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Philipp Ruchs Buch gegen die AfDDämonischer Antifaschismus

Autor Philipp Ruch hat ein Buch gegen die AfD geschrieben. Statt bei einem etwaigen Verbotsverfahren zu helfen, wirft es Fragen nach Ruchs Stil auf.

Für Philipp Ruch sind AfDler wie Björn Höcke „Satanisten“ oder „Teufel“ Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Der Aktionskünstler Philipp Ruch, Leiter des Zentrums für Politische Schönheit, hat mit „Es ist 5 vor 1933“ eine Kampfschrift verfasst. In dem Buch, das sich auch als Beitrag für ein Verbot der AfD verstanden wissen möchte, schließt er 1933 mit 2029 kurz, denn für dieses Jahr prophezeit er die Machtergreifung der „neuen NSDAP“. Ruch malt sich aus, wie eine AfD-Diktatur aussehen könnte, und wettert gegen alle, die ihm in seinem Verbotswunsch (den er „autoritären Humanismus“ nennt) nicht folgen.

Er führt unzählige üble Zitate von AfD-Funktionären an (privat und öffentlich), die in dieser Menge nur erschrecken können. Am schwersten dürfte wohl das der Bundestagsabgeordneten Christina Baum wiegen, die 2017 ein „Wahlrecht nach Abstammung“ forderte. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD würde vermutlich zu beweisen versuchen, dass die rechtliche Schlechterstellung nichtethnisch Deutscher das Ziel der gesamten Partei sei.

Solche Dinge erfährt man bei Ruch aber nicht. Der teilt lieber aus. Björn Höcke wandelt als „Beelzebub“ durchs Werk, Alexander Gauland als „Mephisto“, Alice Weidel wird konsequent nur „Deiwel“ genannt. Er spricht von einem psychisch kranken AfD-Landtagsabgeordneten als „psychisch Gestörten“ und dass dieser den „Menschenschlag“ repräsentiere, den die AfD für das Parlament für „geeignet“ halte. Von einem anderen AfDler spricht er als „genetisch halbwertig“, er spricht von „Satanisten“, davon, dass man einzelne Abgeordnete „herausoperieren“ müsse, von „Primitive[m]“, einer „Wolfspartei“, die ein „Tier“ mit „Krallen“ sei, und „feuer­speien­den Idioten“.

Er vergleicht AfDler mit Bankräubern, Terroristen und Mördern. „Die Hölle ist leer“, so Ruch, „die Teufel sitzen im Bundestag und spielen fröhlich Abgeordnete.“ Seine Schlussfolgerung: „Was wir jetzt brauchen: … Jemanden, der durchgreift.“

Der Gegner als Unmensch

Ruchs Vorstellung vom Bösen ist weder kantisch (als falsche Zusammensetzung der Triebfedern, mithin der Motive für moralisches Handeln) noch augustinisch (als Mangel an Gutem), sondern er gesteht dem Bösen in der „Partei des Satans“ eine eigene Existenz zu. Ruchs Antifaschismus, der im anderen das personifizierte Übel oder im Gegner den Unmenschen sieht, erinnert an jene, gegen die er eigentlich kämpfen möchte.

Das Buch

Philipp Ruch: „Es ist 5 vor 1933: Was die AfD vorhat – und wie wir sie stoppen“. Ludwig Verlag, München 2024, 224 Seiten, 16 Euro

„Worte sind die Vorstufen von Taten“, schreibt er, aber liest AfD-Sprachbilder oft buchstäblich, fragt nicht, was Begriffe wie „Parteienstaat“ eigentlich meinen, sondern entscheidet sich, zu skandalisieren. Wenn Höcke von „Halben“ spricht, sei das allein deshalb problematisch, weil Hitler das in einer Rede auch mal tat.

Wie Ruch in diesem Spiel selbst abschneidet, zeigt dies: „Die Macht aber, die die großen historischen Lawinen religiöser und politischer Art ins Rollen brachte, war seit urewig nur die Zauberkraft des gesprochenen Wortes.“ Sie „verwandeln sich in Taten, wenn sie das bekommen, was wir ‚Macht‘ nennen. Dann wird aus den Zaubersprüchen Wirklichkeit.“ Ein Zitat ist von Ruch, eines aus „Mein Kampf“.

Anm. d. Red.: Der Text wurde am 11. August nochmal redaktionell bearbeitet.

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11 Kommentare

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  • Das Markenzeichen von Ruch ist offensichtlich das Hufeisen!

  • @CHRIS MCZOTT

    Das Problem ist doch eher, dass die CDU solche Positionen überhaupt vertreten konnte.

    Es gibt leider mehr Kontinuität aus der NS-Zeit, als uns lieb sein kann. Diesen Flügel gab es immer bei der CDU und hat sich irgendwann verselbstständigt (s. Gauland, Maaßen etc.)

    Schon von anfang an: Hans Globke [1], die rechte Hand Adenauers, über Filbinger, der sich nicht erinnern konnte...

    Ein Muster, das wir übrigens auch in Spanien beobachten können. Die Faschisten überwintern gerne im warmen Gefieder der Konservativen.

    Das macht deren Positionen nicht weniger faschistisch.

