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Politische Aktionen bei Hertha BSCKniefall und #FreeDeniz

Sportlich läuft es nicht so richtig bei der Hertha BSC. Stattdessen engagiert sich der Hauptstadtklub im Stadion für gesellschaftliche Belange.

Gibt's jetzt auch bei Hertha Foto: dpa

Auf den ersten Blick ist es wie so oft bei der Hertha. Wenn man sein Gedächtnis nach bemerkenswerten Momenten der Hinrunde durchforstet, findet man dieselbe Leere vor wie sie meist im Olympiastadion herrscht, wenn etwa zur Europa League angepfiffen wird. War da irgendwas? Gewonnen hat man so oft wie verloren, Treffer hat man so viele erzielt wie Gegentreffer erhalten. Man war besser als Köln, aber schlechter als Östersund. Mit dem Ball hat man sich und das Publikum häufig gequält und ohne recht tapfer dagegen gehalten.

Aber zweimal hat es der Klub doch bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. Mit dem Können der Profis hatte das eher nichts zu tun, aber irritiert hat es doch gewaltig. Huch, was ist denn plötzlich mit der Hertha los?

Mitte Oktober, der erste Paukenschlag: Ein Kniefall des gesamten Teams vor dem Anpfiff. So einer wie ihn drüben die amerikanischen Sportler als Protestzeichen gegen Rassismus und die Politik Trumps etabliert haben. Und alle blickten verwundert auf diesen aus dem Nichts geborenen Politverein, der zuvor jegliches politisches Statement mied.

Diese Woche folgte der zweite Streich. Über die LED-Werbetafel am Spielfeldrand, wo sonst Sponsorenlogos von Coca-Cola, der Deutschen Bahn und der AOK entlang flimmern, ließ Hertha den Hashtag „#FreeDeniz“ wandern, um die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel zu fordern. Parallel twitterte der Berliner Klub: „Für uns ist jeder Tag ein Tag der Menschenrechte. Für Freiheit. Für Gleichheit. Für Meinungs- und Pressefreiheit.“

Schon fast friedensnobelpreisverdächtig

Eine gute Sache freilich. Ein Fußballklub, der gar für die Gleichheit so im Allgemeinen kämpft, das ist schon fast friedensnobelpreisverdächtig. Was hat jedoch den Verein zu diesem medial gut inszenierten Politaktivismus getrieben? Diese Frage stellt sich schon, nachdem man sich jahrelang mit Schweizerischer Penetranz als Neutrum in politischen Fragen präsentierte.

Die Glaubwürdigkeitslücke bei Hertha ist noch recht groß. Schließen könnte Hertha diese Kluft in der Vorbereitung auf die Rückrunde mit einer #FreeDeniz-Kampagne in der Türkei. Andernfalls sind die politischen Forderungen auf den Werbetafeln im Olympiastadion nicht mehr als eine Imagekampagne in eigener Sache.

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5 Kommentare

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  • Zum Jubiläum von Trainer, Pál Dárdai, der am Sonntag zum 100. Mal als Bundesliga-Coach am Spielfeldrand stand, haben die Spieler bzw. die Helden von Berlin ein großes Herz gezeigt und zu zehnt Leipzig auswärts geschlagen.

     

    Das ist toll!

     

    Aber noch besser und wichtiger sind politische Aktionen für Menschenrechte von der Mannschaft der Herzen!

  • !Nie wieder - Erinnerungstag im deutschen Fußball

     

    Am 27.01.18 jährt sich der Befreiungstag des Konzentrationslagers Auschwitz zum 73. Mal. Die Vereine im Deutschen Fußball werden allen Opfern und Beteiligten wieder gedenken.

     

    //http://www.herthabsc.de/de/intern/nie-wieder-erinnerungstag-2017/page/12291--17--.html#.Wjb5NVKZauI

     

    Es ist sehr wichtig, dass Fußballer und die ganzen Mannschaften wie Hertha BSC sich gesellschaftlich engagieren. Denn sie genießen hohe Aufmerksamkeit seitens der Öffentlichkeit und der Gesellschaft. So kann sehr viel Gutes eher und schneller vollbracht werden.

