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Polizeiaktion gegen Salafisten-SzeneHausbesuch bei den Fanatikern

Sie kämpften für die Scharia unter dem Deckmantel von Jugendarbeit: Am Mittwoch wurden mehrere Razzien bei verbotenen Salafisten-Vereinen durchgeführt.

Jubel, Trubel, Scharia: Salafisten-Kundgebung in Frankfurt 2011. Bild: dpa

KÖLN taz | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erhöht den Druck auf die radikalislamistische Szene. Am frühen Mittwochmorgen starteten Razzien in Nordrhein-Westfalen und Hessen zur Durchsetzung mehrerer kurz zuvor erlassener Vereinsverbote. Die Durchsuchungen bei insgesamt 20 Personen dienten der Beschlagnahme des Vereinsvermögens und der Auflösung der Vereinsinfrastruktur, teilte das Bundesinnenministerium mit. Mehrere hundert Beamte sind im Einsatz.

Betroffen von den Verboten Friedrichs sind die in Hessen angesiedelten salafistischen Vereine DawaFFM inklusive der Teilorganisation Internationaler Jugendverein - Dar al Schabab e.V. sowie DawaTeam Islamische Audios, der auch unter dem Namen DawaTeam LiesFfm firmierte. Ebenfalls verboten wurde die in Nordrhein-Westfalen ansässige an-Nussrah, die das Innenministerium als Teilorganisation der bereits im Juni 2012 zwangsaufgelösten Vereinigung „Millatu Ibrahim“ bewertet.

„Der Salafismus, so wie er von den heute verbotenen Vereinen vertreten wird, ist unvereinbar mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, erklärte Friedrich. Sie strebten „in aggressiv-kämpferischer Weise eine Veränderung unserer Gesellschaft an, bei der die Demokratie durch ein salafistisches System und der Rechtsstaat durch die Scharia ersetzt werden sollen“.

Die Frankfurter DawaFFM um den Prediger Abdellatif Rouali befand sich schon länger im Visier der Sicherheitsbehörden. Die Gruppe war stark missionarisch aktiv, betrieb intensive Jugendarbeit, organisierte Fußballturniere und Grill-Events im Park. Laut Innenministerium erklärte sie andere Religionen für minderwertig und rief dazu auf, diese zu bekämpfen.

Nach gewalttätigen Ausschreitungen von Salafisten in Solingen und Bonn im Mai 2012, bei denen mehrere Dutzend Polizisten verletzt wurden, war gegen DawaFFM bereits ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden inklusive mehrerer Durchsuchungen. Nach Ministeriumsangaben hätte dabei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden können. Bei der Auswertung seien wichtige Erkenntnisse über die verfassungsfeindlichen Aktivitäten und die planvolle Vorgehensweise salafistischer Strukturen in Deutschland gewonnen.

Nach außen ein unverdächtiges Projekt

Zeitgleich mit dem damaligen Vorgehen gegen DawaFFM war im Sommer 2012 die Solinger Salafistengruppe Millatu Ibrahim verboten worden. Zwischen ihr und der als „islamischer Hilfsverein“ fungierenden an-Nussrah sollen enge personelle und organisatorische Verflechtungen bestanden haben. Zwar habe sich an-Nussrah nach außen den Anschein eines unverdächtigen Projekts zum Sammeln von Spenden für Muslime in Syrien gegeben.

Doch jetzt hätte nachgewiesen werden können, „dass es tatsächlich die führenden Köpfe von Millatu Ibrahim waren, die Organisation und Handeln von an-Nussrah bis ins Detail kontrollierten und steuerten“, teilte das nordrhein-westfälische Innenministerium mit.

Die salafistische Szene gilt als die am dynamischsten wachsende ultraorthodoxe Strömung innerhalb des Islam. In der BRD macht sie mit je nach Schätzung zwischen 3.000 und 5.000 Anhängern allerdings nur einen verschwindend geringen Anteil der muslimischen Bevölkerung aus. Die Salafisten orientieren sich an einer stark idealisierte Frühzeit des Islam und predigen eine wortgetreue Ausrichtung an Koran und Sunna. Sie unterteilen die Menschen strikt in Gläubige und Ungläubige, lehnen die Demokratie und alle „von Menschen gemachten“ Gesetze wie das Grundgesetz ab.

„Wir halten den Druck auf die Salafisten aufrecht und gehen entschieden gegen ihre demokratiefeindliche Agitation vor“, erklärte NRW-Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf.

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12 Kommentare

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  • O
    Observer

    Sowas auch .....

    13.03.2013 15:21 Uhr

    von Observer:

     

    Habe gestern Abend mit einem Freund aus Ägypten gemeinsam zum Abend gegessen und von alten Zeiten geschwärmt. Dabei habe ich nebenei erfahren, das Islam garnicht Frieden heisst.

     

    Es ist arabisch und heisst "Unterwerfung". Gemeint ist die Unterwerfung unter Allah und dessen Gesetzen, offenbart von einem Propheten namens Mohammed.

     

    Mein Freund hat mir dann noch viel erzählt und erläutert.

     

    Nunmehr sind viele Fragen die ich hatte nicht mehr offen.

    Ich kann jetzt die Motive der Salaisten sehr gut verstehen.

     

    Nun bleibe ich erschrocken mit meinem neuen Wissen zurück ...

