität Lüneburg befindet sich in einem deutschlandweit wie international beachteten Prozess der tiefgreifenden inhaltlichen und organisatorischen Neuausrichtung", heißt es weiter. Zur Unterstützung dieses Prozesses hat die Hochschule für sich einen idealen Ort entworfen, "an dem sich Studieren, Forschen und Leben miteinander vereinen lassen". Das Zentralgebäude allein soll 60 Millionen Euro kosten - 21 Millionen hat das Land versprochen, sieben fließen aus den Haushalten von Stadt und Landkreis, zehn steuert die EU bei. "Den Rest sowie den Bau der anderen Gebäude soll ein privater Investor bezahlen", sagt Matthias Fabian. Wer der private Investor sein könnte, ist noch offen - im September endete die europaweite Ausschreibung.

Fabian ist Mitglied des Lüneburger Asta, ehemaliger studentischer Senator - und einer der wenigen, die noch durchblicken in der Causa Campus-Bebauung. "Ich war hier, als es damit losging", erzählt er. "Am Anfang wurde es als Komplettgerücht ohne faktische Grundlage hingestellt. Dabei lagen die Pläne längst vor." Besagte Pläne sehen ein futuristisches Gebilde mit einer Außenhaut aus Zink vor, mit Seminarräumen, einem Foyer und einem Hörsaal für 1.200 Studierende. "Es ist mit Sicherheit so, dass die Uni Seminarräume brauchen kann", sagt Fabian. Nur: Der zurzeit größte Hörsaal mit 750 Plätzen ist nur mit Großveranstaltungen der Erstsemester belegt - "also im Wintersemester an zwei bis drei Tagen in der Woche", sagt Fabian. Andere Veranstaltung in dieser Größenordnung gebe es nicht. "Das heißt, die Uni braucht diesen großen Hörsaal nicht. Es ist nicht sinnvoll, dafür so viel öffentliches Geld einzusetzen." Ebenso wie für die anderen Vorhaben: Schon jetzt seien die Studentenwohnheime auf dem Campus nicht ausgelastet, dazu prognostizierte der Asta Anfang der Woche ein weiteres Sinken der Studierendenzahlen von 10.000 im Jahr 2005 auf 6.500 im kommenden Sommersemester.

Die Uni Lüneburg

Die Wurzeln der Lüneburger Universität liegen in einer 1946 gegründeten Pädagogischen Hochschule, die 1978 zur Uni ausgebaut und 2005 mit der Fachhochschule Nordostniedersachsen fusioniert wurde.

Unter Sascha Spoun, damals jüngster Uni-Präsident Deutschlands, verordnete sich die Uni 2006 eine Neuausrichtung, die neben einer neuen Hochschulstruktur ein Corporate Design und einen neuen Namen brachte: Leuphana Universität.

Die Uni-Zweigstelle in Suderburg (Landkreis Uelzen) spaltete sich zum 1. September 2009 von der Leuphana ab und wurde von der FH Braunschweig/Wolfenbüttel übernommen. FZ

"Ein Hotel braucht die Uni auch nicht", sagt Fabian. Erst recht kein so großes: Mit 250 Betten würde das Haus zu den größten in Lüneburg zählen. Und was das kostenpflichtige Parkhaus betrifft: "Dann gibt es sehr viele findige Leute, die dann in der Umgebung parken, was zu Parksuchverkehr führt und die Anwohner belastet". Studenten, die nicht nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen können, würden abkassiert.

Damit sich das für den Investor lohnt, beinhalte der zu schließende Vertrag mit der Uni ein umfangreiches Nutzungsrecht für nicht-universitäre Zwecke. "Dagegen spricht ja nichts", sagt Fabian. "Nur: Für die Dauer des Pachtvertrags muss der Investor eine Million pro Jahr einnehmen, um die Baukosten reinzukriegen. Wenn man das grob überschlägt, muss er das Gebäude 100 Tage im Jahr vermieten."

Die einzigen Gegenargumente zu den ehrgeizigen Bauvorhaben sind das nicht: Auf dem Gelände, wo bald der Libeskind-Bau thronen soll, lebt eines der letzten Haubenlerchen-Pärchen Niedersachsens. Kommt der Bau, stirbt der seltene Singvogel aus, argumentiert der BUND und pocht auf einen Kompromiss: Als Ersatzlebensraum solle die Uni wenigstens die Dächer der bestehenden Hörsäle begrünen - am besten verpflichtend, per Vermerk im Bebauungsplan.

Den gibt es noch nicht - weil für ein Kasernengelände ein solches Regelwerk nicht nötig war, argumentiert die Stadt. Jetzt steht sie unter Druck, die Uni drängt zur Eile: Die millionenschweren Bauaufträge sind ausgeschrieben. Heute soll im Stadtrat eine Entscheidung fallen.

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