„Polizeiruf 110“ aus München: Famoses Spiel
Trotz eines erneuten toten Mädchens ist dieser Krimi ganz großes Kino. Vom diesem Ermittler-Duo möchte man in Zukunft mehr sehen.
Zwei Mädchen, die sich ähnlich sehen. Beide trainieren in der Eislaufhalle, beide steigen in weiße Lieferwagen. Beide verschwinden. Bis Karo nun wieder auftaucht, in Plastikfolie gewickelt, in einer Grube, Herbstlaub drumherum; die andere, Anne, bleibt verschwunden. Jahre liegen dazwischen. Damals ermittelte Bessie Eyckhoff (Verena Altenberger) – und jetzt auch wieder.
Der neue Münchner „Polizeiruf 110“ „Das Licht, das die Toten sehen“, ist die fünfte Folge mit der Kriminaloberkommissarin. Sie bekommt für den aktuellen Fall einen Kollegen an die Seite, Dennis Eden (Stephan Zinner), sie haben früher auf einem Stadtrevier schon mal zusammengearbeitet.
„Polizeiruf 110“: „Das Licht, das die Toten sehen“, So. 20.15 Uhr, ARD und in der ARD-Mediathek
Als klar wird, dass ausgerechnet Annes Mutter noch in der Eishalle mit Karo geredet hat, beginnt sich der Fall zu drehen, hin zu Anne; Karos Tod rutscht fast ins Randgebiet. Und so gehen nach der Hälfte des Films erst eine, dann zwei neue Türen auf, dass sogar die Staatsanwältin irgendwann sagt: „Das ist ja absurd.“ Spoiler: Klappt trotzdem.
Da ist Annes Mutter, die ihre Tochter geprügelt haben soll, der Vater hatte damals Anzeige erstattet, sie sind längst getrennt, die Mutter betrinkt sich abends in Kamelhaarmantel und Pumps an der Tanke. Und dann sind da eine junge Frau (Zoë Valks), ein junger Mann, sie hängen in der Eislaufhalle und in Parkhäusern rum, sie dealen, jede Aktion ein Arschlochmove. Irgendwann sitzen dann drei Menschen in drei Verhörräumen.
Ein Rätsel bleibt
Vielleicht sollte man vorschlagen, dass die Kombo dieses Films genau so weitermacht: Altenberger und Zinner, Sebastian Brauneis und Roderick Warich als Autoren, Philipos Tsitos als Regisseur. Die Texte, die die Ermittelnden und alle anderen zu sagen bekommen, sind so ungekünstelt, dass es eine wahre Freude ist. Die Autoren sorgen obendrein dafür, dass Eyckhoff in Tonfall und Handeln als Figur immer wiedererkennbarer wird.
Dass das alles gelingt, liegt zum einen am famosen Spiel von Altenberger, Zinner und Valks. Und zum anderen an der Art und Weise, wie Tsitsos – unterstützt vom hervorragenden Schnitt von Dimitris Peponis – diese Geschichte inszeniert: Wer wann spricht, was dabei zu sehen ist, wann kein Wort fällt und dennoch Denkprozesse sichtbar werden, das ist wirklich großes Kino. Auch wenn dies schon wieder ein TV-Krimi mit toten Mädchen ist. Nur wieso eine Eislaufhalle der absolut heiße Scheiß sein soll, das bleibt dann doch ein Rätsel.
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