Pressefreiheit und ihre Voraussetzungen: Das Recht auf eine eigene Meinung
Freie und unabhängige Medien brauchen Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit, aber auch Spielregeln. Ein Recht auf „eigene Fakten“ zählt nicht dazu.
Presse- und Meinungsfreiheit sind die Basis jeder demokratischen Gesellschaft. Ohne gesellschaftlichen Pluralismus ist Pressefreiheit nicht denkbar, Debatten und der Streit um Meinungen und Haltungen gehören unbedingt dazu.
Denn die eine Wahrheit gibt es nicht. Wohl aber Spielregeln, ohne die Presse- und Meinungsfreiheit nicht möglich sind. Dazu gehört der Grundsatz, dass jedeR ein Recht auf eine eigene Meinung hat – aber nicht auf eigene Fakten. Wer das leugnet, hebelt die Pressefreiheit aus.
Zur ihr gehört auch das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Journalist*innen müssen ihre Rechte im Konfliktfall juristisch durchsetzen können – etwa das Recht auf Auskunft.
Genauso gehört dazu, dass sich Dritte gegen von ihnen als unzulässig empfundene Berichterstattung juristisch wehren können. Für faire Entscheidungen braucht es hier eine unabhängige Justiz und eine Verankerung der Presse- und Meinungsfreiheit in den von der Verfassung garantierten Grundrechten. Sonst drohen politische oder wirtschaftliche Einflussnahme und staatliche Willkür.
Der 3. Mai wurde 1993 von der UN-Vollversammlung zum Welttag der Pressefreiheit erklärt. Die taz panter stiftung hat aus diesem Anlass gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen eine Beilage für die taz erstellt. Wir blicken auf die Lage der Presse in Russland und Kuba, in Frankreich und Myanmar, in Afghanistan, im Irak und in der Türkei. Aber wir schauen auch auf den Journalismus in Deutschland in Zeiten von Crowdfunding und Fake News. Und wir fragen Günter Wallraff, warum er sich für den Wikileaks-Gründer Julian Assange einsetzt.
Alle Texte erscheinen online unter taz.de/pressefreiheit
Medien als Teil öffentlicher Kontrolle und Meinungsbildung
Die Organisation Reporter ohne Grenzen bringt es auf den Punkt: „Wo Medien nicht über Unrecht, Machtmissbrauch oder Korruption berichten können, findet auch keine öffentliche Kontrolle statt, keine freie Meinungsbildung und kein friedlicher Ausgleich von Interessen.“
Ein Garant für Pressefreiheit ist auch ein publizistischer Wettbewerb. Idealerweise bietet er die Grundlage für gesellschaftliche Debatten und demokratische Entscheidungsfindung. Deshalb höhlt der Rückgang publizistischer Vielfalt, wie wir ihn aktuell vor allem im Lokalen und Regionalen erleben, langfristig die Pressefreiheit aus. Denn so versanden gesellschaftliche Debatten oder drohen sich in Räume zu verlagern, wo Prinzipien von Meinungsfreiheit, Fairness und Faktentreue nicht gelten.
Nehmen mediale Auswahl und publizistische Vielfalt ab, wird die „innere Pressefreiheit“ immer wichtiger. Sie garantiert die redaktionelle Unabhängigkeit vor Eingriffen privater Medieneigentümer, aber auch vor Vorgaben von Stiftungen und Mäzenen. Sie muss durch Redaktionsstatute und Mitspracherechte der Mitarbeitenden abgesichert werden. Da steht Deutschland noch am Anfang.
Der Autor ist freier Medienjournalist und Vorsitzender des Journalistenverbands Berlin-Brandenburg (DJV BB)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“