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Politische Strahlkraft des 1. MaiDie Bratwurst kann auch vegan sein

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Der 1. Mai ist zur Folklore geworden. Dabei sind die Forderungen, die an diesem Tag erhoben werden, wichtiger denn je.

Ob vegan, woke und gutmenschlich oder bieder, konservativ, fleischig – bloß nicht spalten lassen! Foto: Christine Uyanik

D er 1. Mai erzeugt häufig ein müdes Schulterzucken, wenn man nicht gerade glühende Gewerkschafterin ist, von denen es seit Jahren bekanntlich auch immer weniger gibt. Tag der Arbeit, mal wieder: Immerhin einen Tag arbeitsfrei in den Betrieben, für die meisten Ar­beit­neh­me­r:in­nen jeden­falls. Dass der 1. Mai vielerorts Folklore ist und an seinen eigenen Ritualen zu ersticken droht, ist der Lebendigkeit dieses Tags auch nicht gerade zuträglich.

Die plakative 18-Uhr-Demo in Berlin-Kreuzberg ist schon lange nicht mehr „revolutionär“. Große Teile der Linken sind, statt sich um die Arbeiterin zu bemühen, lieber mit den eigenen Befindlichkeiten zum Gazakrieg und theoretischen Erörterungen zu postkolonialen Kontinuitäten beschäftigt. Und die bundesweiten Gewerkschaftsfeierlichkeiten servieren Bratwurst und mittelmäßig mitreißende Reden von regionalen Gewerkschaftsvorsitzenden und politischer Lokalprominenz.

Dabei ist der 1. Mai, sind die Gewerkschaften, die Ideen von Solidarität und Zusammenhalt mehr denn je die Gebote der Stunde. Die AfD liegt bei Umfragen inzwischen gleichauf oder sogar leicht vor den demokratischen Parteien. Das künftige Kabinett Merz hat einen Kulturstaatssekretär nominiert, der in der Vergangenheit mit identi­tärer Rhetorik auffiel. Sein designierter Fraktionschef Jens Spahn plädiert für einen „normalisierten“ parlamentarischen Umgang mit der AfD.

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Wenn sich Allianzen rechts der Mitte bilden, dann darf man sich links davon erst recht nicht spalten lassen. Sonst werden aus Allianzen irgendwann Mehrheiten. Insofern macht es Mut, wenn zum Beispiel in Görlitz in Ostsachsen der Deutsche Gewerkschaftsbund, das örtliche feministische Forum und Initiativen gegen rechts ihren diesjährigen Demonstrationszug unter ein gemeinsames Motto gestellt haben, das sogar das Wort „feministisch“ im Namen hat.

Bloß keine Berührungsängste. Die Bratwurst kann es ja zur Not auch in vegan geben.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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1 Kommentar

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  • Jetzt neu, im Arbeiterlatein,



    die Bratwurst darf auch veggie sein!



    Ich stütz mich so auf mein Kumpel, weil ich allmählich ziemlich humpel.



    Der Kumpel, der ist schwarz wie Kohle,



    auch wenn ich die getz nich mehr hole-



    so bleibt er mir auf Lebenszeit, ein Freund,



    der stets bereit -



    war, mich zu retten,



    s'ist halt Einer Einer von den Netten!



    Doch Kumpel sind von innen Rot und das nicht nur in höchster Not.



    In Frieden und Zusammenhalt werden wir gemeinsam alt.



    Doch kommen Die mit braunen Jacken woll'n wir sie schön pisacken,



    ein Kumpel weiß was er dann tät:



    Solidarität!