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Plädoyers im Mollath-ProzessEin „echter Mollath“ eben

Vor Gericht sagt Gustl Mollath nur wenig zu den Vorwürfen, die ihn Jahre in die Psychiatrie brachten. Dafür geißelt er die „Intrige“ gegen sich.

Ging am Freitag in die Offensive: Gustl Mollath. Bild: dpa

REGENSBURG taz | Gustl Mollath redet eine halbe Stunde. Doch dazu, was das Gericht wirklich interessiert, sagt er wenig. Ein „echter Mollath“ eben, wie sein Anwalt Gerhard Strate in der Verhandlungspause im Wiederaufnahmeverfahren seines Mandanten am Freitag bemerkt.

Eigentlich wollte sich Mollath am 15. Prozesstag erstmals zu den Vorwürfen gegen ihn äußern. In den sieben Seiten, die er vorträgt, kommen die aber kaum vor. Die Autoreifen, die er zerstochen haben soll, erwähnt er gar nicht. Zu der angeblichen Misshandlung seiner damaligen Frau, sagt er nur, ihre Verletzungen stammten nicht von ihm, sondern von einer gemeinsamen Autofahrt, bei der sie plötzlich aus dem fahrenden Wagen gesprungen sei.

Dafür legt Mollath ausführlich dar, wie seine Frau versucht habe, ihn „kostengünstig“ in der Psychiatrie zu „entsorgen“, weil er sie als „treuer Ehemann“ davon abbringen wollte, weiter illegal Schwarzgeld in die Schweiz zu bringen. Da sie heute als „Geistheilerin“ arbeite, so Mollath, deute viel darauf hin, dass „sie und nicht ich unter Wahnvorstellungen leiden könnte“.

Außerdem beschuldigte er Petra H., die ihn 2006 als beisitzende Richterin mit in die Psychiatrie brachte, selbst ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz zu haben. Weil sie das Mitte Juli im Prozess bestritt, will Mollath Strafanzeige gegen sie wegen Falschaussage erstatten. Auch will er neue Zeugen laden, die seine Aussagen bestätigen und die ihm einen gesunden Geisteszustand bescheinigen können.

Rosenkrieg oder Intrige?

Staatsanwaltschaft und Richter lehnen die Anträge ab. Welche Ausmaße die Schwarzgeldvorwürfe hätten, seien für das Verfahren nicht „relevant“. „Es geht um die Wiederholung einer früheren Hauptverhandlung, nicht um die Kritik an ihr“, sagt Staatsanwalt Wolfhard Meindl.

Das hätte Strate seinem Mandanten wohl gleich sagen können. Er stiert wie versteinert ins Leere, als Mollath seine Rede hält. Kurz sieht es so aus, als stehe der nächste große Krach zwischen Mollath und seinem Anwalt an. Doch die zwei „klären“ die Sache in der Pause.

Als Staatsanwalt Meindl sein Plädoyer hält, kann Mollath seine Augen kaum offen halten, so sehr hat ihn seine Rede angestrengt. „Geht es um einen Rosenkrieg oder geht es um eine Intrige?“, diese Frage schwebe über dem Prozess, sagt Meindl. Leider stehe „Aussage gegen Aussage“.

Meindl geht aber davon aus, dass Mollaths Exfrau ihre Vorwürfe nicht erfunden hat. Dass diese Mollath nur etwas „anhängen“ wollte, glaubt er nicht. Die Würgemale an ihrem Hals seien „lebensgefährlich“ gewesen. Wer würde sich das selbst zufügen, fragt Meindl. Ein Urteil wird kommende Woche erwartet. Ein Freispruch ist Mollath sicher – das gebietet schon das Verschlechterungsverbot im Strafprozess.

