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Plädoyer im „Tiergartenmord“-ProzessAnklage fordert lebenslange Haft

2019 wurde mitten in Berlin ein Georgier getötet. Täter sei ein Russe im Auftrag des Kreml gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Sie fordert die Höchststrafe.

Spurensicherung am Tatort im Kleinen Tiergarten in Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Berlin dpa/afp | Im Prozess um den mutmaßlichen russischen Auftragsmord im Kleinen Tiergarten in Berlin hat die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten gefordert. Der Anklagevertreter sah es Dienstag in seinem Plädoyer vor dem Berliner Kammergericht als erwiesen an, dass der Russe Vadim K. sein Opfer im August 2019 in dem Park erschossen hatte. Die Bundesanwaltschaft geht von einem von staatlichen Stellen in Russland organisierten Auftragsmord aus.

Der Angeklagte habe einem „staatlichen Tötungsauftrag“ Folge geleistet, sagte Bundesanwalt Nikolaus Forschner am Dienstag zum Auftakt seines Plädoyers vor dem Berliner Kammergericht. Hintergrund des Tötungsauftrages sei die „Feindschaft zum russischen Staat“ des Opfers gewesen, so Malskies.

Die höchste deutsche Anklagebehörde hatte den Fall wegen des vermuteten politischen Hintergrundes übernommen. Nach rund 14 Monaten Verhandlung und der Vernehmung von knapp 50 Zeugen sieht der Bundesanwalt die wesentlichen Vorwürfe der Anklage bestätigt.

Demnach reiste der angeklagte 56 Jahre alte Russe kurz vor der Tat von Warschau nach Berlin. Am 23. August 2019 näherte er sich gegen Mittag in der Parkanlage Kleiner Tiergarten auf einem Fahrrad dem Georgier und feuerte drei Schüsse auf das Opfer – zwei davon gezielt auf den Hinterkopf des Opfers. Zeugen sprachen von einer Hinrichtung.

Der getötete 40-Jährige, der seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland lebte, war von russischen Behörden als tschetschenischer Terrorist eingestuft worden. Nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft ist der Mann vor seinem Tod von bislang nicht ermittelten Helfern des Angeklagten beobachtet worden.

Der sogenannte Tiergartenmord-Prozess läuft seit Oktober 2020 vor einem Staatsschutzsenat des Berliner Gerichts unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Es ist noch unklar, wann das Urteil gesprochen wird. Möglich ist es noch vor Weihnachten. Es dürfte erhebliche Auswirkungen auf das deutsch-russische Verhältnis haben.

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