Pressefreiheit in der Türkei: Geldstrafe wegen Korruptionsbericht
Der Chefredakteur von „Cumhuriyet“ muss rund 9.000 Euro Strafe wegen „Beleidigung“ Erdoğans zahlen. In einem weiteren Prozess droht ihm eine Haftstrafe.
Die Artikel stellten eine „Beleidigung“ des damaligen Regierungschefs Erdogan, seines Sohnes sowie sieben weiterer Verantwortlicher dar, befand das Gericht in Istanbul. Die Staatsanwaltschaft hatte bis zu neun Jahre und vier Monate Haft gefordert. Unmittelbar nach dem Urteilsspruch kündigten die Verteidiger von Dündar Berufung ab. Der Chefredakteur schrieb seinerseits auf Twitter: „Wenn das Enthüllen der Wahrheit ein Verbrechen ist, dann werden wir es weiter begehen.“
Dündar und ein Journalist seiner Zeitung sind in einem anderen Prozess wegen Spionage angeklagt. Dabei wird ihnen wegen der Veröffentlichung im Mai 2014 eines Artikels über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes MIT an Islamisten in Syrien auch die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Erdoğan hatte persönlich Strafanzeige gestellt und erklärt, dass die Verantwortlichen „einen hohen Preis“ zahlen würden für die Veröffentlichung der Informationen.
Der Prozess sorgte nicht nur für scharfe Kritik im In- und Ausland, sondern auch für diplomatische Verwicklungen: Erdoğan hatte wütend auf die Anwesenheit ausländischer Diplomaten beim Prozessauftakt reagiert, unter anderem wurde der deutsche Botschafter Martin Erdmann ins Außenministerium in Ankara zitiert. Der türkischen Regierung wird seit Jahren die Verfolgung kritischer Medien vorgeworfen. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten.
Auch im Ausland versucht die türkische Regierung, kritische Äußerungen gegen Erdogan zu unterbinden. So hat Ankara in Deutschland eine Strafverfolgung des Satirikers Jan Böhmermann wegen Beleidigung ausländischer Staatschefs verlangt, weil dieser im Fernsehen ein „Schmähgedicht“ vorgetragen hatte. Gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD erteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die dazu nötige Ermächtigung.
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