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Polizei in DortmundRechtsgesinnter Polizist entlassen

Ein Dortmunder Polizeibeamter rechnet sich zu den sogenannten „Reichsbürgern“. Sie lehnen die Verfassung ab. Der Dienstherr zog jetzt Konsequenzen.

Polizisten dürfen keine Reichsbürger sein. Bild: dpa

DORTMUND dpa | Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange hat einen Polizisten mit mutmaßlich rechter Gesinnung vorläufig vom Dienst enthoben. Der 34-Jährige steht im Verdacht, der Gruppierung der sogenannten Germaniten oder Reichsbürger anzugehören. „Diese „Reichsideologen“ berufen sich darauf, dass das Deutsche Reich juristisch nie untergegangen ist und stellen die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland sowie ihrer Verfassungsorgane in Frage“, teilte die Polizei am Dienstag mit. Der Beamte lehne die Verfassung ab.

„Jeder Polizeivollzugsbeamte ist auf das Grundgesetz vereidigt worden und hat die Pflicht, aktiv für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Der Dienstherr erwartet dies von seinen Polizeivollzugsbeamten jederzeit. Daher ist für Verfassungsfeinde in den Reihen der Polizei kein Platz“, sagte Lange.

Am Dienstagmorgen hatten Beamte die Wohnung des Polizisten durchsucht. Aufgrund eines zuvor eingeleiteten Disziplinarverfahrens hatte die Dortmunder Polizei einen Durchsuchungsbeschluss beim Verwaltungsgericht Münster erwirkt. Noch am gleichen Tag wurde der 34-Jährige vorläufig vom Dienst enthoben. Einzelheiten wollte die Polizei unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht nennen. Strafrechtlich sei der Mann aber wohl nicht zu belangen, sagte ein Sprecher. Es soll der erste Fall dieser Art in Dortmund sein.

Recht anschaulich beschreibt der Verfassungsschutz in Brandenburg die Auffassung von Reichsbürgern und was das Amtsgericht Duisburg davon hält:

„Reichsregierungen“ und „Reichsbürger“ behaupten, das Deutsche Reich bestünde in den Grenzen von 1937 bis heute völkerrechtlich fort. Dagegen sei die Bundesrepublik Deutschland mit dem Deutschen Reich nur teilidentisch, daher völkerrechtlich illegal somit juristisch nicht existent. Konsequent ignorieren „Reichsbürger“ zudem alles, was ihren wirren Auffassungen zuwiderläuft.

Geht ein solcher Vorgang vor Gericht, sind die Urteile mehr als deutlich. So entschied 2006 beispielsweise das Amtsgericht Duisburg: „Das Bonner Grundgesetz ist unverändert in Kraft. Eine deutsche Reichsverfassung, eine kommissarische Reichsregierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist.“

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6 Kommentare

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  • Die Behauptung der "Reichsbürger", das Deutsche Reich bestünde in den Grenzen von 1937 bis heute völkerrechtlich fort, stützt sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vom 31. Juli 1973 welches exakt dieses besagt. Wann und wodurch dieses aufgehoben wurde habe ich bisher nicht in Erfahrung bringen können - ein schlichtes Amtsgericht kann dies auf jeden Fall NICHT(!)

    Die Grenzen von 1973 finden sich außerdem auch bis heute im GG §116.

    Das das GG eine Verfassung seien soll, haben die "Väter" des GG interessanterweise noch ganz anders gesehen - Carlo Schmid (SPD), Sprecher Palamentarischen Rates sagte in seiner Grundsatzrede zum GG vom 08.09.1948 wörtlich "...Wir haben nicht die Verfassung Deutschlands oder West-Deutschlands zu machen - Wir haben keinen Staat zu errichten ..."

    Ergo könnte man wohl eher sagen:

    „Das Bonner Grundgesetz ist ebenso wenig eine Verfassung, wie die Erde eine Scheibe ist.“

    Sollten sachliche Beweise für das Gegenteil existieren, wäre ich für einen Hinweis dankbar, wo diese zu finden sind.

  • Was soll denn dieses Bild mit dem Inhalt des Textes zu tun haben?

  • "Aufgrund eines zuvor eingeleiteten Disziplinarverfahrens hatte die Dortmunder Polizei einen Durchsuchungsbeschluss beim Verwaltungsgericht Münster erwirkt." ... "Strafrechtlich sei der Mann aber wohl nicht zu belangen, sagte ein Sprecher."

     

    Es ist zwar richtig, dass man diesen Mann aus dem Dienst entfernt hat und dass man konsequent gegen derartiges rechtslastiges Geschwurbel angeht. Trotzdem ist man hier mit einer Hausdurchsuchung zu weit gegangen. Selbst wenn diese Person unsere Verfassung nicht anerkennt, muss trotzdem auch bei ihm der Art. 13GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) beachtet und eingehalten werden. Die bloße Gesinnung stellt keinen ausreichenden Anfangsverdacht dar und ist somit keine rechtliche Begründung, um so weit zu gehen.

    • @John Doe:

      Immerhin lag ein Durchsuchungsbeschluss vor.

      • @Rainer B.:

        Das sagt gar nichts. Leider werden in Deutschland viel zu viele Durchsuchungsbeschlüsse von Richtern unterschrieben, ohne die vorgesehene richterliche Prüfung wahrzunehmen.

         

        Siehe dazu auch diesen Artikel, wo Verfassungsrichter Mellinghof monierte, dass zu viele Durchsuchungsbeschlüsse verfassungswidrig sind: http://www.taz.de/!80807/

        • @John Doe:

          Ich vermute, dass es was mit seinem beamtenrechtlichen Status zu tun hat.

           

          Ich weiß es zwar nicht genau, aber ein Beamte des Justizvolldienstes, den ich kenne, erzählte mir mal, dass der Dienstherr da auch Möglichkeiten hat mit juristischen Mitteln und entsprechend auch mit den Exekutivorganen zu arbeiten, wenn dienstrechtlich was vermutet wird. Wundert mich zwar auch, dass das wie der Verdacht zu einer Straftat gehandhabt wird, ist aber u.U. tatsächlich denkbar. Immerhin sind bei Beamten Arbeitgeber und Staat identisch und es ist eben kein normales Arbeitsverhältnis.