Plattform für Filmklassiker: Was schaut Martin Scorsese gerne?
Die Kinos sind immer noch geschlossen, aber die VOD-Plattformen noch lange nicht erschlossen. Der tazplan empfiehlt die gut kuratierte „La Cinetek“.
N ichts beschlossen, dafür viel gemahnt: Greifbares kam bei den jüngsten Corona-Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs nicht heraus. Immerhin war die Tendenz sehr deutlich, auch wenn Kultureinrichtungen in der Pressekonferenz dann nur mit einem Nebensatz gestreift wurden: Wahrscheinlich ist es nicht, dass die Kinos im Dezember wieder öffnen können. Was vorerst bleibt, sind weiterhin die Streaming-Tipps.
Eine schöne (auch auf Deutsch verfügbare) Video-on-Demand-Plattform ist „La Cinetek“. 2015 haben die französischen Regisseur*innen Pascale Ferran, Laurent Cantet und Cédric Klapisch sie dem Ziel entwickelt, dem Publikum vor allem Filmklassiker ans Herz zu legen. Ungewöhnlich ist, dass sie dafür viele Kolleg*innen in aller Welt als „Kurator*innen“ gewonnen haben, die ihnen Listen ihrer Lieblingsfilme zur Verfügung stellen, um deren Akquise man sich bemüht (www.lacinetek.de).
So empfiehlt der Regisseur Olivier Assayas den wunderbaren Stummfilm „L’hirondelle et la mésange“ von André Antoine, der – in der Entstehungszeit 1920 vom Produzenten als zu unkommerziell verworfen und nicht fertiggestellt – erst Mitte der 1980er Jahre in einer Fassung des französischen Schnittmeisters Henri Colpi das Licht der Kinoprojektoren erblickte.
Die „Schwalbe“ und die „Meise“, das sind zwei Lastkähne, mit denen ein Kapitän gemeinsam mit Frau und Schwester durch die Flüsse und Kanäle Flanderns in Richtung Nordfrankreich unterwegs ist. Die Handlung tritt zurück zugunsten eines quasi-dokumentarischen Blicks auf das Leben der Lastenschiffer und die Orte und Landschaften, die sie mit ihrer Fracht durchqueren.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Was schaut Christian Petzold?
Was schaut der Berliner Regisseur Christian Petzold gern? Offenbar Ingmar Bergmans Drama „Die Zeit mit Monika“ (1953), in dem der schwedische Regisseur die Geschichte eines jungen Paares erzählt, dessen Beziehung den Belastungen des Alltags nicht standhält.
Dem Leben als Ehefrau und Mutter kann die mit einem unbedingten Freiheitswillen ausgestattete Monika (Harriet Andersson) nämlich nichts abgewinnen. Monika ist zweifellos eine der faszinierendsten Figuren in Bergmans Universum: ebenso asozial wie rebellisch und erotisch.
Und die US-amerikanische Regie-Legende Martin Scorsese? Der schickte gleich zwei Listen, eine „formelle“ und eine „alternative“ sowie einen Brief, in dem er seine Auswahl erläutert. Den britischen Regisseur Michael Powell und dessen Filme liebt Scorsese bekanntlich besonders.
Kein Wunder, dass auch „Peeping Tom“ (1960) zu seinen Empfehlungen gehört, jener stilbewusste Thriller um einen jungen Mann (Karlheinz Böhm), der Frauen mit einem Kamerastativ ermordet und dabei ihre Todesangst filmt. Heute ein Klassiker, in der Entstehungszeit aufgrund des Themas derart gehasst, dass der Film Powells Karriere beinahe ruinierte.
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