Pornodarstellerin Natalie Hot: Klage gegen das Stöhnverbot
In ihrem Haus im bayrischen Ampfing will Natalie Hot ein „Darstellungs- und Schaustellerzimmer“ einbauen lassen. Dafür geht sie vor Gericht.
Hinterhof, Sommernacht, Fenster offen. Die Luft ist lau, der Mond scheint ins Zimmer, kurz vorm Einschlafen. Und dann passiert’s: „Aaaaahhhh, mmmhhh, Oooohhhhh, jajajaja.“ Die Nachbarn haben Sex und auch das Fenster offen.
Ihr Spaß kennt keine Grenzen, und der dauert. Zwanzig Minuten, halbe Stunde, ganze Stunde. Jede Nacht. JEDE! Das nervt.
Wer solch liebeshungrige Nachbarn hat, kann schon mal durchdrehen. Am Morgen ist man so unausgeschlafen, als hätte man selbst die ganze Nacht mitgemacht. Aber was will man machen? Jede und jeder hat schließlich ein Recht auf Sex, auch ein Recht auf lautes Stöhnen dabei.
Dieses Recht will sich eine Frau jetzt gerichtlich bescheinigen lassen: Die Pornodarstellerin Natalie Hot will vor dem Verwaltungsgericht München erreichen, dass sie in ihrem Haus in Ampfing ein „Darstellungs- und Schaustellerzimmer“ einbauen darf. Dort will sie so oft und so laut stöhnen dürfen, wie sie Lust hat.
Das macht sie zwar schon, wenn sie vor einer Webcam für alle posiert, die dafür bezahlen. Sie zieht sich aus, räkelt sich, stöhnt. Manchmal holt sich die Gewinnerin des Venus-Award 2014 (eine Art Oscar der Erotikbranche) Leute dazu, die mitmachen.
Nachbarkinder werden gehänselt
Das gefällt nicht allen Leuten in Ampfing, einem gefegten Nest in Oberbayern mit 6.000 Einwohnern, ein paar Kirchen und einem Bürgermeister von der CSU. Den Leuten gehe das Gestöhne auf die Nerven, Nachbarkinder würden in der Schule gehänselt, heißt es.
Das Landratsamt Mühldorf hat der 24-Jährigen also verboten, sich in ihrem Haus, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann lebt, vor der Kamera auszuziehen. Begründung: Der Bebauungsplan des Terrains, wo Hots Haus steht, sieht keine gewerbliche Nutzung vor. Dort, wo Hot Pornos dreht, gehört ein Kinderzimmer hin. Falls sie sich nicht daran hält, soll sie 2.000 Euro Strafe zahlen.
Aber Hot pfeift auf das „Stöhnverbot“. Seit Mittwoch läuft der Prozess. Wie groß das Stöhn-Verständnis der bayerischen RichterInnen ist, wird sich zeigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?