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Pläne von neuer WirtschaftsministerinJa zu Gas, nein zur Atomkraft

Kurz nach ihrem Amtsantritt als Bundeswirtschaftsministerin macht Katherina Reiche eine erste öffentliche Bestandsaufnahme – und fordert neue Gaskraftwerke.

Das Gaskraftwerk Linden ist ein mit Erdgas befeuertes Heizkraftwerk in Hannover Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Gmund dpa | Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert den schnellen Zubau von neuen Gaskraftwerken in Deutschland. „Wir brauchen flexible Gaskraftwerke, die dann Strom liefern, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Und das brauchen wir schnell“, sagte die CDU-Politikerin auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee.

Es sei daher wichtig, „dass wir ganz schnell in die Ausschreibung von mindestens 20 Gigawatt Gaskraftwerken gehen, um die Versorgungssicherheit in unserem Land hochzuhalten“.

Wie wichtig derartige Gaskraftwerke seien, habe jüngst der Stromausfall auf der iberischen Halbinsel gezeigt, sagte Reiche. Um dies auch hinsichtlich der Kosten realisieren zu können, brauche es „langfristige Gaslieferverträge“ und einen Realitätscheck der Energiewende. Dabei müsse geklärt werden, ob der Zubau in den vergangenen Jahren ideal sei „oder haben wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien die Systemrisiken und Systemkosten vergessen“.

„Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat uns beim Ziel der Klimaneutralität vorangebracht“, sagte Reiche. Er habe aber auch Systemkosten kreiert, etwa Netzausbaukosten, Kosten für Netzengpässe und für Kohle- und Gaskraftwerke, die jetzt aufgeschlüsselt werden müssten. „Das wird eine meiner ersten Maßnahmen sein. Wir brauchen eine Art Monitoring und Sich-Ehrlich-Machen über den Stand der Energiewende.“

Energiepreise senken und „immer auf Kosten achten“

Um der Wirtschaft in Deutschland neuen Schwung zu verleihen, werde die neue Bundesregierung auch an die Strompreise rangehen: „Wir müssen die Stromsteuer senken, wir müssen die Gas-Speicher-Umlage senken, wir brauchen einen Industriestrompreis, wobei ich sagen muss, dass das in Europa ein dickes Brett ist, das wir bohren“, sagte Reiche. Die Vielfalt der erneuerbaren Energien müsse genutzt werden, „aber wir müssen immer auf die Kosten achten“.

Eine Rückkehr zur Kernenergie, wie sie auch CDU und CSU noch im Wahlkampf lautstark gefordert hatten, schloss Reiche dagegen aus. „Der Ausstieg ist vollzogen.“ Der Wiedereinstieg würde nicht nur Geld erfordern, sondern auch nicht mehr vorhandenes Vertrauen der Unternehmen, die das machen sollten. Hinzu komme, dass es nach wie vor schwierig sei, in Deutschland für die Kernenergie einen gesellschaftlichen Konsens hinzubekommen. Die Chance für eine Rückkehr zur Atomkraft sei in der Energiekrise vertan worden und „wir müssen mit der Situation jetzt leben“.

Auch brauche die auf Export ausgerichtete deutsche Wirtschaft dringend neue Freihandelsabkommen, um den Welthandel zu schützen. „Das heißt, wir müssen mit Chile, mit Mercosur, mit Indien, mit Australien und mit Mexiko in die entsprechenden Freihandelsverträge kommen. Und ich sage ausdrücklich, wir brauchen auch die Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Reiche.

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13 Kommentare

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  • Was ich noch vergessen hatte: wir brauchen Gaskraftwerke auch für die Netzstabilität um Trägheit und Regelenergie zu haben. Und um black-outs wie in Spanien letzthin zu vermeiden. Auch hier wäre FuE angesagt um evtl Alternativen (die natürlich wirtschaftlich sein müssen) zu finden.

  • Hilft alles nix, solange wir nicht gigantische Akku-Stromspeicher oder ähnliches haben, werden wir solche schnell regelbaren Ersatzkraftwerke brauchen, möglichst aber bitte immer mit: 1.Abwärmenutzung für Heizzwecke und 2.Sehr flexibel darin welches Gas genutzt werden kann, also auch für Biogas (=überwiegend ja auch Methan) aus Abfällen, Abwässern, sonstigen Reststoffen sowie Wasserstoff welcher aus regenerativem Stromüberschuss hergestellt werden kann. Zusätzlich auch noch Anlagen für Pyrolysegas aus Kohle für den größten energietechnischen Notfall einplanen, also wenn mal wieder kriegsbedingt kein Erdgas importiert werden kann und die regenerativen Alternativen nicht ausreichen.

