Pläne von neuer Wirtschaftsministerin: Ja zu Gas, nein zur Atomkraft
Kurz nach ihrem Amtsantritt als Bundeswirtschaftsministerin macht Katherina Reiche eine erste öffentliche Bestandsaufnahme – und fordert neue Gaskraftwerke.

Es sei daher wichtig, „dass wir ganz schnell in die Ausschreibung von mindestens 20 Gigawatt Gaskraftwerken gehen, um die Versorgungssicherheit in unserem Land hochzuhalten“.
Wie wichtig derartige Gaskraftwerke seien, habe jüngst der Stromausfall auf der iberischen Halbinsel gezeigt, sagte Reiche. Um dies auch hinsichtlich der Kosten realisieren zu können, brauche es „langfristige Gaslieferverträge“ und einen Realitätscheck der Energiewende. Dabei müsse geklärt werden, ob der Zubau in den vergangenen Jahren ideal sei „oder haben wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien die Systemrisiken und Systemkosten vergessen“.
„Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat uns beim Ziel der Klimaneutralität vorangebracht“, sagte Reiche. Er habe aber auch Systemkosten kreiert, etwa Netzausbaukosten, Kosten für Netzengpässe und für Kohle- und Gaskraftwerke, die jetzt aufgeschlüsselt werden müssten. „Das wird eine meiner ersten Maßnahmen sein. Wir brauchen eine Art Monitoring und Sich-Ehrlich-Machen über den Stand der Energiewende.“
Energiepreise senken und „immer auf Kosten achten“
Um der Wirtschaft in Deutschland neuen Schwung zu verleihen, werde die neue Bundesregierung auch an die Strompreise rangehen: „Wir müssen die Stromsteuer senken, wir müssen die Gas-Speicher-Umlage senken, wir brauchen einen Industriestrompreis, wobei ich sagen muss, dass das in Europa ein dickes Brett ist, das wir bohren“, sagte Reiche. Die Vielfalt der erneuerbaren Energien müsse genutzt werden, „aber wir müssen immer auf die Kosten achten“.
Eine Rückkehr zur Kernenergie, wie sie auch CDU und CSU noch im Wahlkampf lautstark gefordert hatten, schloss Reiche dagegen aus. „Der Ausstieg ist vollzogen.“ Der Wiedereinstieg würde nicht nur Geld erfordern, sondern auch nicht mehr vorhandenes Vertrauen der Unternehmen, die das machen sollten. Hinzu komme, dass es nach wie vor schwierig sei, in Deutschland für die Kernenergie einen gesellschaftlichen Konsens hinzubekommen. Die Chance für eine Rückkehr zur Atomkraft sei in der Energiekrise vertan worden und „wir müssen mit der Situation jetzt leben“.
Auch brauche die auf Export ausgerichtete deutsche Wirtschaft dringend neue Freihandelsabkommen, um den Welthandel zu schützen. „Das heißt, wir müssen mit Chile, mit Mercosur, mit Indien, mit Australien und mit Mexiko in die entsprechenden Freihandelsverträge kommen. Und ich sage ausdrücklich, wir brauchen auch die Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Reiche.
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