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PortraitDer Nasenpopler

Kriegt kein Geld: Ex-DVU-Frontmann Siegfried Tittmann Foto: dpa

Es ist eine Frage der Ehrenbesoldung, und da kennt Siegfried Tittmann nichts: Der 61-jährige frühere Bremerhavener DVU-Frontmann wehrt sich dagegen, dass ihm der Titel eines Stadtältesten und die dazugehörigen monatlichen Zahlungen verweigert werden. Vergeblich.

Noch 1995 hatte er die Existenz dieses Ehrensolds „beschämend“ genannt. Mittlerweile kämpft er seit fünf Jahren dafür, ihn selbst zu bekommen. Gestern hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Frage zu beraten, ob die Stadt den in Österreich geborenen kleinen Mann mit Schnurrbart alimentieren muss, weil er sich so lange in der Stadtverordnetenversammlung und in der Bremischen Bürgerschaft als Krakeeler und Polterer betätigt hat.

Über seine Arbeit wurde eigens eine Studie angefertigt. Die wies nach, dass Tittmann seine Zeit in erster Linie nutzte, um aus programmatischen Schriften seiner Partei zusammenkopierte Hass- und Hetztiraden gegen Ausländer vom Mikrofon zu verlesen, in der Münchner Parteizentrale Anträge mit Titeln wie „Ewig büßen und zahlen wegen Hitler?“ einzubringen, Diäten zu zählen und um – bei Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenken – in der Nase zu bohren. Außer der CDU, die mit seiner Stimme Anträge durchbringen und Jobs ergattern konnte, wollte ihm daher nie jemand die Hand reichen.

Seit 2011 sind nun Diäten und Sitzungsgeldströme versiegt, nach 20 Jahren, und das ist arg. Und niemand will ja, dass Menschen, die sich ums Gemeinwesen verdient gemacht haben, am Ende ihres Daseins von der Hand – oder der Nase – in den Mund leben müssen, weshalb die Stadtverfassung denen, die zwei Dekaden lang Stadtverordnete waren, einen Ehrensold zuspricht. Allerdings unter der Bedingung, dass sie ihr Mandat „ohne Tadel“ wahrgenommen haben.

Das eröffnet einen Auslegungsspielraum. Knifflig ist allein, wie weit er reicht: Es darf ja nicht darum gehen, missliebige Meinungen abzustrafen. Allerdings: Zu belegen, dass Tittmann die Arbeit der Stadtverordnetenversammlung durch „für eine sachliche Auseinandersetzung nicht geeignete Beiträge“ belastet hat, fällt leicht – und überzeugte dann auch das OVG. bes

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