Präsident Herzog im Bundestag: „Die Zukunft gehört uns“

Nach dem bewegenden Gedenken an die Opfer des Olympia-Attentats spricht der israelische Präsident Herzog im Bundestag. Er mahnt zur Wachsamkeit.

Bundespräsident Steinmeier udn Staatspräsident Herzog im Bundestag.

Israels Präsident Herzog am 6. September im Bundestag Foto: Fabrizio Bensch/reuters

BERLIN taz | Sein Besuch wurde mit Spannung erwartet – und ist hochemotional besetzt. Israels Präsident Isaac Herzog ist derzeit auf Staatsbesuch in Deutschland. In einer Rede im Bundestag am Dienstagmorgen bekräftigte er die starke Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel. „Die Zukunft gehört uns, sie muss uns beiden gehören“, sagte Herzog vor den Abgeordneten. Und er betonte: Der Holocaust werde immer eine zentrale Rolle im deutsch-israelischen Verhältnis spielen – „das jüdische Volk vergisst nicht.“

Er mahnte, dass die Erinnerung an die Ermordung der Juden im Nationalsozialismus wachgehalten werden müsse – und würdigte die Anstrengungen Deutschlands. Den Holocaust bezeichnete der israelische Präsident als „tiefsten Abgrund der Geschichte des menschlichen Zusammenlebens“.

Herzog war vor allem anlässlich der Gedenkfeier zum Olympia-Attentat vor 50 Jahren nach Deutschland gereist. Damals waren 1972 elf israelische Sportler von einem palästinensischen Terrorkommando getötet worden. Am Montag fanden sich am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck neben Herzog unter anderem auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder dort ein, um der Opfer zu gedenken. Vor allem aber nahmen zahlreiche Hinterbliebene der Opfer der Terrortat an den Feierlichkeiten teil.

Bundespräsident Steinmeier hatte in seiner Rede am Fliegerhorst die Angehörigen um Vergebung gebeten für das politische Versagen vor 50 Jahren, für den fehlenden Schutz der israelischen Athleten, für Versäumnisse und die mangelnde Aufarbeitung der Ereignisse. Bis vor wenigen Tagen war unklar, ob die Hinterbliebenen an der Gedenkfeier teilnehmen. Nach zähen Verhandlungen konnte schließlich eine Einigung zu Entschädigungszahlungen erzielt werden. Zudem soll eine israelisch-deutsche His­to­ri­ke­r:in­nen­kom­mis­si­on Akten auswerten und Dokumente sichten, die noch unter Verschluss lagen.

Keine Entschädigung kann die Wunden heilen

Herzog bedankte sich für die „bewegende Zeremonie“ in Fürstenfeldbruck. Durch die „Übernahme der Verantwortung“ leiste Deutschland einen Beitrag für „eine gewisse Linderung des Schmerzes der Angehörigen“. Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas folgte in ihrer Eröffnungsrede der Plenarsitzung im Bundestag dem Beispiel Steinmeiers und bat um Vergebung. Sie sei froh, dass die Bundesregierung und die Angehörigen der Opfer eine Einigung gefunden hätten. Aber: „Keine Entschädigungszahlung kann diese Morde ungeschehen machen oder die tiefen Wunden der Angehörigen heilen“, sagte Bas.

Sowohl die Bundestagspräsidentin als auch der Bundespräsident bekräftigten mehrfach in ihren Reden ihren entschlossenen Kampf gegen jegliche Form von Antisemitismus. „Wir alle müssen entschieden gegen diesen Hass und diese Hetze vorgehen. Mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen“, sagte Bas. Für sie ist der persönliche Dialog zwischen Menschen in Deutschland und Israel ausschlaggebend für eine Aussöhnung. Bas sprach sich zudem für die Gründung eines deutsch-israelischen Jugendwerks aus.

Nach seiner Rede im Bundestag besuchte Herzog das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin und legte dort einen Kranz nieder. Am Nachmittag wollten er und Bundespräsident Steinmeier in die Gedenkstätte im einstigen KZ Bergen-Belsen reisen. Unter der Nazi-Herrschaft wurden dort mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene ermordet, darunter auch Anne Frank. Herzogs Vater Chaim Herzog, der von 1983 bis 1993 ebenfalls israelischer Staatspräsident war, gehörte 1945 als britischer Offizier zu den Soldaten, die das KZ Bergen-Belsen befreiten.

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