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Podcast über WohnungspolitikWarum ist Wohnen so teuer?

Der Podcast „Teurer Wohnen“ stellt kritische Fragen zum Thema Wohnraum. Die Antworten sind komplex, aber gut nachvollziehbar aufbereitet.

Denn der Haifisch, der hat Zähne Foto: Rolf Zöllner/imago

Wer durch Berlin spaziert, begegnet ihnen immer wieder: großen Gruppen Menschen, die sichtlich unruhig und genervt vor einem Hauseingang stehen. Mal sind es ein paar Dutzende, mal hunderte Menschen, die darauf warten, für wenige Minuten durch eine Wohnung geschubst zu werden – in der Hoffnung, ein neues Zuhause zu finden.

Wer gerade nicht auf Wohnungssuche ist, kann erleichtert an diesen Gruppen vorbeiziehen. Doch selbst wer einmal eine Mietwohnung gefunden hat in Berlin, darf sich nicht sicher fühlen.

Das bekommt auch Heiko zu spüren. Heiko wohnt seit Jahren gemeinsam mit seinem Ehemann Olli in einem Haus an der Ecke Wieland-/Pestalozzistraße in Berlin-Charlottenburg. Es ist ihre erste gemeinsame Wohnung. Den beiden gefällt es dort, sie fühlen sich zu Hause.

Doch dann kauft der Projektentwickler Diamona & Harnisch das Haus. Er beschließt, den Nachkriegsbau abzureißen und Luxuswohnungen zu errichten. Eigentlich sollte so etwas in Berlin, einer Stadt mit einem eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum, gar nicht möglich sein.

Der Podcast

„Teurer Wohnen“ (RBB & Detektor FM), ab 19. 1. immer donnerstags neue Folgen, überall, wo es Podcasts gibt

Mit diesem „eigentlich“ beschäftigt sich der Podcast „Teurer Wohnen“, ein gemeinsames Projekt von Radioeins und Detektor.fm. In sieben Folgen will die Reporterin und Podcast-Host Charlotte Thielmann den Hö­re­r*in­nen am Beispiel Berlin erklären, wie bundesweite Wohnungspolitik funktioniert. Das Thema Wohnen ist in Deutschland mittlerweile zum Dauerkrisenthema geworden.

Wer zieht ein, wenn andere ausziehen?

Seit Jahren steigen die Angebotsmieten – deutlich schneller als die Löhne. Viele Menschen können es sich nicht mehr leisten, in der Hauptstadt zu wohnen. Aber wieso eigentlich? Die Geschichte von Heiko ist ein gutes Beispiel. Seine Mietwohnung war in keinem desolaten Zustand – im Gegenteil. Kurz vor seinem Einzug 2013 wurde sie saniert.

Trotzdem beschloss Diamona & Harnisch zwei Häuser in der Wielandstraße und der Pestalozzistraße durch ein neues zu ersetzen – das ist eigentlich verboten. Doch durch den Neubau in Charlottenburg sind 11 neue Wohnungen entstanden, und wer Wohnraum schafft, für den gelten andere Regeln. Heiko hat von dieser Sache nichts, er und alle vorherigen Mie­te­r*in­nen haben ihre Wohnungen verloren.

Statt gut 8 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, die Heiko gezahlt hat, haben die Wohnungen nun teilweise einen Kaufpreis um die 5 Millionen Euro. Klar ist: An der Ecke Wieland-/Pestalozzistraße wird künftig eine andere Klientel wohnen. „Teurer Wohnen“ bleibt nicht bei Betroffenen-Geschichten stehen. In der zweiten Episode geht Thielmann der Frage nach, wer eigentlich einzieht, wenn Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt werden.

Der ehemalige „Tatort“-Kommissar Boris Aljinovic gibt sich als interessierter Käufer aus und lässt sich in einem Showroom von Diamona & Harnisch Luxuswohnungen zeigen. „Das Teil sieht aus wie ein Hotelzimmer, 5 Sterne“ schildert er später Thielmann. Aljinovic wird nicht in einer der Wohnungen einziehen.

Aber wer sind die künftigen Bewohner*innen? Wer kann es sich eigentlich leisten, ein Penthouse mit drei Balkonen in Berlin-Charlottenburg zu kaufen? Woher haben die Menschen ihr Geld? Wieso sind die Wohnungen überhaupt so teuer? Und wo landen eigentlich die Steuereinnahmen aus den Wohnungsverkäufen?

Viele Fakten und Zahlen

Die Antworten sind teilweise komplizierter als erwartet. Die Fülle an Fakten und Zahlen, die im Podcast erklärt werden, erfordern von den Hö­re­r*in­nen Konzentration. Ein Nebenbeihören ist kaum möglich. Doch abwechslungsreiche Soundscapes, verschiedene Perspektiven und ein angenehmer Soundtrack lockern den Siebenteiler auf, sodass man am Ball bleibt.

Auch wenn sich viel Geschildertes auf andere Großstädte übertragen lässt, ist „Teurer Wohnen“ vor allem ein Podcast für Berlin und Umgebung. In den ersten zwei Episoden, die der taz vorab zum Hören geschickt wurden, kommt die politische Verantwortung hinter dem desolaten Wohnungsmarkt noch relativ kurz.

Doch die fünf weiteren Folgen versprechen, tiefer einzusteigen und zu erklären, wie diese ganzen „Eigentlichs“ in Berlin zustande kommen. Gerade in den aktuellen Wahlkampfzeiten, in denen das Mietenthema mal wieder eher eine Randnotiz ist, dürfte das Hö­re­r*in­nen interessieren.

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6 Kommentare

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  • Warum Wohnen so teuer ist?

