Präsidentschaftswahl in Tschechien: Adeliger gegen Provokateur
Der tschechischer Außenminister Schwarzenberg erreicht überraschend die Stichwahl. Er tritt in zwei Wochen gegen den Linkspolitiker Zeman an.
PRAG dpa | Kleine Überraschung bei der Präsidentenwahl in Tschechien: Außenminister Karel Schwarzenberg zog überraschend an Mitfavorit Jan Fischer vorbei und trifft nun in der Stichwahl auf Milos Zeman. In der zweiten Wahlrunde am 25. und 26. Januar müssen sich die Tschechen nun zwischen dem Linkspolitiker Zeman und dem Konservativen Schwarzenberg entscheiden.
Nach der Auszählung von mehr als 99 Prozent der Wahlbezirke führte Ex-Ministerpräsident Zeman (68) mit 24,2 Prozent der Stimmen, der 75 Jahre alte Schwarzenberg überrundete den Favoriten Jan Fischer und erhielt 23,4 Prozent. Fischer, in Umfragen stets als vermutlicher Zweitplatzierter der insgesamt neun Kandidaten gehandelt, kam auf 16,36 Prozent.
Zeman repräsentiere die Vergangenheit, sagte Schwarzenberg am Samstag vor Anhängern in Prag. „Innerhalb der nächsten 14 Tage wird sich die grundsätzliche politische Ausrichtung der Tschechischen Republik entscheiden“, sagte der böhmisch-fränkische Adelige. Tschechien müsse wieder einen Platz im Herzen Europas finden.
Zeman stand von 1998 bis 2002 an der Spitze einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung. Der 68-Jährige gilt als Meister des politischen Bonmots, aber auch als Provokateur. Zeman warf Schwarzenberg vor, dass er als Parteichef der konservativen TOP09 die Sparpolitik der Regierung mitzuverantworten habe.
Großer Andranb bei Stimmabgabe
Da die mehr als acht Millionen Wähler erstmals direkt über das Staatsoberhaupt entscheiden konnten, gab es einen für das EU-Land ungewöhnlich großen Andrang bei der Stimmabgabe: Die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent. Bei der Senatswahl im Herbst hatte die Beteiligung bei nur 34,9 Prozent gelegen.
Der scheidende Präsident und scharfe EU-Kritiker Vaclav Klaus (71) konnte nach fast zehn Jahren im Amt nicht mehr antreten. Er war noch von beiden Kammern des Parlaments gemeinsam bestimmt worden. Alle aussichtsreichen Kandidaten für seine Nachfolge kündigten im Wahlkampf einen stärker pro-europäischen Kurs an.
Der Präsident repräsentiert das Land im Ausland. Er ernennt den Ministerpräsidenten, die Verfassungsrichter und den Nationalbankrat. Mit einem vorläufigen Endergebnis wurde am Abend gerechnet.
Leser*innenkommentare
pekerst
Gast
"Der tschechischer Außenminister Schwarzenberg..." - Nicht der "tschechische"?
PeterWolf
Gast
Karl Schwarzenberg ist eigentlich nicht nur Tscheche und Schweizer, sondern auch noch Österreicher und Deutscher.
Lt. Wiki wurde er sogar mal von den tschechischen Grünen als Außenminister nominiert.
Aber egal wie die Wahl ausgeht:
Tschechien wird in den deutschen Medien auch in Zukunft kaum präsent sein, schlicht weil es einfach nichts dramatisches zu berichten gibt.
So wie z.B. aus den Niederlanden (auch bekannt als "Holland").
Und die haben immerhin eine offizielle "Königin" und "Prinzen" und "Prinzessinen"!
Allerdings auch den Euro als Währung.
Wäre für Europa schön, wenn Tschechien wenigstens bei letzterem Griechenland ablösen und zu den Niederlanden aufschließen würde.
Und das gäbe ausnahmsweise auch eine kurze Resonanz in den Medien.
"Kronen" sind in Mitteleuropa ein Anachronismus! (Hallo Dänemark!)
Akrat
Gast
Ich möcht euch nicht nerven aber ihr habt geschrieben:
"Großer Andranb bei Stimmabgabe" als Zwischenüberschrift ich glaube ihr wolltet aber AndranG schreiben oder ?
:)
Akrat
Mirek M
Gast
M. Zeman ist definitiv kein Linkspolitiker. Er war es nie und hatte es nie vor zu sein.
Štěpán Altrichter
Gast
Miloš Zeman ist ungefähr so links wie Angela Merkel, das nur so am Rande bemerkt.