    Ich werde so leicht nie wieder Fragen stellen und nach Antworten suchen ...

  • UZ
    und zu

    @D.J.

    Ich empfehle Ihnen einfach mal zu "kreuz.net" oder "gloria.tv" (siehe z.B. Spiegel TV) zu recherchieren, sowie dazu, was "gläubige Christen" denn so von der allgemeinen Schulpflicht und der demokratischen Gesellschaft als solcher halten.

    Dass die Verfassung der kath. Kirche weitgehende Zugeständnisse macht, was die Gewährung von basalen Menschenrechten und den Schutz vor Diskriminierung angeht, mag man als verfassungsgemäß auslegen, es widerspricht jedoch dem Geist der Verfassung.

     

    Mir wären vielmehr Kommentare wie der Ihre peinlich, ist es doch tatsächlich ein solcher, der von Unkenntnis zeugt.

  • T
    tim

    armseliger haufen hier im kommentarbereich.

  • K
    knarz4

    @ Ahmed : Bisschen schwer zu glauben wenn man sich anschaut was in der Welt so los ist.Wohl eher : Atheismus heisst Frieden.Ich sehe im Islam wie auch im Judentum nur Dinge die mit Leid und Vertreibung zu tun haben.Bei den Katholiken ist es heute zum Glück nicht mehr so schlimm,die hatten ihre Zeit.Obwohl, ich denke wenn man sie lassen würde würden sie sich genau so radikal verhalten wie die beiden eben genannten "Religionen".In diesem Sinne : Alle Religionen sind Scheisse!!!

  • Z
    zombie1969

    Von einem "Schlag" gegen die salafistische Szene bzw. gegen radikale Muslime kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn daraus auch die konsequenten Ausweisungen aus D resultieren. Da der Grossteil der Salafisten allerdings bereits eingebürgert ist, dürfte sich das allerdings schwierig gestalten. Dumm gelaufen!

  • S
    Stev

    Wäre mal interessant, eine Stellungnahme des türkischen Botschafters zu dieser Thematik zu erfragen, da eine Menge Angehöriger dieses Milieus nach türkischer Definition türkische Staatsbürger sind.

    Ebenso wäre eine Entschuldigung des Botschafters bei den Hinterbliebenen des zu Tode getretenen Daniel S. in Kirchweyhe vom 11.3. das mindeste, da die Täter ebenfalls per türkischer Definition Türken waren. Eine Beileidsbekundung beim ähnlich zu Tode getretenen Jonny K. ist bisher auch nicht bekannt. Wenn schon, denn schon.

  • UZ
    und zu

    @ahmed:

     

    Im Grunde beginnt da das Problem:

    "Islam heißt Frieden" ist ein unbestreitbare Tatsache, ähnlich wie

    "Islam bedeutet Frieden".

    So ist es eben, so wie "Gravitation" "Schwerkraft" bedeutet.

    "Islam IST Frieden", daran hapert's.

     

    (Tendenziell bei nicht mehreren als es bei Christen an "Christ-sein heißt Christus-sein" hapert [und Christus-sein äußert sich eben im Wesentlichen in dessen gelebter Toleranz, Gewaltlosigkeit und Autoritätskritik]. Aber an zu vielen, um es einfach zu igorieren. Religion IST eben Gewalt. Psychische Gewalt ohnehin, das ist das Geschäftsmodell, aber oft genug eben auch physische Gewalt.)

  • D
    D.J.

    @von und zu,

     

    sicher können Sie mir - übrigens einem Atheisten - erklären, inwieweit die Kath. Kirche in Deutschland verfassungsfeindlich ist. Wüsste nichts von Aufrufen, einen Gottesstaat mit dem Kanonischen Recht als Verfassung hier einzuführen und Apostaten hinzurichten. Solche Relativierungen zeugen von mangelnder Bildung und sind überaus peinlich bis zynisch.

  • A
    Ahmed

    Islam heißt Frieden.

  • O
    Observer

    Die vergangende Nacht hat die Polizei wohl einen Mordanschlag von 4 Salafisten auf einen Politiker von ProNRW vereitelt.

     

    Ich verstehe nicht ganz, welche Mittel in der Religion des Friedens so angewendet werden. Und die Salafisten sind die am nächsten am Urislam operierende Ausrichtung und werden von Saudi Arabien (die Wahabiten sind die Hüter des sunnitischen Islams) auch in aller Welt unterstützt.

     

    Jetzt habe ich Fragen über Fragen ... ???

     

    Doch kein Frieden? oder was?

  • D
    D.J.

    Immer wieder putzig: In den einschlägigen Salafistenforen das große Jammern. Man erklärt ganz offen, den Staat und die Demokratie zu hassen, Nichtmuslime, sobald möglich, auf einen niederen Status drücken zu wollen (soweit Christen und Juden) bzw. nicht zu dulden (andere Religionen und Atheisten) und andere Beglückungen der Scharia einführen zu wollen (wie die Hinrichtung Schwuler) - und dann jammert man, wenn sich der Staat wehrt. Nicht nur hierin sind sich Salafisten und Nazis ähnlich.

  • UZ
    und zu

    Ich find's ja komisch, dass das bei den Salafisten immer so schnell geht, während NPD, ProStatakrebs, Katholizismus et. al. weiterhin erlaubt bleiben. Weniger gefährlich/verfassungsfeindlich/menschenverachtend/usw sind die auch nicht...