Hochwasser in Sachsen: Kurze Warnfristen halfen nicht
Das Erzgebirge, die Lausitz und die Grenzgebiete der Nachbarländer wurden überraschend von Hochwasser heimgesucht. Zehn Tote im Dreiländereck.
"Das Wasser kam so schnell, dass wir kaum etwas retten konnten!" Dies berichteten übereinstimmend Hochwasseropfer im Osterzgebirge und im Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße. Ein überraschend aufgetretenes Hochwasser in mehreren Flüssen hatte im Dreiländereck von Deutschland, Polen und Tschechien bis zum Sonntagnachmittag insgesamt zehn Tote gefordert.
In Neuenkirchen im Chemnitzer Erzgebirgsvorland ertranken drei ältere Menschen, als sie Habseligkeiten aus dem Keller retten wollten. In Tschechien kamen vier Menschen durch Überschwemmungen ums Leben, drei weitere Menschen wurden vermisst. In der Region um die polnische Stadt Bogatynia hinter der deutschen Grenze ertranken zwei Frauen. Die Stadt war am Sonntag von der Außenwelt abgeschlossen. Ein Feuerwehrmann wurde in Radomierzyce von den Fluten mitgerissen.
An der Neiße in Sachsen wurden rund 1.500 Einwohner evakuiert. Hubschrauber retteten fünf schwimmende Personen aus den Fluten. Ein "meteorologisches Kuriosum" sei für die überraschenden Starkniederschläge verantwortlich gewesen, sagte Andreas Kunze, Sprecher des sächsischen Umweltministeriums. Ein schmaler heftiger Regenstreifen habe sich hartnäckig und wider Erwarten lange entlang der Neiße und der Oder gehalten. Trotz der nach der Flutkatastrophe von 2002 verkürzten Informationsfristen sei eine rechtzeitige Warnung deshalb nicht überall möglich gewesen, so Kunze. In Görlitz stieg der Pegel in der Nacht zum Sonntag in fünf Stunden um mehr als vier Meter.
Der Regen und das starke Gefälle in Gebirgsgegenden trugen dazu bei, dass vor allem schmale Nebenflüsse in kurzer Zeit extrem anschwollen. In Zittau stieg das Flüsschen Mandau heftig, aber relativ kurz an.
Am Sonntag begannen hier bereits die Aufräumarbeiten. Kunze sagte, als ein Glücksfall müsse noch gelten, dass die Flutwelle in der Neiße bei Zittau nicht gleichzeitig mit dem Wasser zusammentraf, das sich zuvor vom Bruch des polnischen Staudamms des Witka-Flusses in die Neiße ergossen hatte und die Lage in Görlitz dramatisch verschärfte.
"So schlimm haben wir das noch nie erlebt", sagen alte Görlitzer. Der Spitzenpegel in Görlitz von 7,20 Meter ging am Sonntag langsam und schwankend zurück. Die Stadt wurde am Sonntag auch von Katastrophentouristen belagert, mit deren Disziplinierung die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk ebenfalls beschäftigt waren. Im stromabwärts gelegenen Bad Muskau wurde am Sonntag mit dem Abbau einer Brücke begonnen, um einen Stau der Wassermassen zu verhindern. Im Osterzgebirge verwüstete die Kirnitzsch, die in Bad Schandau in die Elbe fließt, ihr malerisches Tal. Der Zugverkehr nach Prag wurde unterbrochen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte sein für heute geplantes Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Jerzy Miller in Zgorzelec ab.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) besuchte am Sonntag das Katastrophengebiet. Er zeigte sich mit der Arbeit der Einsatzkräfte zufrieden. Dennoch hätte man lernen müssen, "dass die Natur alle menschliche Vorsorge übertreffen kann", erklärte Tillich.
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