piwik no script img

Personalkontrollen bei HollisterVier gewinnt

Die Modefirma Hollister überwacht ihr Personal auf denkwürdige Weise: Wer eine Vier würfelt, dessen Tasche wird beim Ausgang kontrolliert.

Cool im Image, aber knallhart zum Personal: Hollister. Bild: dpa

BERLIN taz | Von den Internetseiten der Modekette Hollister des Konzerns Abercrombie & Fitch lächeln Teenies in dünnen Blusen und ausgewaschenen Jeans: Hollister, so heißt es bei der Modemarke, sei „jung, energisch und mit Sinn für Humor“ und nehme sich „niemals zu ernst“.

Auch die neueste Methode der Mitarbeiterkontrolle im Hollister-Laden in Frankfurt könnte man als Witz nehmen, wenn sie nicht das Ergebnis von todernsten Verhandlungen mit dem Betriebsrat wäre. Betriebsrat und Unternehmensführung einigten sich darauf, die Taschen der Mitarbeiter in der Frankfurter Filiale vorläufig nach dem „Würfelprinzip“ zu kontrollieren, um Personaldiebstähle aufzudecken. Danach würfeln alle beim Ausgang; wer eine Vier erzielt, dessen Tasche und Jacke werden auf entwendete Teile kontrolliert.

„Juristisch ist das nicht zu beanstanden“, sagte Wolfram Henkel, Sprecher des Landesarbeitsgerichts Hessen in Frankfurt, der taz. Das Gericht stellte aufgrund der vorliegenden Einigung ein anhängiges Verfahren zur Personalkontrolle bei Hollister in Frankfurt ein.

Die Filiale in Frankfurt ist die einzige Filiale der Modekette in Deutschland, die überhaupt einen Betriebsrat hat. In den anderen Filialen ohne Betriebsrat fänden die Taschenkontrollen völlig willkürlich statt, schilderte Luthfa Rahman, Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di in Frankfurt. In Unternehmen ohne Betriebsrat sei aber „nach dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Zulässigkeit einer generellen, und sei es auch nur strichprobenartigen Taschenkontrolle praktisch ausgeschlossen, wenn dem nur ein Generalverdacht zugrunde liegt“, sagte Klaus Müller-Knapp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, der taz.

Taste am Werktor

Unternehmen mit Betriebsrat haben meist einschlägige Betriebsvereinbarungen. Um das „Zufallsprinzip“ bei den Personalkontrollen zu gewährleisten, gebe es in größeren Unternehmen mitunter am Werkstor Tasten, die die Heimgehenden drücken, erklärt Henkel. Bei dem einen oder anderen leuchtet dann eine rote Lampe auf, und nur diese Beschäftigten werden daraufhin kontrolliert.

Der Einigung bei Hollister in Frankfurt hat vorläufigen Charakter. Eine endgültige Betriebsvereinbarung soll voraussichtlich bis Anfang Mai geschlossen werden.

Der Betriebsrat bei Hollister kritisiert neben Taschenkontrollen auch die Videoüberwachung. Videokameras sollten künftig so angebracht werden, dass die Beschäftigten nicht permanent bei der Arbeit gefilmt werden, sagte Anwalt Peter Rölz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • F
    FaktenStattFiktion

    @Martin

    Ich habe absichtlich "m.E." geschrieben da ich nicht aus dem Einzelhandel komme.

    Wenn Sie mir sagen, die Verlusterate (durch stehlende Mitarbeiter) rechtfertigt den Aufwand, dann mag dem so sein.

  • M
    Martin

    >>>von FaktenStattFiktion:

    ....."Ob es aber Sinn macht, 17 v.H. der Beschäftigten zu kontrollieren, ist m.E. mehr als fraglich."

     

    Und ob das Sinn macht!! habe lange in einer Firma mit Kontroll-Zufallsauslese gearbeitet. Wer da noch etwas in seiner Tasche mitnahm,verlor seinen Arbeitsplatz wegen Diebstahls.

  • B
    Betty

    Warum "denkwürdig" ist doch gerecht und normal. Ob ich nun auf einen Knopf drücke oder einen Würfel werfe - so what?

     

    Sein Eigentum vor Diebstahl (und sei es durch die eigenen Mitarbeiter) zu schützen, ist doch nachvollziehbar und verständlich.

  • V
    viccy

    Problematisch wäre doch nur gewesen, wenn beim Würfeln einer 1 die Männer und beim Würfeln einer 6 die Frauen kontrolliert worden wären?! :-))

  • B
    Besserwisser

    Armes, armes Deutschland. So reich und doch so arm...

  • F
    FaktenStattFiktion

    Die Dienstvereinbarung ist sinnvoll, bezogen auf die Auswahl der Kontrolle.

    Ob es aber Sinn macht, 17 v.H. der Beschäftigten zu kontrollieren, ist m.E. mehr als fraglich.

     

    UND: Wer kontrolliert wird, ist in dieser Zeit faktisch an den Arbeitsort gebunden. Die Taschenkontrollen sind also Arbeitszeit und müssen folglich auch vergütet werden.

     

    Ich hoffe, der BR hat dies in der DV berücksichtigt.