Polizeigewalt in Südkorea: Tod durch Wasserwerfer
Ein Wasserwerfer spritzte so lange auf Baek Nam Gi, bis dieser ins Koma fiel. Nun starb der Aktivist. Sein Tod offenbart tiefe Gräben in Südkorea.
Am 14. November war der Landwirt nahe des Seouler Präsidentensitzes von Wasserwerfern der Polizei niedergerissen worden. Videos zeigen, wie die Wasserkanonen selbst dann nicht von ihm abließen, als er regungslos am Boden lag. Seitdem erwachte Baek nicht mehr aus dem Koma.
Bei den bislang größten Antiregierungsprotesten unter Park Geun Hye hatten Zehntausende Menschen gegen die Präsidentin demonstriert. Am Abend entlud sich der Frust über politische Repressionen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und mangelnde Aufklärung des „Sewol“-Fährunglücks. Bei dem waren im April 2014 mehr als 250 Schüler ertrunken. Zur Eskalation trug auch katastrophales Polizeimanagement bei: Schon am Nachmittag hatten Hunderte Polizeibusse die Menschenmenge großräumig eingekesselt, später wurden Wasserkanonen und Tränengas eingesetzt. Maina Kiai, UN-Sonderberichterstatter zu Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, spricht von „exzessiver“ Polizeigewalt gegen „größtenteils friedliche Demonstranten“.
„Wir müssen der Wahrheit gedenken, die auch von Wasserwerfern nicht verhindert werden kann“, tweetete Seouls Bürgermeister Park Won Soon von der linksgerichteten Oppositionspartei. Seine Beileidsbekundung wurde im sozialen Netzwerk über zehntausend Mal geteilt. Die konservative Regierung hingegen entschuldigte sich bis heute nicht bei dem einstigen Studentenaktivisten.
Auch die Beerdigungszeremonie am Sonntag zeigte die tiefen Gräben der Gesellschaft: Während eine schier endlose Menschenmenge das Seouler Nationalkrankenhaus besuchte, um den Verstorbenen zu ehren, postierte die Regierung mehrere Tausend Polizeibeamte drumherum. Am Montag stürmten diese dann das Spital, um die Krankenakte des Toten zu konfiszieren. Bisher sei nicht bewiesen, dass die Wasserwerfer wirklich zu Baek Nam Gis Tod geführt hätten, behauptet die Polizei.
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