piwik no script img

Polizeigewalt in den USAGehörloser Fahrer erschossen

Ein Mann, der sich im Alltag nur durch Gebärdensprache verständigte, kam einer Aufforderung zum Anhalten nicht nach. Der Schütze wurde nun beurlaubt.

Im Umgang mit Gehörlosen ungeschult: Polizisten in Charlotte, North Carolina (Archivbild) Foto: dpa

Miami afp | Ein Polizist in den USA hat einen gehörlosen Autofahrer erschossen, nachdem dieser einer Aufforderung zum Anhalten nicht gefolgt war. Der Tod des 29-jährigen Fahrers, der sich im Alltag nur durch Gebärdensprache verständigte, werde untersucht, teilte die Verkehrspolizei im US-Bundesstaat North Carolina mit. Der Polizist sei beurlaubt worden.

Der Polizist habe den Fahrer am vergangenen Donnerstag wegen überhöhter Geschwindigkeit stoppen wollen, erklärte die Verkehrspolizei. Nach einer Verfolgungsjagd über 13 Kilometer sei der Fahrer erst vor seinem Haus in der Stadt Charlotte zum Stehen gekommen. Dort sei es „zu einer Begegnung gekommen“, in deren Verlauf der Polizist geschossen und den Autofahrer getötet habe.

Der Schütze wurde für die Dauer der Ermittlungen beurlaubt. Die Polizei wollte im Zuge der Beweisaufnahme unter anderem die Körperkamera des Beamten untersuchen.

Nach Informationen des lokalen Fernsehsenders WSOC war der Fahrer unbewaffnet. Bekannte zeigten sich entsetzt über den Vorfall. „Er hat die Polizeisirene nicht gehört, er hat gar nichts gehört“, sagte der Nachbar Mark Barringer dem Sender. Die Schüsse seien „absolut unakzeptabel“.

Die Familie des Erschossenen richtete ein Spendenkonto ein, um Geld für die Bestattung zu sammeln. Überschüssige Mittel sollten einer Stiftung zugute kommen, die Polizisten im Umgang mit Gehörlosen schult.

Die Familie schlug vor, dass ein Hinweis auf die Gehörlosigkeit eines Fahrzeughalters erscheint, wenn die Polizei nach dem Nummernschild sucht. Bis Montagabend waren bereits 10.000 Dollar auf dem Spendenkonto zusammengekommen.

In den USA wird seit Jahren über Polizeigewalt debattiert. Mehrere Vorfälle, bei denen Polizisten unbewaffnete Schwarze töteten, lösten landesweite Proteste aus.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wie ist das in Deutschland? In welchem Umfang bzw. mit welchen Sonderregelungen dürfen Gehörlose bzw. Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit in Deutschland Auto fahren? Wie geht die Polizei damit um? Außerdem: Haben wir in Deutschland dafür nicht auch Sichtzeichen? Ich hätte gedacht in so einem Fall, wenn der Fahrer nicht reagiert, überholt man ihn (auf 13 Kilometern wirds da ne Möglichkeit geben) und dann kommt die Kelle aus dem Fenster und man bremst den Fahrer aus - falls möglich. Wenn der dann anfängt wegzufahren - dann ist die Situation eindeutig.

    Irgendwie verstehe ich nicht, wie es dazu kommen kann.

    • @Sophie Kowalski:

      In Deutschland kann ein Gehörloser ganz normal den Führerschein machen und auch am Straßenverkehr teilnehmen, falls eine Bescheingung eines Aztes vorliegt, daß er/sie verkehrssicher ist.

      Zum "Kelle raus und Ausbremsen": Eigentlich ja, allerdings ist sowas in Amiland nicht immer sicher, da wird gerne mal aus Fahrzeugen auf den Polizeiwagen gefeuert, daher bleiben die meist hintendran (oder "crashen" das verfolgte Fahrzeug)

      • @Mephisto:

        Auf 13 Kilometern schaut man wenigstens mehrmals in den Rückspiegel. Es ist ausgeschlossen, dass der Fahrer den nachfolgenden Polizeiwagen und ein optisches Haltsignal nicht wahrgenommen hat, WENN denn ein solches gegeben worden ist.