    - zu wenig Bauland



    - zu hohe Bodenpreise



    dass ein Grundstücksbesitzer das bestmögliche erzielen will, kann ich ja noch nachvollziehen. Dass aber eine Gemeinde auch den höchst möglichen Preis nimmt und für sozialen Wohnungsbau nur 50€/m² nachlässt ist unsozial.

    - zu hohe Auflagen beim bauen



    die ganzen Bauauflagen, Wärmeschutzverordnungen, Zwang zu mind. 15% regenerativen Energien (PV/Solar) sind zwar Umwelt-technisch gut, machen aber das bauen fast unbezahlbar.



    Warum kann man bei uns nicht auch die einfachen, aber gut wärmedämmenden Holzhäuser der Skandinavischen Ländern zulassen. Diese sind zum halben Preis realisierbar.

    - Verordnungsorgien



    Wer einmal gebt kennt es: Dutzende, teil völlig unnötige Verwaltungsakte, Genehmigungsverfahren die Monate lang dauern, Amtsrennereien. Für jeden Müllcontainer braucht es eine Aufstellgenehmigung, wenn er auf der Straße steht.

    - Steuern, Steuern Steuern



    Die Grundsteuer wird heftig steigen und letztlich Mietobjekte noch mehr verteuern.



    Die Grunderwerbssteuer ist bei den heutigen Bodenpreisen auch ein hoher Kostenfaktor.

    - Mietschutzgesetze als Baubremse



    Ja, ich bin für guten Mieterschutz. Im Besonderen wenn der Mieter schon viele Jahre zur Miete wohnt, sollte er einen sehr hohen Schutz genießen.



    Doch haben die vielen Auflagen und Urteile eher dazu geführt, dass die Privatbürger keine Mietwohnungen mehr bauen oder finanzieren. Weil es sich rein finanziell nicht mehr lohnt, weil ständig neue Urteile hohe Folgekosten bedeuten, aber auch weil Vermieter im öffentlichen Konsens immer öfter pauschal als Ausbeuter dargestellt werden.



    Wer mit Slogans wie "keine Rendite für Vermieter" wirbt, sollte auch mal erklären, wer jetzt eigentlich noch bauen sollte.

  • Warum ist Wohnen so teuer? Ganz einfach: weil ungeregelter Kapitalismus am Ende nur eines produziert, nämlich Wohnungsmangel und der Staat seit Jahrzehnten keinen nennenswerten Sozialwohnungsbau betreibt.

    Dazu kommt, dass seit der Bankenkrise 2008 und der jahrelangen Nullzinspolitik der EZB sehr viel zusätzliches Kapital als Anlage in den Immobilienmarkt geflossen ist, das vorher den Bereich weitgehend mied.

    Dazu kommt weiterhin, dass Bauland nicht beliebig vermehrbar ist, und die EU mit Flora-Fauna-Habitat hier deutliche Grenzen zog.

    Und dann greifen wieder die Marktmechanismen des Kapitalismus: teures Grundstück bedeutet später teuren Verkaufspreis pro Einheit/qm2. Was wird da wohl eher entstehen - haufenweise preiswerte und kleine Wohnungen, oder Wohnungen für den gehobenen Geldbeutel? Natürlich letzteres.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Ihrer Theorie folgend hätte es in der ehemaligen DDR keine Wohnungsnot gegeben. Hat es aber sehr massiv, wie in fast jedem Nicht-kapitalistischen Land auch.

  • 6G
    666757 (Profil gelöscht)

    Einfache Antwort:



    weil viel zuviele in die eigene Tasche wirtschaften und den Reichen weiterhin Dinge ermöglicht werden, die auf keine Kuhhaut mehr gehen!



    Misswirtschaft ohne Ende!

    Hauptsache die Kohle stimmt für verschiedene Leute, die ohnehin den Hals nicht voll kriegen!

  • "Warum ist Wohnen so teuer?"

    Weil es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt; eigentlich eine Binse. Und durch weitere, im Nachhinein sich möglicherweise nicht immer als rechtskonform exekutierte Regelungen entsteht nicht eine neue Wohnung!

    In den 60ern und 70ern ging das noch, das mit dem preiswert und zielgruppenspezifisch neu bauen. Ok, das Märkische Virtel, die Gropiusstadt und die Thermometersiedlung in Lichterfelde (um mal im ehemaligen Westen der Stadt zu bleiben) sind vielleicht nicht gerade Nobeladressen: Aber aus damaligen Fehlern sollte man lernen können, es besser machen;

    statt den bestehenden Mangel nur weiter zu verwalten zu regulieren.

    • @Sutrebe68 :

      Die Binse ist aber falsch!



      Es mangelt kaum an Wohnraum.



      Stattdessen sehen wir hier krasser Marktversagen, ach ne: Marktfunktionieren eher.



      Also: wenn die Nachfrage das Angebot übertrifft, dann steigt der Preis.



      Theoretisch sinkt dann die Nachfrage, und der Markt gleicht sich aus.



      Nur ist die Nachfrage nach Wohnen unflexibel, sie kann nicht sinken, weil jeder Wohnen muss.



      Also steigt der Preis weiter.



      Und weil clevere Investoren wissen, dass die Nachfrage nicht sinken kann, kaufen sie Wohnungen - und verknappen das Angebot.



      Also verstärkt sich das Ungleichgewicht, und der Preis steigt weiter...



      Also:



      Der Markt ist kein geeignetes Regulierungsinstrument für die Verteilung von Wohnungen. Er braucht zumindest eine starke Regulierung.



      Deswegen ist das Ungleichgewicht inzwischen auch Politikversagen.



      Denn Bauen ist kein Lösungsansatz, erst recht nicht, da durch Deregulierung ein paar Prozent zu sparen!