Urteil im Berliner Tiergartenmord-Prozess: Lebenslange Haft

Berliner Rich­te­r:in­nen haben einen Russen des Mordes an einem Georgier tschetschenischer Herkunft schuldig gesprochen. Der Kreml stecke hinter dem Anschlag.

Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal

Der Angeklagte wurde am Mittwoch zu lebenslanger Haft verurteilt Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN rtr/afp/dpa | Das Berliner Kammergericht hat im sogenannten Tiergartenmord-Prozess einen Russen des Mordes an einem Georgier schuldig gesprochen und ihn zu lebenslanger Haft verurteilt. Das verkündete der zuständige Richter am Mittwoch. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im Auftrag des russischen Staates gehandelt hat. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Bundesanwaltschaft. Der Fall könnte die ohnehin schwierigen diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland weiter belasten.

Die Richter erkannten zusätzlich auf die besondere Schwere der Schuld, was eine vorzeitige Haftentlassung praktisch ausschließt. Das Urteil entsprach der Forderung der Bundesanwaltschaft, die wegen der besonderen Bedeutung des Falls die Ermittlungen und die Anklage übernommen hatte. Nach Überzeugung der Behörde handelte es sich um einen Mordanschlag im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Die Verteidigung des Beschuldigten forderte Freispruch.

Bei dem Opfer handelt es sich um einen tschetschenischstämmigen Georgier, der nach Darstellung der Bundesanwaltschaft früher als Milizenführer während des zweiten Tschentschenienkriegs 2000 und 2004 gegen Russland kämpfte und von russischen Sicherheitskräften als Staatsfeind betrachtet wurde. Der Angeklagte ist demnach ein früheren Oberst des russischen Geheimdiensts FSB, der eigens für die Tat mit einer Aliasidentität über Umwege nach Berlin reiste.

Der Beschuldigte wurde unmittelbar nach dem Verbrechen am 23. August 2019 in der Nähe des Tatorts von Polizisten festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Auf das Opfer waren drei Schüsse aus einer Pistole mit Schalldämpfer abgegeben worden, vor der Tat hatte sich der Angeklagte laut Anklage dem Getöteten in dem Park im Zentrum von Berlin von hinten auf einem Fahrrad genähert.

Geheimagent des FSB?

Der Fall wurde vor einem Staatsschutzsenat verhandelt. Die Tat und die Ermittlungen dazu belasten das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland schwer. Nach der Tat wies die Bundesregierung als Reaktion zwei russische Diplomaten aus. Die russische Seite wies die Vorwürfe eines staatlichen Auftragsmords als haltlos zurück.

Nach Überzeugung der Richter handelt es sich bei dem Angeklagten um einen Offizier des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, dem weitere Auftragsmorde im Ausland zugeordnet werden. Für die Tat in Berlin soll er eine Scheinidentität bekommen haben.

Der Getötete sei insbesondere deshalb als Staatsfeind betrachtet worden, weil er im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft hatte. Der russischen Präsident Wladimir Putin hatte den ermordeten Georgier, der in der russischen Teilrepublik Tschetschenien auf Seiten der Separatisten gekämpft haben soll, einen „Banditen“ und „Mörder“ genannt.

Der kräftige, dunkelhaarige Beschuldigte selbst hatte zu Beginn des Prozesses über seine Anwälte erklären lassen, er heiße Vadim S., sei 50 Jahre alt und Bauingenieur. Verbindungen zum russischen Staat und dem Geheimdienst FSB bestritt er.

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