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Preise im FernverkehrTeurer wird's zumindest nicht

Trotz Finanznot könnte die Deutsche Bahn die Ticketpreise bald sogar um 10 Prozent günstiger anbieten – wenn die Mehrwertsteuer gesenkt wird.

An der Mehrwertsteuer hängt's: Sinkt sie, wird das Bahnfahren billiger Foto: dpa

Berlin taz | Zu den üblichen Ritualen der Aufsichtsratssitzung bei der Deutschen Bahn im September gehört die Anhebung der Ticketpreise zum Jahresende. Diesmal entfällt dieser Tagesordnungspunkt. Der Vorstand will die Preise im Fernverkehr nicht erhöhen. Im Gegenteil.

Sie könnten sogar um 10 Prozent sinken, wenn der Gesetzgeber mitspielt und die Mehrwertsteuer für lange Fahrten von derzeit 19 Prozent auf 7 Prozent absenkt. Davon geht der Konzern aus, nachdem die GroKo diesen Vorschlag in den Reigen der Maßnahmen für den Klimaschutz aufgenommen hat, die am Freitag beschlossen werden sollen.

Wollte Bahnchef Richard Lutz zunächst nur einen Teil dieser Kostensenkung an die Fahrgäste weiterreichen, ist er nun bereit, die geringe Mehrwertsteuer ganz auf den Ticketpreis umzulegen. Die Frage ist nur, wann diese Neuregelung in Kraft treten kann. Möglicherweise zieht sich das Verfahren noch einige Zeit hin, sodass die Kunden erst im kommenden Sommer mit einer Preissenkung rechnen dürfen.

Auf die Aufsichtsräte wartet reichlich Arbeit. Eine Aufgabe wird die Aufarbeitung umstrittener Beraterverträge mit ehemaligen Managern. Eine Anwaltskanzlei hat diese Vereinbarungen durchleuchtet und überprüft, ob für die Honorare auch entsprechende Gegenleistungen erbracht worden sind, darunter zum Beispiel Vereinbarungen mit dem früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU). Nach Informationen aus Konzernkreisen ist dies nur in einem der 13 untersuchten Verträge der Fall, der in der Logistiksparte angesiedelt war. Der Aufsichtsrat will Rückforderungen prüfen.

Nicht alle Vertragsvorgaben korrekt erfüllt

Doch problematisch ist an den Verträgen eher das Zustandekommen. Denn das Aktienrecht sieht vor, dass bestimmte Abmachungen mit ehemaligen Managern vom Aufsichtsrat genehmigt werden müssen. Gegen diese Vorgaben gab es offenkundig Verstöße. Brenzlig könnte die Sitzung daher für den Vorstand Berthold Huber werden, der für den Personenverkehr verantwortlich ist. Bahnkreise gehen davon aus, dass der Manager mit einer Rüge davonkommt. Angesichts einiger Überraschungen auf vergangenen Sitzungen wird intern eine Entlassung Hubers nicht ausgeschlossen.

Für negative Schlagzeilen sorgte zuletzt noch ein Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Kassenprüfer verwiesen auf ein Milliardenloch bei der Finanzierung der Investitionen der Bahn. Drei Milliarden Euro fehlen in diesem Jahr. Das Geld soll der Verkauf der britischen Tochter Arriva einbringen.

Drei Investorengruppen haben Interesse an dem Nahverkehrsunternehmen gezeigt, die bis zu 4 Milliarden Euro einbringen könnte. Die Interessenten haben allerdings noch keine verbindlichen Angebote abgegeben. Insofern muss der Aufsichtsrat im Herbst wohl noch einmal zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Sollten die Gebote zu gering ausfallen, könnte die Bahn Arriva auch an die Börse bringen.

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7 Kommentare

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  • Statt alle Preise mit der Gießkanne um 10% zu senken, sollte der Vorstand mal einen Radikalschnitt im Tarifsystem wagen.

    Mein erster Vorschlag ist eine Abschaffung der BahnCards bei gleichzeitiger Senkung der "Normalpreise" um 50%, bzw. 25% bei den sogenannten Sparpreisen. Damit würde die Zugangshürde für Gelegenheits-Bahnfahrer enorm gesenkt. sozial gerechter wäre es auch.

    Noch besser wäre es, die beschränkt erstattbaren "Sparpreise" zu streichen und stattdessen auf grundsätzlich flexible Tickets mit unterschiedlichen Preisen je nach Verbindung zu setzen, aber nicht mehr nach Buchungszeitpunkt zu unterscheiden.

    Tankstellen verkaufen ja auch kein teureres Benzin, wenn man nicht Monate vorher den Tankzeitpunkt festlegt, und eine derartige Firma wäre in der Konkurrenzsituation schnell weg.

