Polizeiaufgebot bei Hamburger Demo: Die City in Blau gehüllt
Mit 38 Teilnehmern bleibt eine NPD-Wahlkampfkundgebung im Herzen Hamburgs überschaubar. 1.000 Menschen demonstrieren gegen Neonazis. Polizei löst Scharmützel aus.
HAMBURG taz | Eigentlich war der Tag entspannt verlaufen: 1.100 Polizisten hatten den Gänsemarkt, wo die NPD mit dem Slogan „Deutschland ist kein Einwanderungsland – Multikulti: Tod-sicher“ mobilisiert hatte, mit etlichen Mannschaftswagen sowie Gitter-Sperrriegeln abgeschottet. Allenfalls durch Seitenstraßen gelangten Gegendemonstranten in Sicht- und Hörweite der Rechten, riefen „Nazis raus!“
Die Protestierenden machten keine Anstalten, die Barrieren zu überwinden, die NPD-Wahlkampfkundgebung verlief ungestört. Auch 300 Meter weiter, wo sich nach einem Aufruf des „Bündnisses gegen Rechts“ rund 500 Menschen unter dem Motto „Kein Fußbreit den Faschisten“ versammelt hatten, war alles friedlich geblieben.
Nach dem Ende ihrer zweistündigen Wahlkampfkundgebung geleitete die Polizei dann mit starken Kräften die 38 NPD-Anhänger in die U-Bahn. Die Straße vom Kundgebungsort zum Dammtorbahnhof war wieder passierbar, der Busverkehr lief wieder, Gegendemonstranten standen nur noch auf den Bürgersteigen.
Es habe in diesem Bereich „mehr Störer“ gegeben, begründete Polizeisprecher Mirko Streiber gleichwohl das dann folgende polizeiliche Vorgehen: Schubsend und mit Knüppelschlägen bahnte die Polizei dem NPD-Lautsprecherwagen den Weg aus der Innenstadt – direkt durch die angemeldete Protestkundgebung des „Bündnisses gegen Rechts“ auf dem Jungfernstieg. Es kam zu Rangeleien, Flaschen flogen, sechs Menschen wurden festgenommen. „Linke Gegendemonstranten versuchten die Abfahrt des Lautsprecherwagens zu verhindern“, so stellte es ein anderer Polizeisprecher gegenüber dem Hamburger Abendblatt dar. Einheiten im Kampfmontur und Laufschritt – mittendrin ein High-Tech-Wasserwerfer und berittene Beamte im Galopp – tobten über den belebten Jungfernstieg. Zeitweise verwandelte sich die City rund um die Binnenalster in ein blaues Lichtermeer. Auch als das NPD-Fahrzeug einen der antifaschistischen Demonstranten erfasste und zu Boden schleuderte, verschafften die Uniformierten ihm freies Geleit.
„Was hier passiert, ist eine Provokation und ein politischer Skandal“, erklärte ein Sprecher vom Lausprecherwagen der Gegenkundgebung herab. „Hier werden Bilder produziert, um eine Woche vor den Wahlen die Stimmung für eine weitere Aufrüstung der Polizei zu schaffen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee