Presseförderung wird verschoben: Hilfspaket ade
Die Presseförderung des Bundes ist vorerst gescheitert, die Printverlage zeigen sich schockiert. Für digitale Medien ist es ein Grund zum Feiern.
Mit 220 Millionen Euro wollte die Bundesregierung in den kommenden Jahren kriselnde Zeitungen fördern. Daraus wird vorerst nichts. Das Wirtschaftsministerium teilte am Mittwoch mit, dass die Presseförderung in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werde. „Nach intensiver Prüfung der verfassungs-, haushalts- und beihilferechtlichen Umstände und nach sorgfältiger Abwägung aller betroffenen Interessen“, hieß es auf Anfrage der taz, habe man entschieden, „das Programm zur Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens nicht weiterzuverfolgen“.
Anfang Juli vergangenen Jahres hatte der Bundestag in seinem zweiten Nachtragshaushalt überraschend beschlossen, so die kriselnden Presseverlage zu retten. Ursprünglich sollte die Presseförderung an die Auflage der Zeitungen und Zeitschriften gekoppelt werden. Je höher die Auflage, desto mehr Geld sollte ein Verlag bekommen. Obwohl die Pläne des Wirtschaftsministeriums auf eine „digitale Transformation“ abzielten, wurden somit Printmedien bevorzugt. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte das.
Auch Digitalmedien sahen sich in dem Konzept benachteiligt. Im November 2020 kritisierten mehrere von ihnen in einem gemeinsamen Aufruf die Presseförderung in der geplanten Form. Das Konzept führe zu Wettbewerbsverzerrung „auf Kosten von digitalen Publishern“.
Unter den Unterzeichnern befand sich das Onlinemagazin Krautreporter. Das Berliner Unternehmen hatte zuletzt sogar angekündigt, juristische Schritte gegen die Presseförderung einzuleiten. In einem Schreiben hatte es über seinen Anwalt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dazu aufgefordert, „es zu unterlassen, Fördergelder zu bewilligen und auszuzahlen“. Krautreporter hielt das Hilfspaket für rechtswidirig. Krautreporter bezeichnet die Absage der Presseförderung in der geplanten Form als einen „guten Tag für die Pressefreiheit“, wie es in einer Nachricht an die Mitglieder heißt.
„Verkorkster Plan“
Krautreporter-Vorstand Leon Fryszer sagte am Mittwoch der taz: „Der Bundesregierung hätte von Anfang an klar sein müssen, dass diese Subvention verfassungswidrig ist und noch dazu der Zukunft des Journalismus im Weg steht. Sie hätte jungen, digitalen Medien geschadet“, so Fryszer. „Dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt. Wir sind froh, dass dieser verkorkste Plan nun ein Ende hat.“
Ob die „verfassungsrechtlichen Umstände“ mit der Initiative von Krautreporter und anderen digitalen Medien zusammenhängen, dazu wollte das Bundeswirtschaftsministerium keine Auskunft geben.
Die Verlegerverbände, die weiterhin vor allem klassische Printverlage vertreten, nennen das vorläufige Scheitern des Programms hingegen „schockierend“. Das schreiben in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Verband Deutscher Lokalzeitungen (VDL) in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Zuletzt habe das Wirtschaftsministerium eine Umwidmung der Haushaltsmittel in eine Coronasoforthilfe für die Verlage vorgeschlagen. „Unverständlich“ sei, warum der Haushaltsausschuss dem Vorschlag nicht gefolgt sei.
Die Verlegerverbände fordern derweil von der nächsten Regierung „eine wirksame Förderung der Zustellung einzuführen“. Um nicht erneut in einer Blockade zu enden, müsste das Thema besser ganz von Neuem aufgerollt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Ineffizienter Sozialstaat
Geteilte Zuständigkeiten
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Europarat beschließt neuen Schutzstatus
Harte Zeiten für den Wolf