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Präsidentenwahl in RumänienAlles noch mal von vorn

Das Verfassungsgericht annuliert die erste Runde des Präsidentenwahlen. Wann die Abstimmung wiederholt wird und wer antritt, ist unklar.

Alles nochmal: Wahlerin in Bukarest am 1. Dezember Foto: Andreea Alexandru/ap/dpa

Berlin taz | „Heute ist der Augenblick gekommen, in dem der rumänische Staat die Demokratie mit Füßen getreten hat. Gott, das rumänische Volk, die Wahrheit und das Gesetz werden obsiegen und die Schuldigen für die Zerstörung unserer Demokratie finden“. Mit diesen Worten kommentierte die Präsidentschaftskandidatin der neoliberalen Technokratenpartei Union Rettet Rumänien (USR) Elena Lasconi auf YouTube den Beschluss des rumänischen Verfassungsgerichts.

Dieses hatte am Freitag entschieden, die erste Runde der Präsidentenwahl am 24. November zu annullieren. In die Stichwahl, die am Sonntag hätte stattfinden sollen und die bereits am Freitag für die Auslandsrumänen begonnen hatte, waren der parteilose Rechtsradikale, Călin Georgescu (22,94 Prozent) und die USR-Kandidatin Lasconi (19,18 Prozent) eingezogen.

In ihrer YouTube-Erklärung bezieht sich Lasconi auf den „legitimen Willen“ und das Recht der über neun Millionen Wähler, für ihren Wunschkandidaten stimmen zu dürfen. „In einer Demokratie werden Präsidenten nicht durch eine einfache Unterschrift oder durch Kulissengespräche ernannt“, fügte Lasconi hinzu.

Der amtierende Ministerpräsident Marcel Ciolacu von der pseudo-sozialdemokratischen PSD und einer der 13 Präsidentschaftskandidaten, die am 24. November angetreten waren, begrüßte bei Facebook das Urteil und widersprach indirekt Lasconi, die es als „illegal, unmoralisch und demokratiezerstörend“ bezeichnet hatte. Für die Organisation von Neuwahlen ist die Regierung zuständig. Im Amt befindet sich derzeit nur ein Übergangskabinett.

Sondierungsgespräche laufen

Momentan finden Sondierungsgespräche zwischen den Sozialdemokraten, den National-Liberalen (PNL), der USR und dem Demokratischen Verband der Rumänienungarn (UDMR) statt, um ein zukünftiges Regierungsbündnis zu schmieden. Die vier Parteien hätten eine stabile Mehrheit in dem neuen Parlament, das am 1. Dezember gewählt worden war. Spätestens bis zum 21. Dezember müsste die konstituierende Sitzung der beiden Parlamentskammern stattgefunden haben. Dort könnte sofort ein Premier benannt werden.

Der Präsident muss diesem Vorschlag zustimmen. Das Mandat von Staatschef Klaus Johannis endet jedoch ebenfalls am 21. Dezember. Der Vorsitzende des Senats, des parlamentarischen Oberhauses, kann laut Verfassung das Amt des Präsidenten kommissarisch so lange übernehmen, bis ein neuer Staatschef gewählt ist.

In den kommenden Tagen wird nun geklärt werden, wann die Wahl stattfindet und wie viele Kandidaten antreten werden. Die Wiederholung der gesamten organisatorischen Prozedur kann auf jeden Fall nicht mehr in diesem Jahr über die Bühne gehen. Fraglich ist auch, ob Călin Georgescu erneut antreten kann oder ob ihm das Recht auf eine neue Kandidatur untersagt wird, wie im Fall der Rechtsextremistin Diana Şoşoacă, die seit vergangenem Sommer Abgeordnete des Europäischen Parlaments ist.

Georgescu wurden in den letzten Wochen unlautere Wahlkampfmethoden vorgehalten. In diesem Zusammenhang wurden auch Vorwürfe laut, von Russland nicht nur finanziell, sondern auch in den sozialen Netzwerken unterstützt worden zu sein.

Ermittlungen eingeleitet

Die Direktion zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens und des Terrorismus (DIICOT) gab am Freitagnachmittag bekannt, Ermittlungen gegen Georgescu eingeleitet zu haben. Die Behörde wirft ihm die unrechtmäßige Einsetzung von Informationssystemen im Wahlkampf vor. Von illegalen digitalen Operationen war auch die Rede in einem Bericht des rumänischen Nationalen Sicherheitsrates.

In einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes in Berlin zu den Vorgängen in Rumänien, hieß es bei X: „Die Berichte rumänischer Behörden, dass russische Desinformation die Präsidentschaftswahlen in Rumänien beeinflusst, zeigen sehr klar: Putin will uns als enge Partner in EU & NATO spalten. Aber Europa ist stark. Vor hybriden Bedrohungen schützen wir unsere Demokratien gemeinsam.“

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1 Kommentar

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  • Das klingt doch sehr fragwürdig. Das Verfassungsgericht annulliert eine Wahl nicht wegen dokumentierter Verstöße gegen das Wahlrecht, sondern wegen Berichten intransparent arbeitender Behörden, die offenbar der Exekutive unterstehen. Im Ergebnis wird eine Stichwahl zwischen zwei Kandidaten der Opposition verhindert und evtl. einem oder zwei Kandidaten der Regierungsparteien in die Stichwahl verholfen. Entstehen nicht gerade so russische Verhältnisse, also eine Instrumentalisierung der Justiz zur Ausschaltung politischer Konkurrenz? (In Russland ist so freilich schon eine monopolistische Struktur entstanden, in Rumänien läuft es auf ein Oligopol hinaus.)

    Wenn man einen Verherrlicher der faschistischen Legion als Präsident verhindern will, dann könnte man das über eine transparente einschlägige Gesetzgebung. Aber das Argument "unrechtmäßige Einsetzung von Informationssystemen im Wahlkampf" stinkt doch gen Himmel.

    Die eigentlich Leidtragende der Entscheidung ist doch die Kandidatin Lasconi, die die Stichwahl vermutlich gewonnen hätte. (Und der Kommentar des deutschen AA ist mal wieder daneben.)