Petition gegen TV-Werbeverbot: Wenn Werbung zu politisch ist
Eine britische Supermarktkette wollte mit einem TV-Spot auf die Abholzung von Regenwäldern hinweisen. Doch das Video wird nicht freigegeben.

Weihnachtszeit ist Werbezeit – besonders in Großbritannien. Pünktlich zur Adventssaison überbieten sich Werbetreibende mit immer größeren und emotionaleren Botschaften rund um das Fest der Liebe. Das Themenrepertoire ist dabei so prall gefüllt wie der traditionelle Weihnachtstruthahn auf den Tellern: Von Liebe und Idylle über den Weihnachtsmann und Geschenke bis hin zu Familie und Tieren ist alles mit dabei. Je tiefgründiger, desto besser.
Auch die britische Supermarktkette „Iceland Foods“ wollte dieses Jahr mit einem besonderen Werbevideo um die Aufmerksamkeit ihrer Kunden buhlen und gleichzeitig ein Zeichen gegen die umstrittene Produktion von Palmöl setzen. Doch das Video darf nicht ausgestrahlt werden. Der Grund: Es ist zu politisch.
In dem animierten Clip springt ein junger Orang-Utan namens Rang-Tan durch das Zimmer eines kleinen Mädchens und durchwühlt ihre Sachen. Das Mädchen ist irritiert und möchte ihn loswerden. Doch vorher erzählt er ihr seine Geschichte: Er hat sein Zuhause und seine Mutter verloren. Alles nur, weil Menschen mit schweren Maschinen seine Heimat, den Regenwald, abgeholzt haben. Der Grund: Sie brauchen Platz für neue Palmöl-Plantagen.
Das kleine Mädchen möchte natürlich helfen. Genau wie der Supermarkt, der am Ende des Videos eingeblendet wird. Bereits Anfang des Jahres hatte Iceland angekündigt, als erster britischer Supermarkt alle Eigenmarken-Produkte mit Palmöl aus dem Sortiment zu nehmen. Der Werbeclip sollte diese Kampagne unterstützen.
Millionen Klicks auf Youtube
Das Video wurde ursprünglich nicht von Iceland selbst, sondern von der Umweltschutzorganisation Greenpeace produziert. Für die britische Organisation Clearcast, die für die Freigabe von Rundfunkwerbung zuständig ist, liegt genau darin das Problem. In einer Mitteilung schreibt Clearcast, dass Werbungen abgelehnt werden müssen, wenn sie „von (oder im Namen von) Organisationen“ produziert werden, die „gänzlich oder hauptsächlich von politischer Natur“ geprägt sind. Bei Greenpeace sei dies auch der Fall. Dementsprechend dürfe der Clip nicht gesendet werden.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Iceland hat die Entscheidung von Clearcast bisher nicht geschadet – dem Internet sei Dank. Im Gegenteil: Kurz nach Bekanntwerden des Verbots veröffentlichte der Supermarkt das Video auf YouTube, wo es innerhalb kürzester Zeit millionenfach angeschaut wurde. Auch die britischen Medien griffen das Thema auf.
Um die Werbung doch noch ins britische Fernsehen zu bringen, hat der Engländer Mark Topps eine Petition gestartet, die innerhalb kürzester Zeit von über einer Million Menschen unterschrieben wurde. Darin fordert er Clearcast auf, das Verbot rückgängig zu machen: „Die Werbung übermittelt eine wichtige Nachricht – eine emotionale Nachricht, die berührt und hilft, die Umwelt zu schützen“, sagt Topps. Deswegen müsse sie auch im Fernsehen gezeigt werden. Clearcast selbst seien in der Sache die Hände gebunden, wie die Organisation Topps in einem Treffen mitteilte. Doch der lässt sich dadurch nicht entmutigen. Schließlich gehe es doch darum, Bewusstsein für Palmöl und die Orang-Utans zu schaffen. Und das funktioniert offenbar auch ohne TV-Werbung.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt