Presseauskünfte gegen Bundesbehörden: „Bild“-Zeitung verliert gegen BND
Der Nachrichtendienst musste keinen Einblick in seine Vergangenheit gewähren. Wer ähnliche Fragen künftig regeln muss, bleibt offen.

Der Bild-Reporter Hans-Wilhelm Saure wollte 2010 vom BND wissen, wie viel ehemalige Nazis in den 50er Jahren am Aufbau des deutschen Auslandsgeheimdienst beteiligt waren. Der BND verweigerte jedoch die Auskunft, weil die Informationen nur mit unvertretbarem Aufwand zu beschaffen seien.
Dagegen klagte Saure beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das stellte im Februar 2013 zur allgemeinen Verblüffung fest, dass Saure gar keinen gesetzlichen Auskunftsanspruch habe. Für Presseauskünfte gegen Bundesbehörden (wie den BND) sei ein Bundesgesetz erforderlich. Die jahrzehntelange Praxis, das örtliche Landespressegesetz anzuwenden, sei unzulässig.
Journalisten waren verblüfft, aber die Politik wollte schnell reagieren. Die SPD legte den Entwurf eines „Bundespresseauskunftsgesetzes“ vor, das die Lücke schließen sollte. Bei einer Anhörung sagten allerdings mehrere Sachverständige, dass der Bund auf keinen Fall ein derartiges Gesetz beschließen könne, denn für Presserecht seien laut Grundgesetz die Länder zuständig. Der Gesetzentwurf der SPD blieb liegen.
Die Hoffnung richtete sich nun auf das Bundesverfassungsgericht. Doch die Karlsruher Richter entzogen sich ihrer Verantwortung. Sie ließen die grundlegende Frage einfach offen und lehnten Saures Beschwerde gegen das Leipziger Urteil aus anderen Gründen ab. Die Presse könne Auskünfte nur zu „bereits vorhandenen“ Informationen verlangen. Wie viele BND-Agenten früher Nazis waren, lasse der BND aber erst durch eine Historikerkommission aufarbeiten.
Selbst wenn die Landespressegesetze anwendbar gewesen wären, hätte Saures Klage also keinen Erfolg gehabt, seine Grundrechte seien damit nicht verletzt. Damit gilt für Presseanfragen bei Bundesbehörden bis auf weiteres nur ein vom Bundesverwaltungsgericht gewährter „Minimalstandard“, der direkt aus der Pressefreiheit des Grundgesetzes folgen soll.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!