piwik no script img

Plenarsitzung im AbgeordnetenhausDeckel drauf – aber welchen?

Die Diskussion über die neuen Ideen zum Mietendeckel führt im Parlament zu heftigen Angriffen, aber nicht zu mehr Aufschluss über seine Form

Die Debatte um den Mietendeckel beschäftigte am Donnerstag das Abgeordnetenhaus

Es ist ein warmer Vormittag, auch im klimatisierten Abgeordnetenhaus, über 30 Grad sollen es draußen sein. Doch die Debatte um den Mietendeckel hätte sich auch im tiefsten Winter erhitzt. Zu konträr sind die Positionen, zu weit weg voneinander. Persönlich wird es stattdessen – der CDU-Redner bekommt zu hören, er sei Lobbyist, Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher von der Linkspartei hingegen wird aus CDU-Sicht mal als gescheiterte Senatorin bei Wikipedia zu finden sein. Vier Tage nach Bekanntwerden der neuesten Ideen zum Mietendeckel findet der zuvor via Medien ausgetragene Streit darüber am Donnerstag face to face statt.

Und da sind die Reihen der rot-rot-grünen Koalition wesentlich geschlossener als bei den Äußerungen der vergangenen Tage, in denen SPDler und Grüne Kritik am Lompscher-Vorstoß äußerten. Zu diversen Forderungen aus der Opposition, auf Abstand zu Lompscher zu gehen, sagt nun SPD-Mietenexpertin Iris Spranger: „Wir in der SPD-Fraktion und in der rot-rot-grünen Koalition wollen einen Mietendeckel.“ Mietenwahnsinn könne man nicht länger dulden.

Das stand auch eigentlich nicht in Frage, zumal die SPD sich bereits im Frühjahr grundsätzlich zum Mietendeckel bekannte. Unruhe auch in der Koalition hat die konkrete Form dieses Deckels verursacht – aus dem ursprünglichen geplanten Einfrieren der Mieten für fünf Jahre ist im Lompscher-Plan ein Absenken auf eine Höchstmiete von 7,97 Euro geworden.

Verschiedene Deckel

Immerhin ein bisschen lässt Sprangers Rede durchblicken, dass die SPD andere Vorstellungen hat. „Wir geben doch nicht den Mietendeckel auf, nur weil ein Papier aus dem Arbeitsprozess an die Presse gegangen ist“, sagt sie. Was sich so verstehen ließ wie: Der Deckel ist ganz was anderes.

CDU-Wohnungsexperte Christian Gräff wiederum spricht von „Linkspopulismus“ und attackiert die Stadtentwicklungssenatorin: „Ihnen Frau Lompscher geht es darum die Stadt zu spalten.“ Dafür musste er sich von der Koalition die Frage anhören, ob er da gerade als Abgeordneter oder als bezahlter Lobbyist des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer gesprochen habe. Der CDUler ist seit Juni dort Präsident.

Die FDP-Fraktion wiederum distanziert sich in einer Extra-Wortmeldung vom Immobilienkonzern Deutsche Wohnen. „Ich möchte entschieden den Vorwurf zurückweisen, dass wir die Handlanger der Deutsche Wohnen sind“, sagt Fraktionschef Sebastian Czaja.

Die AfD-Fraktion hingegen drängt darauf, sich so wenig wie möglich einzumischen: „Wenn die Verwaltung und die Politik nicht im Weg stünden, würden hier in zwei Jahren 100.000 Wohnungen entstehen.“ Für Katrin Schmidberger von den Grünen geht die Debatte komplett am Thema vorbei: „Nicht der Mietendeckel ist das Problem für unsere Stadt, sondern die steigenden Mieten.“ Außerdem gebe es nicht nur einen Deckel, „es gibt verschiedene Modelle“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Zitat: „Nicht der Mietendeckel ist das Problem für unsere Stadt, sondern die steigenden Mieten.“

    Darauf ein entschiedenes: „Jein!“

    Vor den Erfolg, das wusste schon Calderón 1645, haben die Götter den Schweiß gesetzt. Die steigenden Mieten mögen ein Problem vieler (Möchtegern-)Berliner sein. Der Mietendeckel allerdings ist auch ein Problem. Er ist das Problem derer, die das Mietwachstum im Namen der genervten (Möchtegern-)Berliner begrenzen wollen.

    Es gibt tatsächlich „verschiedene Modelle“. Gäbe es nur eins, wäre alles einfacher. So aber muss gewählt werden. Und das ist schwer für Leute, die wenig Ahnung haben und auch keine große Neigung verspüren, sich mühsam-langwierig welche anzueignen. Vor allem, wenn sie fürchten müssen, nachher abgestraft zu werden für ihre Wahl.

    Wenn Iris Spranger den Mietendeckel „nicht auf[geben]“ will, nur weil „ein Papier aus dem Arbeitsprozess an die Presse gegangen ist“, ehrt sie das. Man sollte ja zu seinen Fehlern stehen. Wobei ich mich schon frage, wieso diese „Expertin“ die Kolition nicht rechtzeitig besser beraten hat. Hat man sie nicht gefragt? Ich finde, sie kann froh sein, dass die Presse Wind bekommen hat von dem Papier. Nicht auszudenken, wenn es so unfertig, wie es noch ist, zur Abstimmung gelangt wäre.

    Was aber Christian Gräff angeht, erinnert der mich an die Zeit, in der ich noch im Kindergarten meiner Mutter erleben durfte, wie ein Rotzlöffel auf einen anderen gezeigt und der Kindergärtnerin gepetzt hat: „Der da hat angefangen!“ Meist war das eine dreiste Lüge. Es war das, was solche Menschen als Erwachsene „Vorwärts-Verteidigung“ nennen.

    Geteilt wurde Berlin zuletzt von denen, die Leute aus ihren Wohnungen drängen, wenn sie nicht genug zahlen für den Quadratmeter. Ohne deren Selektion müsste die rot-rot-grüne Regierung nun gar keine Schadensbegrenzung betreiben, könnte also auch nichts falsch machen. Aber Rechtspopulismus hat ja grade Konjunktur, richtig, Herr Präsident? Und außerdem geht er ja immer.