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Premier League vor dem StartTuchel und die Titel

Im Elfmeterschießen holt der FC Chelsea den Uefa-Supercup gegen den FC Villarreal. Das zeigt, was Thomas Tuchels Team in Englands Liga vorhat.

Torhüter Kepa Arrizabalaga, eingewechselt extra fürs Elfmeterschießen, pariert den letzten Schuss Foto: Peter Morrison/ap

Die Überstunden hätte Thomas Tuchel seinen Profis gerne erspart. „Die Verlängerung war aus körperlicher Sicht das Schlechteste, das uns passieren konnte“, sagte der Trainer des FC Chelsea nach dem Duell um den Uefa-Supercup gegen den FC Villarreal im Windsor Park zu Belfast. Die Saisonvorbereitung war kurz wegen der EM, am Samstag geht es zum Start der Premier League gegen den Londoner Rivalen Crystal Palace. Da wäre es Tuchel lieber gewesen, wenn seine Mannschaft ihren Dienst in 90 Minuten erledigt hätte.

Doch 1:1 stand es am Ende der regulären Spielzeit. Die Verlängerung brachte keine Entscheidung, erst im Elfmeterschießen setzte sich Chelsea durch, weil Tuchels Manöver aufging, Ersatztorwart Kepa Arrizabalaga zum Showdown einzuwechseln. Der teuerste Keeper der Welt, der sich als untauglich für den Alltag erwiesen hat, parierte zwei Versuche und verhalf Chelsea damit zur ersten Trophäe der Spielzeit. „Wir sind bereit, auf einem bestimmten Level Fußball zu spielen“, lautete die Erkenntnis des Abends für Tuchel. Die große Frage ist: Ist Chelsea auch bereit, in England um die Meisterschaft zu konkurrieren?

Im vergangenen Sommer investierte der Klub fast eine Viertelmilliarde Euro in Transfers. Unter anderem kamen die deutschen Nationalspieler Timo Werner und Kai Havertz. Um ihr Potenzial zu entfalten, benötigte die Mannschaft allerdings einen Wechsel auf der Trainerposition: Tuchel löste im Januar die beliebte, aber fachlich überforderte Klub-Ikone Frank Lampard ab. Innerhalb weniger Monate wurde der Deutsche zum Helden, weil er den Klub aus dem noblen Südwesten Londons zum Gewinn der Champions League führte – 1:0 über Englands Meister Manchester City. Ganz schnell wurde Tuchels Vertrag bis 2024 verlängert.

Wir sind bereit, auf einem bestimmten Level Fußball zu spielen.

Thomas Tuchel, Trainer des FC Chelsea

In der neuen Saison sind die Londoner der wohl härtester Konkurrent von Titelverteidiger City um die Meisterschaft. Neben dem Klub von Tuchels Vorbild Pep Guardiola hat Chelsea den besten Kader – erst recht nach der Verpflichtung von Angreifer Romelu Lukaku, der für 115 Millionen Euro an die Stamford Bridge zurückkehren dürfte. Der Belgier konnte sich bei seinem ersten Aufenthalt bei Chelsea noch nicht durchsetzen, seinen Durchbruch schaffte er stattdessen beim FC Everton und Manchester United. In der vergangenen Saison schoss er Inter Mailand mit 24 Toren zur ersten Meisterschaft seit elf Jahren. Und nun soll er Chelsea zum Titel verhelfen.

Lukaku, Havertz, Werner

Der Angriff war bislang die Schwachstelle der Blues. Illustriert wird das dadurch, dass Chelseas bester Torjäger in der vergangenen Saison der defensive Mittelfeldspieler (und Elfmeterschütze) Jorginho mit sieben Treffern war. Timo Werner kam hingegen nur auf sechs Tore und wurde mit seiner Chancenverschwendung in England phasenweise zur Witzfigur. Kai Havertz erlebte ebenfalls eine komplizierte Premierensaison, unter anderem wegen einer Corona-Erkrankung. Während sich der Ex-Leverkusener allerdings durch seinen Siegtreffer im Champions-League-Finale in Chelseas Geschichtsbücher schießen konnte, muss Werner jedoch bald liefern.

Die Lukaku-Verpflichtung muss nicht unbedingt als Misstrauensvotum gegen den Ex-Leipziger gewertet werden. Werner kann auch neben dem Belgier im Angriff spielen und hofft, von der Wucht des neuen Kollegen zu profitieren. „In Leipzig hat es mir immer geholfen, einen großen Stürmer neben mir zu haben“, sagt er. Doch es ist klar, dass der Deutsche seine Ausbeute deutlich steigern muss, wenn er seinen Platz im Team behalten will.

Auch als Mannschaft muss sich Chelsea verbessern, um Manchester City ernsthaft Konkurrenz zu machen, vor allem gegen schwächere Gegner. Die Londoner ließen in der abgelaufenen Saison viele Punkte gegen Klubs wie Southampton, Brighton oder Aston Villa liegen. Seinen Profis diese Nachlässigkeit auszutreiben, das wird eine der wichtigsten Aufgaben für den Perfektionisten Tuchel. Dass die Blues gegen die besten Teams bestehen können, haben sie schon mehrfach bewiesen. In den ersten fünf Monaten seiner Amtszeit gewann der deutsche Trainer alle drei Begegnungen mit Manchester City – in der Liga, im Halbfinale des FA-Cups und im Champions-League-Endspiel.

In der neuen Saison will Chelsea den Titelverteidiger auch in der Premier-League-Tabelle schlagen. Nach Jürgen Klopp wäre Tuchel der zweite deutscher Trainer in England, der erst die Champions League, dann die Meisterschaft gewinnt.

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