Pläne der Berliner Bildungsverwaltung: Förderung fällt weg

Die Senatsbildungsverwaltung will Förderstunden an Schulen streichen, um Leh­re­r:in­nen anderweitig einzusetzen. Der Ärger über die Pläne ist groß.

Das Bild zeigt Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch

Stundenwegfall als Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit: CDU-Senatorin Katharina Günther-Wünsch Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN taz | Berlin hat mit Leh­rer:­in­nen­man­gel zu kämpfen – und angesichts der neusten Maßnahmen der Bildungsverwaltung ist die Aufregung groß. Um ihrem Unmut dagegen Luft zu machen, wandten sich nun sogar alle Schulleiterverbände und der Landeselternausschuss gemeinsam mit einer Erklärung gegen die Pläne.

Konkret hatte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) angekündigt, dass gesonderte Förderstunden an Schulen für das kommende Schuljahr ausgesetzt werden. Das betrifft Wahlpflichtstunden und besondere Förderungsangebote – den sogenannten Profilbedarf II.

Damit sollen laut Verwaltung Stunden im Umfang von rund 300 vollen Stellen anders verteilt werden. Diese Lehrkraftkapazitäten sollen dann an sogenannten Brennpunktschulen eingesetzt werden, hatte die Senatorin den Schulen in einem Rundbrief vergangene Woche angekündigt. Welche Schulen genau betroffen sind und wer von der Umsetzung der Lehrkräfte profitieren soll, geht aus dem Schreiben nicht hervor.

Die Schulleitungen und El­tern­ver­tre­te­r:in­nen sehen das als faktische „Streichung“. „Wir können nicht erkennen, wie das Streichen von Lehrkräftestellen an allen Berliner Schulen eine Verbesserung für Schulen bewirkt, die personell unterausgestattet sind“, schreiben sie in ihrer Erklärung und fordern, die Stunden wie gehabt beizubehalten.

Warnung vor Lehrkräfteflucht nach Brandenburg

In der Streichung des Lehrangebots sehen sie keine wirkliche Umverteilung zugunsten der Brennpunkte. Es gehe hierbei mehr um finanzielle Einsparungen und um eine nur vermeintliche Verringerung des Lehrkräftemangels.

Ihre Vorhersage: „Auch diesmal werden die Be­wer­be­r:in­nen den Vorstellungen der Bildungsverwaltung nicht folgen, sondern Angebote aus Brandenburg und von Privatschulen annehmen, die ebenfalls händeringend Personal suchen.“ Es müssten vielmehr Wege gefunden werden, die Arbeit an „Schulen in besonders herausfordernder Lage“ attraktiver zu machen.

Die Schulleitungen kritisieren auch, dass es im Vorfeld keinerlei Gespräche mit den Schulen gab. Die Mitteilung der Senatorin fällt zudem in einen Zeitraum, in dem die meisten Schulen ihre Stundenpläne schon geschrieben und neue Einstellungen für das kommende Schuljahr schon vorgenommen haben.

Die Kürzungen betreffen die Lehrkräfte, die sogenannte Profilstunden geben. In Abhängigkeit von den bezirklichen Gegebenheiten können in diesen Stunden Schü­le­r:in­nen gezielt gefördert und zusätzliche Wahlpflichtkurse neben dem Standardangebot ermöglicht werden.

Sie bieten die Gelegenheit, sich intensiver mit einem speziellen Fachgebiet zu beschäftigen, das den Interessen und Begabungen der Schüler entspricht – und sie sind besonders für Schü­le­r:in­nen mit gesondertem Förderbedarf oder mit Schuldistanz wichtig. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnt die Kürzungen der Profilstunden deshalb strikt ab.

Bildungsverwaltung appelliert an Solidarität

Die Bildungsverwaltung verteidigte die Pläne. Es handele sich nicht um Sparmaßnahmen an Schülern. „Ganz im Gegenteil – mit der temporären Aussetzung des Profilbedarfs II decken wir verlässlich mehr vom regulären Unterricht für mehr Schülerinnen und Schüler ab“, betonte ein Sprecher.

Die Absicherung des regulären Unterrichts habe oberste Priorität. „Es ist auch keine Stundenstreichung, wir führen die Stunden wieder dem regulären Unterricht zu.“ Die Maßnahmen geschehen „im Sinne der Bildungsgerechtigkeit“ und der „Solidarität gegenüber den Kolleginnen und Kollegen“.

Als weitere Maßnahme hatte die Senatorin außerdem angekündigt, dass Re­fe­ren­da­r:in­nen in ihrer Ausbildung statt bisher sieben nun zehn Stunden pro Woche unterrichten sollen. Die GEW sieht mit der zusätzlich angekündigten Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der Lehr­amts­re­fe­ren­da­r:in­nen eine massive Verschlechterung der Ausbildungsbedingungen im Schulsystem.

„Die schulische Bildung wird immer schmalspuriger. Es fallen Bereiche weg, die Schü­le­r:in­nen konkret helfen oder die ihnen aufgrund ihrer Neigungen besonders liegen“, sagt GEW-Landeschef Tom Erdmann.

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