Politikwissenschaftler über Mali: „Deutschland muss präsent bleiben“
Christian Klatt ist als Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako gegen einen Abzug der Bundeswehr aus Mali. Doch der Einsatz müsse evaluiert werden.

taz am Wochenende: Am Mittwoch führt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Gespräche zur Zukunft des französischen Einsatzes in Mali. Auch in Deutschland diskutiert man über einen Abzug, die Bundeswehr ist dort präsent. Herr Klatt, was spricht für die Bundeswehr in Mali?
Christian Klatt: Es spielt eine wichtige Rolle, dass Deutschland weiter präsent ist. Bei der MINUSMA ist eines der entscheidenden Mandate der Schutz der Zivilbevölkerung, ein UN-Mandat, das losgelöst von der gesamten französischen Debatte besteht. Das muss man trennen. Zudem kreiert die Präsenz deutscher Militärs zwei Realitäten: Ein Interesse in Deutschland an Mali, das für das Land förderlich ist, weil man auf einer guten partnerschaftlichen Ebene zusammenarbeiten und Dinge erreichen kann; und natürlich das Gewicht im Gespräch mit den malischen Partnern. Deutschland wird als Partner weiterhin sehr geschätzt. Ein Abzug würde bedeuten, dass man Einfluss verliert bzw. die Möglichkeiten, Mali zu unterstützen.
Was spricht gegen die Bundeswehr in Mali?
Ich bin definitiv auf der Seite, dass man bleiben sollte. Natürlich sollte man das evaluieren. Es muss Veränderungen geben und eine Diskussion stattfinden, aufgrund der Lage – wir haben zwei Militärputsche innerhalb eines Jahres gesehen. Und dann ist da natürlich die Frage nach dem bisherigen Erfolg: Was hat es gebracht, Militärs auszubilden? Wie erfolgreich war das? Und wie erfolgreich war die UN-Mission? Ich glaube, für beide Missionen kann man Erfolge nachweisen. Sie könnten aber deutlich größer sein.
Wie wird in Mali darüber diskutiert?
Wenig. Viel aufgegriffen wird der anti-französische Diskurs. Der wird ja auch sehr gut von der Übergangsregierung genutzt, kristallisiert durch Premierminister Choguel Maïga. Die Menschen diskutieren aber nicht darüber, ob wir überhaupt ausländische Truppen haben wollen. Das ist jetzt die Situation in Bamako. Aus anderen Landesteilen hört man, dass man auch die positiven Auswirkungen der Missionen sieht. Und entsprechend fragt man sich schon, was danach kommen soll, wenn sie durch andere ersetzt werden. Etwa russische Ausbilder oder Söldnertruppen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier