Präsidentschaftswahl in Mazedonien: Wenn der halbe Friedhof mitwählt
Die erste Runde der Wahl geht klar an Amtsinhaber Ivanov, Wahlfälschung inklusive. Doch sind Überraschungen in der Stichwahl möglich.
BELGRAD taz | Auf den ersten Blick scheint es, dass die Präsidentschaftswahlen in Mazedonien gelaufen sind: der Kandidat der regierenden VMRO-DPMNE Djordje Ivanov erzielte nach der ersten Wahlrunde am Sonntag rund 430.000 Stimmen, doppelt so viel wie der zweitplazierte Kandidat der oppositionellen Sozialdemokratischen Allianz Stevo Penderovski.
Es ist der größte Vorsprung eines Kandidaten in der Geschichte der mazedonischen Präsidentschaftswahlen. Doch ob Ivanov zum zweiten Mal in Folge in der Stichwahl am 27. April tatsächlich Präsident wird, ist gar nicht so gewiss.
Die Präsidentschaftswahlen sind nur gültig, wenn die Wahlbeteiligung über 40 Prozent liegt. VMRO-DPMNE bangt um den Zensus in der zweiten Wahrunde. In der ersten Wahlrunde betrug die Wahlbeteiligung knapp über 50 Prozent, in albanischen Gemeinden lag sie um die 20 Prozent.
Im zweiten Wahlgang haben Albaner keinen Kandidaten und im ethnisch geteilten Land werden sie folglich ihre Stimme nicht abgeben. Bei den Sozialdemokraten wiederum macht sich eine Fraktion für einen Wahlboykott stark, da Penderovski chancenlos ist.
ZTStichwahl und Parlamentswahl in einem
Gerade deshalb hat Premier Gruevski am 27. April gleichzeitig mit der zweiten Wahlrunde der Präsidentschaftswahlen auch vorgezogene Parlamentswahlen ausgeschrieben, ein Jahr vor der regulären Frist. Er erhofft sich dadurch eine größere Wahlbeteiligung. Sollte die Wahlbeteiligung dennoch unter 40 Prozent liegen, muß der ganze Wahlprozess wiederholt werden.
Grund für die vorgezogenen Parlamentswahlen ist auch der Streit zwischen VMRO-DPMNE und ihrem albanischen Koalitionspartner Demokratische Union für Integration (DUI), die die Präsidentschaftswahl boykottiert hat. DUI wirft VMRO-DPMNE und Premier Nikola Gruevski vor, ihr keine der drei staatlichen Spitzenpositionen überlassen zu wollen - Ministerpräsident, Staatschef oder Parlamentspräsident. Des weiteren fordert DUI Zweisprachigkeit in ganz Mazedonien und nicht nur in mehrheitlich albanischen Gemeinden.
Zudem wirft sie Gruevski vor, im Namenstreit mit Griechenland nicht nachgeben zu wollen (im Namen Mazedonien erkennt Athen „territoriale Anspräche“ des Nachbarstaates). Das griechische Vetorecht verhindert bislang Beitrittsgespräche mit der EU und der Nato. Politische Praxis in Mazedonien ist, das der Sieger der Parlamentswahlen mit der stärksten albanische Partei die Regierung bildet, Albaner stellen rund 30 Prozent der Bevölkerung. Außerdem dürte Gruevski sich ein weiteres Mandat sichern wollen, bevor die Wirtschafts- und soziale Krise im Lande eskaliert.
Im allgemeinen verlief der erste Präsidentenwahlgang fair und friedlich, was in Mazedonien nicht selbstverständlich ist. Die Opposition wirft jedoch VMRO-DPMNE die absolute Medienkontrolle vor. Außerdem sollen die Wahllisten „völlig chaotisch“ sein, die letzte Volkszählung gab es 1981. „Der halbe Friedhof in Skopje hat für Ivanov gestimmt“, meinte ein Oppositioneller.
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