    [1] de.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke

    • @tomás zerolo:

      Man muss zwischen gewollter Anknüpfung an den Nationalsozialismus und (rechts)konservativer Politik unterscheiden.



      Dadurch dass z.B. AfD-ähnliche Positionen in der Migrations- und Gesellschaftspolitik auch in realsozialistischen Staaten Usus waren, wäre ich sehr vorsichtig, diese als genuin faschistisch zu bezeichnen. Konservatismus ist dem Menschen eigen.

      Die Betonung von Ethnizität durch Abstammung und althergebrachter kultureller Werte ist in den Staaten der "Dritten Welt" eher die Regel als die Ausnahme. Wenn das alles immer gleich faschistisch ist, wäre die Mehrheit der Welt faschistisch (Indien und China z.B. auch) - welche Konsequenzen würden Sie als konsequenter Antifaschist daraus ziehen? Den Handel mit der Welt einstellen?

  • Bin ja eigentlich ganz bei Ihnen. Leider begehen Sie selbst einen Fehler der Maßlosigkeit:

    "Am schwersten dürfte wohl das der Bundestagsabgeordneten Christina Baum wiegen, die 2017 ein „Wahlrecht nach Abstammung“ forderte.

    Das hatten wir bereits im Rahmen des alten Staatsbürgerrechts ("Blutrecht") bis 1999. War die Zeit vor Rot-Grün wirklich tiefster Nationalsozialismus?

    Der Glaubwürdigkeit der Linken täte es gut, die AfD nicht bei Positionen mit der NSDAP gleichzusetzen, die bis in die 1990er Jahre bei der CDU (bzw. SPD unter Schmidt) mehrheitsfähig waren bzw. offizielle Politik der DDR waren.

    Denn sonst müssten diese Leute sich fragen lassen, was Sie gegen den damals grassierenden Faschismus der beiden dt. Staaten unternommen haben...

  • Wer sich mit Ruch mal mal beschäftigt hat oder mit ihm studiert hat, weiss, wie er auf Carl Schmitt abfährt.

    Schon seine vergangenen Werke waren in einen faschistischen Pathos getaucht. Weil es eisern gegen die Nazis respektive die "Alternative" geht, lässt man ihm das durchgehen. Ein Demokrat ist das nicht, nur jemand der um die Nützlichkeit eines harten Feindbild weiss, und dann ist da ja auch immer die Möglichkeit künstlerischer Ironie.

  • Ich habe noch nie etwas von dem Mann gehört.



    Gut, wenn es so bleibt.

  • "die rechtliche Schlechterstellung nichtethnisch [sic] Deutscher"

    es gibt weder anthropologisch noch soziologisch/historisch irgendeine Basis "ethnische Zugehörigkeit" über Abstammung zu definieren. Dass die weiße deutsche Mehrheitsgesellschaft als "Ethnie" zu verstehen sei von der sich nicht-weiße Mitmenschen mit jüngerem Migrationshintergrund unterscheiden ist pseudowissenschaftliches Märchen.

    Ein "vermeintlich" o.Ä. hätte der Formulierung gutgetan.

  • Der redet leider genauso aggressiv populistisch menschenfeindlich wie die afd

  • Für mich nichts Neues. Ruch hat oft genug dargelegt, dass er sich auf der Rasierklinge zwischen provokantem Kunstprojekt und politischem Aktivismus am liebsten plump für sein narzistisches Ego entscheidet. Da muss man gar nicht mehr unbedingt den Stil auseinandernehmen, der hier in Sachen Pathos und Endzeitwortwahl schlicht das kopiert, was er vorgibt zu bekämpfen. Gähn hoch zehn. Hinter der Fassade aus kalkuliertem Affront bleibt nicht viel übrig. Was am Anfang als spannendes Projekt begann, hat sich für mich ganz schnell als ziemlich oberflächliche Plattform für Ruchs Geltungssucht gewandelt. Das Buch scheint so ne Art selbsterklärende Offenbarung zu sein, dass man weder künstlerisch noch inhaltlich wirklich was zu sagen hat.

  • Ruch ist ein sich selbst massiv überschätzender Wichtigtuer, in dessen Welt nur eine Person eine Rolle spielt, er selbst.

    Das neue Pamphlet wird so billig, schlecht und halbseiden sein wie das letzte.

    Beruhigend nur, dass das alles keine große Wirkung entfaltet.

  • Er musste offensichtlich mal Dampf ablassen, der Herr Ruch, da kann man schon Verständnis für haben (Deiwel für für Frau Weidel, sehr schön, da kann man schon einen höheren Sinn hinter sehen :)).



    Aber natürlich kann das nicht der Weg sein, die AfD zu bekämpfen, irre Gewaltfantasien und Hass gibt es von der anderen Seite zur Genüge, sich hier auf die gleiche Ebene zu begeben führt zu nichts. Am Ende hilft nur den Gegner stellen, entlarven, eine eigene positive Vision gegen all die destruktive Düsternis stellen und gern auch hin und wieder mal ein konkretes Problem lösen. Sie sind nicht unbesiegbar, die Braunen und Rechtspopulisten, man darf sich nur nicht auf ihr Spiel einlassen.