Pirat Schlömer schmeißt hin: Absehbarer Abschied

Bernd Schlömer steigt bei den Piraten aus. Als Parteichef hatte er zuletzt eine merkwürdige Figur abgegeben. Wird nun Marina Weisband die Retterin?

„Tschüss Piraten“, sprach Bernd Schlömer. Bild: dpa

BERLIN taz | Noch am Vorabend hatte Bernd Schlömer in seiner Online-Sprechstunde auf Zeit gespielt und der verunsicherten Basis angekündigt, er wolle im Urlaub „ernsthaft“ über seinen Rückzug von der Parteispitze nachdenken – am Dienstagmittag kam der Piraten-Chef sich selbst zuvor: „Tschüss Piraten“, twitterte er. „Das war es für mich. Ich ziehe mich zurück.“

Der Abschied war, trotz gegenteiliger Ankündigung, absehbar gewesen. Bernd Schlömer, Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium und seit gut vier Jahren im Bundesvorstand, hatte als Parteichef zuletzt eine merkwürdige Figur abgegeben: Einerseits betätigte er sich öffentlich als Motivationstrainer der Piraten und gab noch im August hochgegriffene Wahlziele aus - andererseits wirkte er nach monatelangen Machtkämpfen im Parteivorstand selbst längst angegriffen und deprimiert.

So kam die eigentliche Überraschung am Dienstag nach dem Wahldebakel von einer anderen Promi-Piratin. Die frühere Geschäftsführerin Marina Weisband ließ via Spiegel wissen: Sie erwäge beim Bundesparteitag Ende November eine neuerliche Kandidatur für den Parteivorstand. „Ich überlege es mir wirklich.“ Die Piraten hätten ja ohnehin„nichts mehr zu verlieren“. Allerdings müsse sich das Amt mit ihrem Beruf vereinbaren lassen, schränkte Weisband ein. Und: sie wolle nicht gegen die aktuelle Geschäftsführerin antreten.

Ob sich dieses Problem überhaupt stellt, ist aber ungewiss: Katharina Nocun, leidenschaftliche Datenschützerin und seit Mai politische Geschäftsführerin der Piraten, zeigte sich am Wahlabend unschlüssig, ob sie ein weiteres mal für die Führungsposition kandidieren werde. „Mal schauen“, sagte sie der taz am Rande der Wahlparty am Sonntag. Eigentlich müsse sie dringend ihre Masterarbeit fertig schreiben.

Chan Hin will weitermachen

Egal wie Nocun sich entscheidet: Dem personellen Neuanfang steht beim nächsten Piratenparteitag ohnehin nichts entgegen. Mit Parteivize Sebastian Nerz und den Beisitzern Markus Barenhoff und Klaus Peukert haben bereits drei weitere Vorstände angekündigt, nicht noch einmal anzutreten.

Christophe Chan Hin, als Kommunikationsdesigner für die umstrittene Wahlkampagne der Piraten mitverantwortlich und erst seit Mai im Vorstand, teilte auf Nachfrage hingegen mit, er stehe für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Der Mannheimer verriet auch gleich seine Wunschkonstellation für den künftigen Piratenvorstand: „Es ist Zeit für eine weibliche Spitze“, sagte Chan Hin der taz. Katharina Nocun und Marina Weisband hätten „unglaublich großen Zuspruch“ in der Partei und beide einen „tollen Job gemacht“.

Marina Weisband also, die Retterin der Piraten? Zumindest könnte die 25-Jährige ihrer Partei nach dem Absturz in die Kategorie der „Sonstigen“ helfen, nicht komplett aus der öffentlichen Debatte zu verschwinden. Denn Weisband ist nicht nur rethorisch talentiert, sondern hat auch jene innovative Kraft und charismatische Ausstrahlung, die den Piraten zuletzt unter dem eher spröden Vorsitzenden Bernd Schlömer fehlte

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