Politische Krise in Südafrika: Jacob Zuma sitzt mal wieder alles aus
Geleakte E-Mails, die die Korruption des Präsidenten dokumentieren, versetzen das Land in Aufruhr. Ein Misstrauensvotum will der ANC nicht.
Ein möglicher Misstrauensantrag fand in der weitgehend loyalen Führungsspitze des ANC keine Mehrheit. Auch bezeichnet der ANC die Informationen als Fake News. Aber der jüngste Skandal brachte dem Präsidenten prompt am Dienstag eine Strafanzeige der Opposition ein.
Das Misstrauensvotum, das ANC-Führungsmitglied Joel Netshitenze gefordert hatte, wäre der zweite Versuch von ANC-Politikern innerhalb von einem halben Jahr gewesen, sich Zumas zu entledigen. Aber auch die Opposition beantragte kürzlich ein Votum, das erst noch im südafrikanischen Parlament eingebracht werden muss.
Lange war bekannt, dass die mit Zuma befreundete Gupta-Familie Einfluss auf seine Politik genommen hatte. Die E-Mails belegen nun, wie sehr die indische Unternehmerfamilie den südafrikanischen Präsidenten und einige seiner Minister kontrollierte: Ihre Macht reicht demnach bis in die Vorstandsetagen staatlicher Konzerne. Die Zeitungen City Press und Sunday Times enthüllten auch, dass Präsident Zuma offenbar plante, sich nach Ende seiner Präsidentschaft nach Dubai abzusetzen. Das hatten die Guptas mit ihren guten Beziehungen eingefädelt.
Ruhesitz Nkandla
In einer E-Mail bedankt sich Präsident Zuma beim Kronprinzen von Abu Dhabi, General Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan, für dessen Gastfreundschaft während eines zurückliegenden Aufenthalts und teilt ihm seine Absicht mit, die Vereinigten Arabischen Emirate zu seinem Zweitwohnsitz zu machen. Das steht in einem von Zuma unterzeichneten Brief.
Präsident Zuma käme die Übersiedelung nach Dubai gelegen, denn so würde er einer möglichen rechtlichen Verfolgung entgehen, die ihm nach Ende seiner Immunität drohen könnte. Sein einziger Ruhesitz sei Nkandla, sagte Zuma. Auch diese Residenz wird mit Korruption in Verbindung gebracht. Zuma ließ sie mit öffentlichen Geldern ausbauen, die er per Gerichtsbeschluss zurückzahlen muss. Doch seinen Weggang aus Südafrika hält der politische Kommentator Daniel Silke jetzt für undenkbar. „Es ist keine durchführbare Exitstrategie. Unabhängig davon, ob die E-Mail echt ist: Die Tarnung ist aufgeflogen.“
Die jetzt geleakten E-Mails zeigen auch, wie der Bergbauminister Mosebenzi Zwane 2015 in sein Amt kam: Zwei Monate bevor Zuma ihn einsetzte, war sein Lebenslauf an die Guptas zur Begutachtung geschickt worden. Die E-Mails liefern Belege, dass die Guptas häufig Kabinettsmitglieder und Unternehmensbosse kauften, indem sie ihnen Reisen, Aufenthalte in exklusiven Hotels in Dubai und Fahrten in Luxuskarossen finanzierten.
Trotz der Beweise will der ANC den Präsidenten offenbar nicht vorzeitig abberufen, denn am Ende des Jahres findet die ANC-Wahlkonferenz statt, die einen neuen ANC-Parteiführer und damit den Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2019 wählen wird. Laut einer gerade veröffentlichten Umfrage wünschen zwei Drittel der registrierten Wähler den Rückzug Zumas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“