     

    Berlin ist einzigartig und muss zur Hauptstadt für Menschenrechte in der Welt gekürt werden! Dafür muss noch viel geleistet werden. Aber nicht der Löb und Anerkennung sind das Wichtigste. Die Welt zu verändern und zu verbessern und einfach Menschen dabei zu helfen, das ist Ansporn und Motivation zugleich.

     

    Der Weg ist das Ziel!

  • Es ist sehr gut und sehr wichtig, dass Hertha den aktuellen Trend im Fußball mitgestaltet, ganz im Sinne vom DFB.

     

    Im Sommer 2018 werden turnusgemäß die Weltspiele des Fußballs ausgerichtet. Doch um sportliche Aspekte allein drehen sich die Vorbereitungen auf die "Auswärtsfahrt" nach Russland nicht. Große Sportveranstaltungen besitzen immer auch eine politische Dimension. Auswärtige Fans, die berichtenden Medien und teilnehmenden Verbände wissen um das politische Risiko der Instrumentalisierung.

     

    Eine Fußball-Weltmeisterschaft und die damit verbundene massive internationale Aufmerksamkeit bieten jedoch auch immer wieder Chancen: Hinweise auf Einschränkungen der Menschenrechte, der Blick auf eine vielfältige und komplex strukturierte Gesellschaft und nicht zuletzt das Ereignis selbst - als Ort interkultureller Begegnung. Der DFB hat bereits angekündigt, seine "Positionen auch in den Menschenrechtsfragen deutlich [zu] hinterlegen" sowie den Austausch mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zu suchen.

    http://www.bfv.de/cms/der-bfv/bezirke/2017_205304_mfr_diksussionsrunde_mit_dfb-praesident_216483.html

  • DFB-Kulturstiftung fördert Kongress "Fußball und Menschenrechte"

     

    "Fußball und Menschenrechte" - ein Thema, das immer wieder diskutiert wird. So berichtete Olliver Tietz, Geschäftsführer der DFB-Kulturstiftung, für DFB.de. In der "Stadt der Menschenrechte" diskutierten auf Einladung der Akademie für Fußballkultur gut 100 Teilnehmer aus Verbänden, Vereinen, Fanarbeit, NGOs und Menschenrechtorganisationen ausführlich ein breites und spannendes Themenspektrum.

     

    Am 10. Dezember 1948 verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die bis heute unverändert gültige Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In den 30 Artikeln der Erklärung kommt der Sport nicht explizit vor. Den Sport, erläuterte in Nürnberg Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, UN-Sonderbotschafter für Religions- und Gewissensfreiheit, hätten die Verfasser der Menschenrechtserklärung unter dem in Artikel 27 verankerten Recht des Menschen "am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen" subsummiert. So war das damals. Doch seitdem hat der Sport und am meisten der Fußball enorm an Bedeutung gewonnen und ist häufig zumindest beteiligt, wenn politische, soziale oder kulturelle öffentliche Debatten geführt werden.

    https://www.dfb.de/news/detail/dfb-kulturstiftung-foerdert-kongress-fussball-und-menschenrechte-138685/?no_cache=1

  • Fußball und Menschenrechte

    Fußball und Menschenrechte? Geht das zusammen? Nicht immer. Ist doch der mutmaßlich beliebteste Sport des Planeten eher dafür bekannt, Menschenrechte mit Füßen zu treten: Inakzeptable Arbeitsbedingungen auf WM-Baustellen und in der Sportartikelindustrie, Stadien als Horte für Rassismus, Sexismus und Homophobie und ein übersteigertes Leistungsdenken, das auf Schwächere nun gar keine Rücksicht nimmt. Stimmt schon.

    „Der Fußball“ kann aber auch anders: Zahlreiche Initiativen, Fangruppen und Vereine engagieren sich rund um Bundesliga und Amateurfußball, um dieses negative Image nachhaltig zu revidieren. Das aktuelle Eintreten für Flüchtlinge ist hier nur ein Beispiel. Einige verbinden ihre Arbeit bereits konkret mit den Menschenrechten - trotzdem glauben wir: Es geht noch mehr. Deshalb möchte die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur Aktive aus dem Fußball und der Menschenrechtsarbeit zusammen bringen um aktuelle Problemfelder aufzuzeigen und herauszufinden, welches Potential eine Verbindung beider Bereiche birgt.

    http://www.fussball-kultur.org/veranstaltung/event/fussball-und-menschenrechte/?cHash=f323cd7482a21907fe37729f895638e4