Politikstil von US-Präsident Trump: Was wir von Donald lernen können
Mit Donald Trump ist die Welt keine bessere geworden. Doch der Pöbel im Weißen Haus beweist auch: „Eine andere Welt ist möglich“.
D er Mann ist eine Katastrophe, ja. In weniger als zwei Jahren hat Donald Trump die Welt in tiefe Verunsicherung gestürzt, Krisen angeheizt, BündnispartnerInnen brüskiert, Handelskonflikte angezettelt. Die Welt ist mit dem Präsidenten Trump eine andere geworden. Keine bessere.
Rasant hat er mit den Gewissheiten der herkömmlichen Weltordnung aufgeräumt. Er hat die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und die Nahostkrise angeheizt. Der nordkoreanische Despot Kim Jong Un ist für die USA plötzlich keine Unperson mehr. Ein bizarrer Frieden ist besser als ein möglicherweise ausufernder Krieg. Aber trotz Schulterschluss zwischen den Staatschefs bleibt die Lage beunruhigend.
Denn Trump ist unberechenbar. Das Treffen der G7 hat er per Twitter erledigt. Früher diente der Gipfel von sieben Staats- und Regierungschefs dazu, die Geschlossenheit der westlich orientierten Industrienationen zu demonstrieren. Das war einmal.
Ungewiss ist auch, was mit der Nato wird. Trump will eine gigantische Aufrüstungsspirale in Gang setzen. Unklar auch, ob die Welthandelsorganisation und damit das jetzige Welthandelssystem überlebt. Nach den Zöllen auf europäischen Stahl und Aluminium sollen jetzt auch Zölle auf spanische Oliven kommen.
So einfach, die Welt aus den Angeln zu heben
Trump führt vor, wie fragil als unumstößlich geltende Institutionen und Standards sind. In und außerhalb der USA. Er feuert Leute, die ihm nicht passen. Er zerstört Reformprojekte seiner Vorgänger. Proteste, schlechte Presse und Schmähungen sind ihm egal. Diplomatische Gepflogenheiten ignoriert er. Das Koordinatensystem verrutscht, mühsam ausgehandelte Lieferquoten und Normen mit Handelspartnern werden obsolet.
Hoffentlich wird der Präsident mit seinem Vorhaben, der Welt seine Regeln aufzuzwingen, krachend scheitern. Doch selbst wenn das der Fall sein wird, hat er eine enorme Dynamik in Gang gesetzt.
Frappierend ist: Trump lehrt uns, dass es so einfach sein kann, die Welt aus den Angeln zu heben. Die Richtung, in die Trump will, führt ins Dunkle. Aber: Wo es einen Weg in die eine Richtung gibt, gibt es auch einen in die andere. „Eine andere Welt ist möglich“, ist die Losung globalisierungskritischer Organisationen wie Attac. Trump demonstriert auf fatale Weise, dass das stimmt.
Ist eine andere Welt möglich, dann auch eine bessere: mit Frieden statt Aufrüstung, Gerechtigkeit statt Ausbeutung, ökologischem Wirtschaften statt Umweltzerstörung. Und nicht erst in 153 Jahren im 22. Jahrhundert, sondern hier und jetzt. Die Umverteilung von Reichtum in Deutschland, der EU und dem Rest der Welt könnte Gesellschaften entstehen lassen, in denen alle genug zum Leben haben.
Angeblich gibt es keine Alternative
Trumps Wüten zeigt uns, dass es an der Zeit ist, grundlegend umzusteuern. Ist es wirklich sinnvoll, dass sich ein exklusiver Club von sieben Staatenlenkern darüber unterhält, wie man am besten weiter gemeinsam die übrige Welt ausplündert?
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Ist es nicht Zeit für die Überführung der Nato in ein neues System der kollektiven Sicherheit, das auf Abrüstung und Entspannung setzt? Und will jemand allen Ernstes behaupten, dass jetzige Welthandelssystem wäre gerecht oder würde gegen den Klimawandel wirken?
Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks erklären die Mächtigen der westlichen Welt, dass es keine Alternative zum Kapitalismus und zum eingeschlagenen Weg gibt: Damit Staaten wettbewerbsfähig sind, kürzen sie Sozialleistungen, schaffen Regeln für Unternehmen ab, privatisieren staatliche Leistungen.
Das ist das Credo der Neoliberalen, das in die Hirne und Herzen weit über den kleinen Kreis der AnhängerInnen dieser Weltanschauung Einzug gehalten hat. Das Postulat der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher „There is no alternative“ – es gibt keine Alternative – ist zur Leitlosung der westlichen Welt geworden. Jahrzehnte schien es so, als könne Politik nur in Nuancen verändert werden.
Linke können was von Trump lernen
Viele Menschen haben zu Recht genug von dieser Welt, sie sehnen sich nach einer anderen. Es ist eine Katastrophe, dass sich diese Sehnsucht im rechten politischen Spektrum artikuliert. Zu viele Menschen setzen – nicht nur in den USA – auf Trump oder auf Rechtspopulisten, damit sich die Dinge ändern. Und sie erleben jetzt, dass sich die Dinge mit Trump tatsächlich ändern. Er liefert. Leider.
Für Linke und Fortschrittliche ist Trump kein Vorbild. Dennoch können sie etwas von ihm lernen: Politik kann etwas verändern. Aber das braucht Mut, und es ist mitunter sehr mühsam. Wer etwas verändern will, muss auch bereit sein, sich mit mächtigen Interessengruppen anzulegen.
Vor allem: Menschen wollen eine echte Alternative zum Bestehenden, nicht nur kleine Abweichungen. Eine echte Veränderung ist nicht die Einführung eines Rechts auf die Rückkehr zur Vollzeit für Teilzeitbeschäftigte oder die Abschaffung des Solidaritätszuschlags.
Da muss es schon mehr geben, zum Beispiel eine radikale Arbeitszeitverkürzung für alle oder ein bedingungsloses Grundeinkommen, das den Menschen Existenzängste nimmt. Wenn es solche Angebote nicht von links gibt, gehen zu viele zu denen, denen sie die Veränderung der Welt zutrauen.
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