  • Na gut dass die Bahnmanager gnädigerweise mal auf Preiserhöhungen verzichten. Damit Bahntickets künftig für jederfrau und -mann bezahlbar werden (maximal 50 Euro für die längste Strecke innerdeutsch) gehört die Bahn wieder verstaatlicht. Mobilität ist ein Grundrecht. Autobesitz ist es nicht. Und wenn künftig in allen Regionen Bedarfsgerecht Züge (Busse, Minibusse etc.) auch Oma Erna von ihrem Dorf in Meck-Pomm zum Arzt, Einkaufen, Kaffeeklatsch dann wann sie fahren will hin und zurück bringen braucht kein Mensch mehr ein (Privat-) Auto. Subventionen von Bahntickets und Stopp aller Subventionen von Autobahnen und fossilen Energieträgern würde den Umstieg gar nicht so teuer machen. Massive Investitionen kosten natürlich erst mal und sind mit Schwarze Null Anbetern nicht zu machen. Die verstehen nichts von Wirtschaftspolitik und sind zugleich die Hauptbremser beim Klimaschutz. Den Kindern keine Schulden hinterlassen? Unsere Kinder und Kindeskinder müssen das x-fache bezahlen wenn wir jetzt nicht sinnvoll investieren auch mit Schulden und das Niedrigzinsniveau lädt ja auch die öffentliche Hand quasi dazu ein endlich die Totsparerei aufzugeben und in öffentliche Infrastruktur die allerorten zerfallen ist zu investieren. Ganz nebenbei bringen Investitionen in Bahn und öffentlichen Nahverkehr massive Arbeitsplätze beim Waggonbau, Busbau, Gleisausbau, Personal, Werkstätten, Zulieferern etc. also auch wieder Geld in private Haushalte künftiger Angestellter und die Staatskasse.

    • @Nina Janovich:

      Seit wann ist denn die Bahn ein privates Unternehmen?



      Alle Aktien der Deutschen Bahn AG sind im Besitz des deutschen Staats. Die Deutsche Bahn ist also ein staatliches Unternehmen.



      Günstige Tickets: 100% Zustimmung!



      ÖV auf dem Dorf: Das Auto bleibt in einem 500 Einwohner Dorf unschlagbar, wenn die nächst größere Stadt 20-30 km entfernt ist. Man sollte hier das Gegenteil unternehmen: Statt den ÖV auf dem Dorf auszubauen, sollte man die Mittelzentren gut mit den größeren und großen Städten verbinden, damit die Menschen von den Städten in die Mittelzentren ziehen können.

  • Preise, natürlich nur im Fernverkehr, _um_ 10 % senken?



    Nußkuchen ohne Nüsse.



    _Auf_ 10%, auf allen Zügen, wäre hilfreich und würde richtig was bringen.



    Und, äääh, lieber Bund Automobilfördernder Hirnloser Moronen, was bitte soll das da in eurem Fahrkartenshop? --> EinzelTicket Erwachsene



    "Bis zum 03.10.19 gilt für HandyTickets ein Rabatt von 10%."



    Für 10% Fahrkarte mein Soziogramm bei Google, Tracebook und co um die Bahnanzureichern? Da würde ich als Verhandlungsbasis für nen Job als versteckter IM für die genannten Datenschleudern mindestens 500€ im Monat für den Zeitraum, in dem mein Bewegungsprofil gespeichert wird. haben wollen. Wär cool für die Rente.

    Mensch bräuchte in .de mal ein öffentliches Personenbeförderungssystem.

  • Die Bahn ist nun einmal unschlagbar in der Öko-Bilanz. Der geringe Rollwiderstand macht es möglich...

    Es gibt immer weniger vernünftige Argumente, warum man nicht sofort massiv in diesen Verkehrsträger der Zukunft investieren sollte!

    FFF schaut den Verantwortlichen auf die Finger...

  • Besser wieder Verstaatlichen. Die ganze Privatisierung hat nur viel Geld gekostet, derweil die Infrastruktur marode wurde. Auch eine Aufsplittung in Personenverkehr, Güterverkehr und Streckenbewirschaftung bringt nichts. Am effektivsten ist, wenn sich alle gemeinsam auf den Transportauftrag als Leistung an D kümmern. Früher war ein Kleingütertransport im Gepäckwagen eine Selbstverständlichkeit. Zustellung am Zeilbahnhof vermied viele Kurierfahrten und damit viel CO2. Als AG denkt die Bahn darüber nach in D NO den Gütertransport ganz einzustellen. Also entscheidet eine AG darüber welche Gegenden abgehängt werden. Natürlich funktioniert das nicht, wenn sich ein Verkehrsminister vordringlich als Autominister aufführt. Dabei könnte man gerne mal darüber nachdenken, ob die Verkehrsminister unbedingt aus Bayern kommen müssen. Die bringen ja dort noch nicht mal die Anbindung an den Brennertunnel zustande. Stattdessen versenken sie Millionen in eine Ausländermaut

  • Wie wäre es mit einem Ende der Gewinnmaximierung, den Vorbereitungen auf den Aktienmarkt durch möglich große Gewinnausweisungen?



    Die Bahn muß investieren und zwar massiv, eine Mwstsenkung hilft da gar nicht, reine Augenwischerei. Öffentlicher Transport ist eine Infrastrukturaufgabe und keine für den freien Markt.



    Die Bahn braucht Geld zum investieren in Gleis und Wagen. Verlässlichkeit und eine Ausweitung der Verbindungen, Gewinne sind keine primäre Aufgabe.