Planhauptstadt Nusantara: Indonesische Vertrauenskrise

Indonesien baut sich eine völlig neue Hauptstadt: Nusantara. Intransparente Rücktritte beim Megaprojekt wecken jetzt das Misstrauen der Bevölkerung.

Indonesiens Präsident Joko "Jokowi" Widodo am Mittwoch auf der Baustelle seines Palastes, in dem er im Juli einziehen will.

Indonesiens Präsident Joko „Jokowi“ Widodo am Mittwoch auf der Baustelle seines Palastes, in dem er im Juli einziehen will Foto: Vico/Indonesian President Palace/ap

BERLIN taz | So ein Schock: Rund zehn Wochen vor der geplanten Eröffnung von Indonesiens neuer Hauptstadt Nusantara sind deren oberster Berhördenchef Bambang Susantono und sein Vize Dhony Rahajoe am Montag völlig überraschend und ohne Angaben von Gründen zurückgetreten. Die beiden erfahrenen Technokraten waren die zentralen Personen bei der Realisierung des ehrgeizigen Milliardenprojektes in Borneo.

Zwar hat der im Oktober aus dem Amt scheidende Staatspräsident Joko „Jokowi“ Widodo, der sich mit der Stadt ein Denkmal setzt und sie am Nationalfeiertag 17. August feierlich eröffnen will, bereits am Mittwoch kommissarisch neue Behördenleiter ernannt.

Doch schweigen auch er und seine Regierung sich weitgehend über die Gründe für die Rücktritte aus. Widodo sprach nur von „persönlichen Gründen“. Aber das zwei Führungspersonen kurz vor der Eröffnungs gleichzeitig aus privaten Gründen abtreten klingt dann doch sehr merkwürig. Deshalb wird seitdem über die womöglich wahren Gründe viel spekuliert. Nicht wenige vermuten, dass dahinter massive Probleme des Prestigeprojektes 1350 Kilometer nordöstlich der bisherigen Hauptstadt Jakarta stecken. Wird jetzt alles viel teurer? Wird Nusantara gar zur Bauruine?

Zur Beruhigung erklärte Widodo am Mittwoch in Nusantara, wo er ein Wasserreservoir einweihte, dass er selbst sogar schon im Juli sein neues Büro auf der Großbaustelle beziehen wolle. Den Hauptstadtumzug begründet er stets damit, dass Jakarta durch das Abpumpen von Grundwasser absinkt und die dortige Infrastruktur völlig überlastet sei. Der für August geplante Umzug der ersten Tausend Beamten in die für perspektivisch zwei Millionen Bewohner geplante neue Hauptstadt war schon von August auf September verschoben worden.

Präsident Widodo: 1. Bauphase schon zu 80 Prozent fertig

Bisher half Widodos Hinweis wenig, dass die erste Bauphase schon zu 80 Prozent abgeschlossen sei. „Wir kennen die Hintergründe [der Rücktritte] nicht, und das allein ist schon ein Grund zur Beunruhigung, weil das auf einen Mangel an Transparenz hindeutet, der sehr nachteilig für das Investitionsklima rund um das Megaprojekt sein kann“, kommentierte die Jakarta Post.

Bisher litt der Bau Nusantaras, das 2045 zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeit gänzlich fertig und einmal vollständig klimaneutral sein sein soll, an Kritik von Umweltschützern und indigenen Landrechtsaktivisten, am Streit um Eigentumsformen und vor allem an ausbleibenden privaten Investitionen aus dem In- und Ausland.

Von den in der ersten Bauphase veranschlagen Kosten der künftigen „green and smart city“ von umgerechnet 35 Milliarden US-Dollar sollen nur 20 Prozent aus der Staatskasse kommen, lautet Widodos Versprechen. Doch bisher gab es diese Investitionen kaum.

„Der gleichzeitige Rücktritt des Behördenchefs und seines Stellvertreters deuten darauf, das die Finanzierung der neuen Haupstadt in ernsten Probleme steckt,“ vermutete Bhima, Yudhistira, der Direktor des Zentrums für Wirtschaftliche und Rechtliche Studien (Celios) in Jakarta, laut dem Onlinedienst des Magazins Tempo in einer Online-Diskussion. „Weil wir kein Geld auftreiben und derzeit nur auf den Staatshaushalt zurückgreifen können, ist dies ein großer Druck.“

Angeblich steht ein Großinvestor bereit

So wenig transparent Widodos Umgang mit den Rücktritten ist, so offenherzig gibt er sich plötzlich im Umgang mit potenziellen Investoren. So plauderte er jetzt auf einmal davon, dass die Regierung sich mit dem Konzern Emaar Properties aus den Vereinigten Arabaischen Emiraten über Investitionen in Nusantara schon fast einig sei. Emaar steckt hinter dem Burj Khalifa in Dubai, dem höchsten Gebäude der Welt.

„Ich will es nicht erwähnen, weil ich noch nicht unterzeichnet habe, aber die Investition ist wirklich groß,“ sagte er laut Tempo ohne weitere Details zu nennen. Doch dieser merkwürdige Umgang mit ungelegten Eiern bei fortgesetzter Intransparenz dürfte die durch die Rücktritte ausgelöste Vertrauenskrise eher noch verstärken.

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