Politische Einflussnahme in Österreich: Petzen beim Herrn Papa

Ein FPÖ-Politiker intervenierte nach einem Anruf seines Sohnes bei einem Vortrag in der Schule. Der Fall wird zum Politikum.

Ein Mann, Roman Haider

Hat offensichtlich im Parlament zu wenig zu tun: FPÖ-Mann Roman Haider Foto: Imago / Elbner Europa

WIEN taz | Handy raus, Beschwerde an den Politiker-Papa geschickt und vorbei war der Schulvortrag zu Extremismus. Zu unliebsam waren dem Sohn eines FPÖ-Abgeordneten Äußerungen zur Partei seines Vaters. Dieser intervenierte daraufhin beim Direktor. Dass Unterricht jedoch nicht „durch Anrufe oder sonstige Interventionen von Dritten“ – auch nicht von PolitikerInnen – abgebrochen werden darf, hat jetzt der Landesschulrat von Oberösterreich bestätigt.

Anfang März hielt der Extremismusexperte Thomas Rammerstorfer im Fach Politische Bildung vor 70 SchülerInnen der Maturaklassen eines Linzer Gymnasiums einen Vortrag. Thema: „Extremistische Herausforderungen in Österreich“. Bis plötzlich der zuständige Lehrer zum Direktor gerufen wurde. Dieser musste den Unterricht beenden und die Diskussion abbrechen.

Ein Schüler hatte via Handy seinen Vater, den FPÖ-Landtagsabgeordneten Roman Haider, eingeschaltet. Haider, der auch als Elternvertreter im Kollegium des oberösterreichischen Landesschulrat sitzt, hatte daraufhin beim Schulleiter interveniert. Sein Sprössling hatte sich nämlich darüber empört, dass Burschenschaften im Zusammenhang mit extremistischen Gruppen erwähnt wurden.

MitschülerInnen halten dagegen: Der Experte, der auch Finanzreferent der Grünen in der Stadt Wels ist, habe äußerst objektiv berichtet und betont, dass nicht alle Burschenschaften als rechtsextrem einzustufen seien. Er sei auch auf Linksextremismus und religiös begründeten Extremismus eingegangen.

Online-Meldestelle eingerichtet

Für die FPÖ sieht objektiver Unterricht jedoch anders aus. Die Partei, die seit vergangenem Jahr in Oberösterreich als Ju­nior­partner mit der ÖVP regiert, richtete nach dem Eklat eine Online-Meldestelle ein. Dort können Beschwerden über Fälle von vermeintlichen Verstößen gegen Objektivität im Unterricht eingetragen werden.

Zu Recht, sagt FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner: Es könne nicht sein, dass „Kinder von FPÖ-Funktionären mit Tränen in den Augen von der Schule heimkommen“, weil ein „Agitieren gegen die FPÖ auf der Tagesordnung steht“.

Landesschulrat

„Dem Abbruch ging eine klare Einflussnahme der FPÖ voraus und er war laut Landesschulrat nicht zulässig.“

Die Landes-SPÖ wiederum findet einen solchen digitalen Pranger unfassbar und fühlt sich „stark an vergangene schreckliche Zeiten erinnert“. Birgit Gerstorfer, Vorsitzende der SPÖ Oberösterreich, wollte eine Grundsatzentscheidung zur Intervention und wandte sich daher an den Landesschulrat. Der legte jetzt seinen Bericht vor.

Darin heißt es: „Dem Abbruch ging eine klare Einflussnahme der FPÖ voraus und er war laut Landesschulrat nicht zulässig.“ Ausgenommen seien Situationen, in denen die Sicherheit der Beteiligten gefährdet sei oder in denen strafrechtliche Tatbestände einen sofortigen Abbruch bedingen würden. Gerstorfer geht davon aus, dass „dem massiven Versuch der parteipolitischen Einflussnahme der FPÖ damit ein Riegel vorgeschoben wurde“. Die Grünen fordern nun den Rücktritt Roman Haiders aus der Elternvertretung.

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