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Polizei bekommt KontrolleWächterin für die Wächter

Für Beschwerden über Schleswig-Holsteins Polizei soll es künftig eine externe Stelle geben. Die Ordnungshüter finden das fies.

Gewalt wendet die Polizei stets kontrolliert, sachgerecht und verhältnismäßig an. Foto: Bodo Marks (dpa)

„Aber wer bewacht die Wächter?“ fragt der römische Satiriker Decimus Iunius Iuvenalis (55 bis 138). Gemeint sind damit in seinem Frauenhass-Gedicht die Eunuchen, die eigentlich die Damen des Hauses zu bewachen haben. Der Gatte solle doch bitte darauf achten, dass unter den Togen wirklich Ruhe herrscht.

Diesem Kontext entrissen, hat der antike Schenkelklopfer die Jahrhunderte gut überstanden: Dass es einer Institution schwer fällt, sich selbst zu kontrollieren, liegt auf der Hand. Und ebenso, dass die Umwelt immer misstrauisch ist, wenn das Selbstkontrollorgan stolz die weiße Weste vorzeigt. Schleswig-Holstein will nun Abhilfe schaffen: Am Donnerstag debattiert der Kieler Landtag über das neue Amt eines Polizeibeauftragten. Es soll an das bestehende Büro der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten angegliedert werden.

Bringen die Regierungsparteien SPD, Grüne und SSW ihren Gesetzentwurf durch, wird also Amtsinhaberin Samiah El Samadoni künftig BürgerInnen „im Dialog mit der Polizei unterstützen“, dabei helfen, dass „Beschwerden abgeholfen wird“ und sich auch „mit Vorgängen aus dem innerpolizeilichen Bereich befassen“: So sind die vorgesehen Aufgaben umrissen. Die Regierung erklärt das mit der als hoch professionell gelobten Arbeit der Polizei, in der es dennoch immer mal zu Konflikten kommen könne – und da wäre eine „unabhängige, spezialisierte Begleitung der Polizeiarbeit“ eine feine Sache.

Tatsächlich wäre sie auch geboten: Die „die institutionelle, hierarchische und praktische Unabhängigkeit derjenigen, die eine Beschwerde untersuchen, von den Beschuldigten“ hält das Deutsche Institut für Menschenrechte in einer Stellungnahme für dringend erforderlich. Genauso fordert auch amnesty international seit Jahren die Einführung eines Wächteramts über die Wächter – vergeblich. Da in Schleswig-Holstein das Parlament die Beauftragten einsetzt, hat in dieser Frage nicht einmal die Landesregierung mitzureden.

Die Opposition und beide – ansonsten traditionell uneinige – Polizeigewerkschaften sehen in dem Vorschlag dagegen ein Misstrauensvotum der Regierung: Die neue Polizeibeauftragte sei „überflüssig wie ein Kropf“, heißt es da, „weder notwendig noch nützlich“ oder auch einfach nur „Unsinn“.

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2 Kommentare

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  • Endlich mal etwas positive Bewegung in der Sache. Es wird Zeit, dass es national (besser weltweit) solche Institutionen gibt. In Hamburg und in Teilen von Sachsen gibt es ganz klar korrupte Elemente auf Seiten der Polizei, die seit Jahren und Jahrzehnten nicht aufgeklärt, sondern eher vertuscht werden.

     

    Illegitime Polizeigewalt findet mindestens wöchentlich statt, Verfahren gegen Polizisten haben eine übertrieben hohe Einstellungsrate, wenn überhaupt ein Verfahren eingeleitet wird. An einigen Orten, wie Hamburg, oder Sachsen sind Teile der Polizei und Staatsanwaltschaft korrupt. Die Polizei mischt sich teilweise politisch ein, was nicht ihre Aufgabe ist, im Gegenteil. Aus Asservatenkammern verschwinden Regelmäßig Beweismittel und Videos werden an den relevanten Stellen gelöscht, wenn es um Polizeigewalt geht.

     

    Irgendwas ist da faul und diese beiden sogenannten Polizeigewerkschaften lügen, wenn sie behaupten es gäbe kein Problem. Und wenn sie nicht lügen, sind sie blind bzw. Experten im Verdrängen der eigenen Schuld.

     

    Gute Besserung! : ))

  • Och, da müsste eigentlich noch mehr parlamentarische Kontrolle her. Wenn ich so an manche schwere Straftat der Eutiner Bereitschaftspolizei, hier in Hamburg, denke...

    Nur: Wer kann uns wirklich vor der Polizei schützen? Sie ist wie ein Staat im Staate, selbst die Staatsanwaltschaft verfolgt polizeiliche Vergehen äußerst selten und sehr ungern, wie ich von Rechtsanwälten höre.