  • Da hat sie sich aber jetzt geschickt herausgeredet mit der Atomkraft. Ob das der Oberbayer aus Franken so akzeptieren wird?

    • @vieldenker:

      Sie weiß, wovon sie redet, und der Marcus weiß, wo er sich eine blutige Nase holt.

  • In Deutschland ist halt kaum was an Gas zu holen und dafür viel an Natur zu zerstören. Super. Sich-Ehrlich-machen…

  • "und fordert neue Gaskraftwerke....."



    schon witzig, waren es doch die Gaskraftwerke, die über das Merit Order Prinzip die allgemeinen Stromkosten haben explodieren lassen. Aber so ist das wohl wenn der die das Minister/in von der Materie keine Ahnung hat.... bei der nächsten Gaspreissteigerung schlägt das dann noch mehr durch....

    • @nutzer:

      Hmmm. Sie meinen, die bisherige Chefin des größten Netzbetreibers des Landes hätte keine Ahnung von Strompreisen und Strommix? Dünnes Eis.

      • @Normalo:

        erstaunlich, ist aber so.

        • @nutzer:

          und vielleicht hat sie ja Ahnung von der Materie, die Frage ist aber welche Prio`s hat sie.

    • @nutzer:

      Ach, Nutzer.. der Plan mit den Gaskraftwerken stammt noch von Habeck. Und sie hatten recht, auch Habeck hatte von der Materie wenig bis keine Ahnung und hat daher auch das nicht auf die Reihe bekommen. Wenn wir keine Kohle mehr verstromen wollen , dann ist Gas die einzige Alternative um Strom auch zu Zeite von Dunkelflauten erzeugen zu können. Und diese Flauten können drei Wochen oder mehr dauern. Eine Speichertechnologie die diese Energiemengen auch nur halbwegs wirtschaftlich aufnehmen könnte gibt es derzeit nicht. Dazu käm,dass der zu speichernde Strom auch erst erzegigt werden müsste, plus Speicherverluste, wofür wir noch weitaus mehr Wind und PV bräuchten. Und die Gaskraftwerke werden teuer weil sie nur kurze Zeit laufen, aber betriebsbereit gehalten werden müssen. Das ist alles eine lose- lose situation in die uns diese von absoluten Amateuren entworfene Energiewende gebracht hat. Wenn schon Energiewende, dann muss diese sorgfältig und von Experten geplant werden. Ich bin sehr für eine Selbstversorgung, auch um due Abhängigkeit von wenig wünschenswerten Partnern wie USA, Qatar, Aserbeidschan usw möglichst niedrig zu halten. aber so gehts halt nicht.

      • @Gerald Müller:

        was hat Habeck, damit zu tun? Wenn unser Freund Donald oder sonstwer sich künftig entscheidet am LNG Preis zu drehen, schlägt dies wieder voll auf den Strompreis durch und der geht dann durch die Decke. Um nichts anderes geht es. Das ist ein systemimmanter Zusammenhang. Nicht mehr und nicht weniger.



        Die Frage ist, wie bekommt man beides, Netzsicherheit und Gasabhängigkeit unter einen Hut?

  • Netzausbaukosten haben auch etwas mit Politik zu tun:



    Wenn Bayern faktisch Windkraft im eigenen Bundesland fast unmöglich macht und gleichzeitig Freileitungen ablehnt, wird es eben teuer. Und wenn Bayern teure Erdkabel will, wollen die anderen Bundesländer - wie z.B. Niedersachsen - sie auch auf ihrem Gebiet.



    Die Mehrkosten sollte man den Bayern in Rechnung stellen.



    Da müsste die Bundesregierung zuerst einmal ein ernstes Wort mit der bayerischen Landesregierung reden ... oder Bayern vom übrigen deutschen Stromnetz abkoppeln ;-)

    • @e2h:

      Schlechter Zeitpunkt, hat Bayern doch faktisch ein Vetorecht in dieser Regierung.