Polenfeindlichkeit in Görlitz: Distanz zum Nachbarn gewünscht
Der Brückenpark zwischen Görlitz und Zgorzelec kommt vorerst nicht zustande. Vor allem AfD-Mitglieder sammelten Unterschriften dagegen.
DRESDEN taz | Görlitz ist die östlichste Stadt Deutschlands, der östlich der Neiße gelegene Teil der Stadt wurde durch die Grenzziehung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg abgetrennt und bildet seitdem die eigenständige polnische Stadt Zgorzelec. Deshalb hat sich Görlitz seither als Brückenkopf nach Osteuropa verstanden.
Die Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2010, wobei Görlitz damals gegen den Mitbewerber Essen unterlag, fußte wesentlich auf diesem Verständigungsgedanken. Eine neue Fußgängerbrücke mit einem fast zwei Kilometer langen Brückenpark an beiden Ufern sollte Görlitz mit Zgorzelec verbinden. Doch Widerstände der AfD, ein Bürgerbegehren und die Fördermittelpolitik des Bundes haben eine Realisierung dieses Projekts vorerst verhindert.
Ideen für einen grenzüberschreitenden Uferpark existieren bereits seit den 1990er Jahren. Im November 2013 verständigten sich die Stadträte von Görlitz und Zgorzelec auf das Grundkonzept und seine Umsetzung. Ein Jahr später fasste der Görlitzer Stadtrat einen Grundsatzbeschluss zur Errichtung der neuen Fußgängerbrücke am Lindenweg. Veranschlagt waren lediglich Eigenmittel in Höhe von 180.000 Euro, es winkte eine 90-prozentige Förderung durch ein Städtebauprogramm des Bundes.
Gegen diesen Beschluss startete die nicht im Stadtrat vertretene AfD ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid über den Brückenbau herbeizuführen. Initiator Detlef Renner legt zwar Wert darauf, dies als Privatperson getan zu haben. Doch es waren vor allem AfD-Mitglieder, die mehr als die doppelte Zahl der erforderlichen 2.295 Unterschriften sammelten. Welche antipolnischen Ressentiments hinter dem Bürgerbegehren stecken, zeigt ein satirischer Beitrag des Bloggers Mike Altmann. Die Brücke nutze nur den „Polacken“, die dann mit den geklauten deutschen Sachen schneller zu Hause seien.
Fördermittel gekürzt
Das Argument, die Stadt solle ihren Mittelanteil sinnvoller einsetzen, hält CDU-Stadtrat und Landtagsmitglied Octavian Ursu für fadenscheinig. Allein die notwendige Fluchttreppe an der Musikschule habe 300.000 Euro gekostet. Der Bund kam nun den Brückengegnern ungewollt zu Hilfe. Görlitz wird sozusagen für seine relativ solide Haushaltsführung bestraft. Je weniger Kassenkredite, desto niedriger der Fördermittelanteil, sodass die Stadt nur noch mit einer Zweidrittelförderung rechnen kann und ihren Eigenanteil auf 600.000 Euro erhöhen müsste. Der Stadtrat hob deshalb Ende März seinen Brückenbeschluss vorläufig auf.
Über das Ziel-3-Programm der EU zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit will man nun zumindest eine 80-prozentige Förderung erreichen. „Wir können nicht mit unserer Rolle als Europastadt werben und uns dann ablehnend verhalten“, so Octavian Ursu. Man müsse über das Vorhaben besser informieren und über die Sicherheitslage besser aufklären, um Bauchgefühle zu korrigieren.
Auch der Linken-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Mirko Schultze glaubt an die Lernfähigkeit der Görlitzer. Er unterscheidet zwischen aufgeklärteren Innenstädtern und den Bewohnern der Plattenbauten. Man müsse auch anerkennen, dass die Drogenkriminalität ein Stammtischthema sei. „Wenn aber erst einmal Park und Brücke da sind, werden sie den Bau als den ihren verteidigen.“
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