Pille danach in Frankreich kostenlos: Vorreiter in puncto Verhütung
Frankreich beschließt die kostenlose Pille danach für alle – unabhängig von ihrem Alter. In Deutschland sollte man sich ein Beispiel daran nehmen.
Frankreich beschließt, was in Deutschland noch undenkbar scheint: die kostenlose Pille danach. Und zwar für alle Altersgruppen, statt wie zuvor nur bis zum 26. Lebensjahr. Dieser Zusatz ist keine Randnotiz, sondern ein großer Schritt hin zu einem niedrigschwelligen Zugang zu Notfallverhütungsmitteln und damit für die Selbstbestimmung der Frau.
Es ist Teil eines Gesetzentwurfs zur Finanzierung der Sozialversicherung 2023. Auch die Übernahme der Kosten für Tests auf alle sexuell übertragbaren Infektionen wird in diesem Maßnahmenpaket ausgeweitet.
Frankreich macht mit der Maßnahme vor, was andere Länder nachmachen müssen. Auch Deutschland sollte sich ein Beispiel daran nehmen – und schnellstmöglich nachziehen.
Denn wer nicht ungewollt schwanger werden möchte, muss zahlen. Und zwar viel. In Deutschland kostet die Pille danach ab dem 22. Lebensjahr etwas zwischen 18 bis 38 Euro. Kostenfrei ist sie nur bis zum 18. Lebensjahr mit einem Rezept. Ab dem 22. Lebensjahr muss der volle Preis gezahlt werden.
Das Präparat ist seit 2015 in Deutschland rezeptfrei. Zweifellos ein großer Fortschritt. Doch einer, auf dem sich fatalerweise ausgeruht wird. Ein Medikament, das körperliche Selbstbestimmung bedeutet, wäre nur wirklich frei zugänglich, wenn es sich alle leisten können.
Das Notfallverhütungsmittel bleibt für viele also eine finanzielle Herausforderung, in Zeiten, in denen sich viele überlegen, ob sie es sich erlauben können, die Heizung anzumachen. Genauer gesagt: für viele Frauen. Denn sie sind es, die in den allermeisten Fällen die Kosten allein tragen müssen.
Im Jahr 2017 wurde die Pille danach laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände 808.000-mal verkauft. Noch immer wird es als eine fortschrittliche Besonderheit bewertet, wenn Sexualpartner*innen sich an den anfallenden Kosten beteiligen. Ganz nach dem Credo: Verhütung ist Frauensache.
Die neuen Maßnahmen in Frankreich knüpfen an den Erfolg von 1999 an, als Frankreich als erstes Land die rezeptfreie Pille danach einführte. Damals hat es über 15 Jahre gedauert, bis Deutschland nachgezogen ist. Diesmal wäre es an der Zeit, keine weiteren 15 Jahre verstreichen zu lassen. Jahre, in der die Selbstbestimmung der Frau in Deutschland mit finanziellen Hürden verbunden ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe