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Pflegeeltern in Niedersachsen gesuchtNur das Beste für das Kind

In Hannover gibt es zu wenig Menschen, die Kinder bei sich aufnehmen wollen. Kein Wunder: Sie müssen bereit sein, ihr Leben radikal zu ändern.

Neues Zuhause: Familie Dupont aus Ditzingen bei Stuttgart mit ihren Pflegekindern Foto: dpa

Hannover taz | Es klafft eine Lücke zwischen der Anzahl von Kindern und Jugendlichen, die dringend eine Familie brauchen, und der von Erwachsenen, die diese Familie sein könnten und sein wollen. Die Region Hannover hat darum einen Aufruf gestartet: „Pflegekinderdienst sucht Eltern“ steht auf ihrer Homepage. Jedes Jahr suchen etwa 20 Kinder in und um Hannover ein neues Zuhause, weil „ihr Wohl bei den leiblichen Eltern gefährdet ist“, wie es weiter heißt.

20 Kinder, klingt nicht viel. 20 Kinder dürften doch unterzubringen sein irgendwo in einer Region mit 21 Gemeinden und 1.157.624 Einwohner*innen. Doch das Problem verschärft sich seit Jahren. Steigende Lebenshaltungskosten, die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, ein verändertes Geschlechterbild spielen dabei mit. Während es früher für viele Mütter selbstverständlich war, wegen der Kinder und der Familie eine Zeitlang oder ganz aus dem Job auszusteigen, können sich das heute immer weniger Frauen vorstellen.

Das ist für Pflegekinder ein Problem, denn vor allem in der ersten Zeit in der neuen Familie benötigen sie einen intensiven Kontakt zu den Pflegeeltern. Sie kommen meist aus schwierigen Verhältnissen und sind zum Teil traumatisiert. Viele haben kein Vertrauen zu Erwachsenen und müssen erst lernen, eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Da kann eine Rundum-Betreuung vonnöten sein.

Während früher vor allem heterosexuelle Ehepaare Pflegekinder aufnehmen konnten, sucht der Pflegekinderdienst mittlerweile auch unverheiratete oder homosexuelle Paare sowie Alleinlebende und Alleinerziehende. Potenzielle Pflegeeltern können sich bei Info-Veranstaltungen ein Bild über das Leben mit fremden Kindern machen.

Muss man gefährdete Kinder herausnehmen?

In Gesprächen mit den Mitarbeiter*innen vom Pflegekinderdienst wird genau geschaut, ob die Frauen und Männer tatsächlich als Pflegeeltern geeignet sind. Mitunter dauert es eine Weile, bis Pflegeeltern und -kinder zueinander finden.

Doch es gibt auch Kritik an diesem System. Müssen gefährdete Kinder in jedem Fall aus der Herkunftsfamilie herausgenommen werden? Gibt es nicht auch andere Möglichkeiten, das Kindeswohl wieder herzustellen? Möglichkeiten, die die leiblichen Eltern direkt mit einbeziehen?

Darüber streitet die Fachwelt. Die einen sagen: Wenn Kinder vernachlässigt, geschlagen oder missbraucht werden, wenn sie in ihrer Entwicklung behindert werden, weil sich die Eltern nicht ausreichend kümmern, wenn Mutter und Vater drogenabhängig sind, ist es besser, die Kinder an einen Ort zu bringen, an dem es ihnen gut geht.

Aber geht es ihnen denn gut ohne Bindung zur leiblichen Mutter, zum leiblichen Vater? Das halten jene dagegen, die meinen, dass Kinder heute zu schnell aus der Herkunftsfamilie genommen und der staatlichen Obhut übergeben werden. Diesem Konflikt sind insbesondere die Jugendämter ausgesetzt. Belassen sie ein Kind in der Familie oder reagieren sie zu spät, stehen sie am Pranger. So geschehen bei Kevin 2006 in Bremen, als der Zweijährige von seinem drogenabhängigen Vater getötet wurde.

Nehmen die Jugendämter dagegen ein Kind zu früh aus der Familie, heißt es oft, das sei staatliche Willkür. Vermutlich gibt es kein Richtig oder Falsch. Die Wahrheit kann auch in der Mitte liegen.

Mehr über die Suche nach Pflegefamilien und die Kritik an diesem Konzept lesen Sie in der taz am Wochenende oder hier, am E-Kiosk.

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4 Kommentare

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  • Es gibt eben viel zu wenige Menschen, die dem Ideal von Pflegeeltern nach Kinder- und Jugendschutzbehörden entsprechen. Man muss verhältnismäßig reich oder wohlhabend sein, einen relativ spießigen Lebenslauf vorweisen können und am Ende der willkürlichen Beurteilung durch eine Fachkraft genügen.



    Ab und an rutscht aber auch ein Pädophilenring durch und andere dem Kindeswohl, weil unglücklich machend, nicht entsprechende Menschen.

  • Hallo🙋‍♀️ich habe beim Landkreis Hildesheim vor fünfzehn Jahren den Kurs belegt. Angeblich ist alles verschwunden. Wir sind seit Jahren bereit, bis zu zwei Kinder aufzunehmen. Wir haben Eigentum, eigene Kinder, ich bin Hausfrau und mein Mann arbeitet seit fast 25 Jahren in einem großen Betrieb. Leider vergisst man ständig uns Bescheid zu geben wenn neue Kurse starten. Denn wir müssen jetzt beide den Kurs nochmal belegen. Zwei Zimmer stehen leer bei uns. Ihr sucht Pflegeeltern? Hier sind wir🙋‍♀️und das schon seit Jahren

  • In den Niederlanden gibt es eine "Schutzaufsicht", in Fällen von Vernachlässigung behalten Eltern das Sorgerecht und die Kinder aber Familienhelfer gehen in die Familien leben dort auch in der intensiven Betreuungsphase Tag und Nacht mit. Sie beschützen die Kinder, helfen Eltern oder Alleinerziehenden bei Überforderung ihren Auftrag wahrzunehmen und erkennen vor Ort am besten ob die Kinder aus den Familien heraus genommen werden müssen oder nicht. So etwas fehlt komplett in Deutschland.

    • @Nina Janovich:

      Das klingt sehr interessant. Können Sie mir hierfür Quellen für entsprechende Konzepte nennen ?



      Diese intensive Form der Familienbegleitung müsste man doch auch in D anbieten können. Viele Kinder werden hier aus Angst, es könne zu einer Gefährdung kommen, aus den Familien genommen. Oder der Mutter wird schon nach der Entbindung ihr Baby nicht zur Betreuung überlassen. Trennung der Kinder von ihren Eltern bedeutet in der Regel eine Traumatisierung auf beiden Seiten und könnte bei Unsicherheiten des Jugendamtes durch eine entsprechende "Schutzaufsicht" ( klingt leider nicht so toll) sicher in vielen Fällen verhindert werden.



      Wäre natürlich teurer als ein paar Stunden sozialpädagogische Familienhilfe. Aber sicher nicht teurer als jahrelanger Aufenthalt in öffentlicher Erziehung.



      Ganz zu schweigen davon, was es für eine Kind und seine Entwicklung bedeutet, als Pflege-oder Heimkind aufzuwachsen.....