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4 Kommentare

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  • Ich habe gerade im neuen Artikel gelesen, dass Mollath damals schon frei gesprochen wurde wegen Schuldunfähigkeit - das war mir nicht klar. Ich bin von Einweisung wegen vermindert Schuldfähigkeit und bejahter Gefährlichkeit ausgegangen. Dann ist es natürlich richtig, dass er freigesprochen wird. Warum man dann aber überhaupt die Vorwürfe selber überhaupt groß thematisiert und ein Vier-Stunden-Plädoyer "für die Galerie" hält, verstehe ich nicht recht. Einzig erheblich für diesen Prozess war damit von Anfang an doch die Frage der Schuldfähigkeit, was doch recht schnell geklärt war durch die neuen Gutachten. Da soll Herr Mollath doch froh sein, dass das Gericht ihm noch etwas "Bühne" gegeben hat, um evtl. einen Freispruch "erster Klasse" zu bekommen.

    Das ändert natürlich nichts daran, dass das erste Verfahren eine Katastrophe für die Justiz und speziell für Mollath war.

  • Warum sollte "ein Freispruch sicher sein" wegen des "Verschlechterungsverbots im Strafprozess"?

    Gemeint ist wohl das Verschlechterungsverbot im Wiederaufnahmeverfahren. Das besagt aber nur, dass Mollath nicht wegen anderer Straftaten und generell auch nicht härter bestraft werden kann. Es gibt aber natürlich keinen Automatismus, dass jedes Wiederaufnahmeverfahren mit einem Freispruch enden muss "wegen des Verschlechterungsverbots". Hier werden zwei Dinge in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben. Ansonsten hätte sich der Staatsanwalt sein Plädoyer auch sparen können...

    Ob es einen kompletten Freispruch geben wird, hängt wohl einfach davon ab, ob das Gericht der Zeugin trotz Aussage-gegen-Aussage-Situation sicher glauben kann. Das dürfte offen sein - um das abschätzen zu können, müsste man wohl die genaue Aussage kennen.

    Dass Herr Mollath unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens mal besser freiwillig eine Therapie in Betracht ziehen sollte, zeigt aber sein Festhalten an unbewiesenen Verschwörungstheorien. Wenn er die beabsichtigte Strafanzeige gegen die Richterin stellt, kann er sich wohl schon mal auf ein weiteres Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung einstellen.

  • G
    Guest

    Die Schwarzgeldvorwürfe des Gustl Mollath gegen seine Ehefrau sind bis heute nicht bewiesen - aber viele Mollath-Anhänger halten daran fest, obwohl der Untersuchungsausschuß des bayrischen Landatages keinen Anhaltspunkt dafür fsetstellte:

    " Schlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bayerischen Landtags vom 10.7.2013:

    In dem Revisionsbericht der HVB gibt es „keine deutlichen Hinweise auf Steuerhinterziehung“. Schwarzgeld konnte durch die Revision nicht festgestellt werden. Der Bericht dreht sich vielmehr zentral um die Frage der Verletzung arbeitsvertraglicher Informations- und Verhaltenspflichten. Das zusammenfassende Ergebnis hat zu keinem Zeitpunkt einen Bezug zu dem Vorwurf der Steuerhinterziehung hergestellt.

    Weiter heisst es seitens der Steuerfahndung des Finanzamts Nürnberg-Süd:

    Mehrere Steuerpflichtige haben eingeräumt, über Anlagen in der Schweiz Kapitalerträge in einem niedrigen Bereich erzielt und nicht versteuert zu haben. Schwarzgeldverschiebungen, also der Transfer nicht-versteuerten Vermögens von Deutschland in die Schweiz, konnten bis heute nicht festgestellt werden."

    • @Guest:

      Warum halten die Mollath- Anhänger, von denen die meisten den HVB- Bericht kennen, daran fest ? Zum einen ist es für sie schwer nachvollziehbar, wie die Einweisung Mollaths so hahnebüchern vonstatten gehen konnte und zum anderen offenbart der Revisionsbericht die Verschlagenheit der beteiligten Bankangestellten.

      Derzeit kann man von einer vollen juristischen Ausreizung ausgehen, doch Mollaths Anhängern und ihm selbst könnte es zu verdanken sein, dass neue Fakten in Betracht kommen. Alle Anschuldigungen sind vom Tisch, halte ich für verfrüht.