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Plenardebatte im AbgeordnetenhausKrachende Ansichten

Im Parlament streiten CDU, SPD und Opposition über ein Böllerverbot und Lehren aus der Silvesternacht.

Im Abgeordnetenhaus ging es am Donnerstag unter anderem um ein Böllerverbot. Das ist in der Koalition weiter umstritten Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin taz | So wichtig an diesem Donnerstagvormittag die Debatte um die Silvesternacht, die Böllerei und die zahlreichen Attacken auf Polizisten auch sein würde: Zu Sitzungsbeginn im Abgeordnetenhaus war erst mal interessant, wo die SPD-Fraktion ihren Neuzugang Sebastian Schlüsselburg im Plenarsaal platzieren würde. Der war am Dienstag den Sozialdemokraten beigetreten und hatte sein Lichtenberger Parlamentsmandat mitgebracht, das er 2023 noch für die Linkspartei gewonnen hatte.

Die hatte er im Oktober verlassen, nachdem sie sich nicht ausreichend von Antisemitismus auch in den eigenen Reihen abgrenzen und für konsequente Strafverfolgung aussprechen mochte. Was von der Pressetribüne nicht zu sehen war, berichteten Fraktionsmitarbeiter den Journalisten dort: In der hintersten Reihe fand die SPD einen Platz für Schlüsselburg.

Am Rednerpult stand für die SPD zum Silvester-und-Böller-Thema einer, der selbst mal von einer anderen Partei kam und dort eine führende Rolle gespielt hatte: Martin Matz war einst Abgeordneter der FDP und sogar in deren7151 Bundesvorstand, bevor er 2005 zur SPD kam. Dort wurde er Stadtrat, Staatssekretär und 2023 erneut Mitglied des Abgeordnetenhauses.

Wie schon nach Silvester 2022 ging es um die Frage, welche Lehren zu ziehen sind. Die AfD hatte das Thema der Aktuellen Stunde bestimmen dürfen und es so betitelt: „Sichere Grenzen und echte Strafen statt Krawall-Silvester und Kuscheljustiz“. Die heftigste Kritik an dieser Wortwahl kam von einem, der bis August 2023 noch der AfD angehörte: „Dahinter verbirgt sich etwas Faschistoides“, sagte der fraktionslose Abgeordnete Antonín Brousek, was hätten sichere Grenzen mit Silvester in Berlin zu tun? „Das ist auf niedrigstem populistischem Niveau.“

Spranger: Berlin soll selbst entscheiden dürfen

Offen blieb weiter, welche Regeln künftig gelten. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) warb erneut dafür, dass die Bundesländer über eine sogenannte Öffnungsklausel selbst über ein Böllerverbot bestimmen können. CDUler Burkard Dregger hingegen bezweifelte, dass sich ein solches Verbot umsetzen ließe: Wenn die Polizei sich auch um bislang legales Böllern etwa in einer Kleingartenanlage kümmern müsste, „wären unsere Personalressourcen in den Brennpunkten geschwächt“.

Richtung Grüne und Linkspartei sagte Dregger: Es habe keinen Sinn, „die Tatsache zu leugnen, dass es überwiegend männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund sind“, die Regeln nicht anerkennen. Matz vom Koalitionspartner SPD sah das nur teilweise so: Ein Problem mit jungen Männern? „Ja, das ist so“, sagte er. Aber das zeige sich „mit und ohne Migrationshintergrund“.

Vasili Franco schließlich drängte für die Grünen auf ein Böllerverbot: Unverständlich sei es, an Silvester zu erlauben, „was an 364 Tagen im Jahr zu Recht nicht erlaubt ist“.

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1 Kommentar

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  • Also ich verstehe die Diskussion um das Für und Wider eines Böllerverbotes nicht.



    Jedes Jahr immer wieder das Gleiche: Tausende zum Teil schwerverletzte Menschen, die Unfallkrankenhäuser müssen die ganze Nacht durchoperieren, um abgrissene Finger, Hände zu retten, Gesichts - und Augenverletzungen zu operieren, und jedes Jahr gibt es auch Tote, diesmal waren es wohl 5.



    Warum jedesmal dieser Blutzoll, warum beschränkt man sich nicht auf professionell durchgeführte Feuerwerke bzw Lichtshows mit Lasern oder Drohnen?