Personalie bei der Deutschen Bahn: Vorstand vor dem Aus
Nach zwei Jahren bei der Deutschen Bahn verliert der frühere Investmentbanker und Bahn-Vorstand Alexander Doll den Rückhalt der maßgeblichen Akteure.
Satte Gehaltserhöhung oder Entlassungspapiere – mit dieser Frage musste sich Bahn-Vorstand Alexander Doll vor einer Sondersitzung des Aufsichtsrats an diesem Donnerstag herumplagen. Nach zwei Jahren bei der Deutschen Bahn steht der frühere Investmentbanker unabhängig vom Ergebnis der Sitzung schwer unter Druck. Allein die beiden Alternativen werfen ein bezeichnendes Licht auf die verwirrende Gemengelage in der Bahn-Zentrale.
Viele Freunde hat der 49-jährige Doppelvorstand, zuständig für den Güterverkehr und das Finanzressort, nicht mehr. Das hat mehrere Gründe. Im Bundesverkehrsministerium ist die Spitze sauer, weil sich die Lage im Cargogeschäft nicht verbessert, sondern wohl in diesem Jahr noch einmal deutlich verschlechtert hat. Unter dem Strich könnte am Jahresende ein Minus von 300 Millionen Euro stehen, nach 190 Millionen Miesen im vergangenen Jahr. Dabei war Doll ursprünglich für die Sanierung der Sparte berufen worden.
Der Ex-Banker und Ex-Bahn-Berater gilt inzwischen auch als machtbewusster Einzelkämpfer. Vor Kurzem hat es sich Doll mit seinen Vorstandskollegen und Bahn-Chef Richard Lutz verscherzt, wie Insider bestätigen. Lutz wollte, dass er sich auf die Cargosparte konzentriert und das Finanzressort aufgibt. Die Doppelbelastung, die durch die Zuständigkeit für die Spedition Schenker und die britische Tochter Arriva noch stärker wird, störte diesen aber nicht. Doll ließ den Chef abblitzen. Das wird in der Zentrale als Affront gewertet.
Der Aufsichtsrat ist verärgert
Im Aufsichtsrat sorgte auch seine Strategie beim Verkauf von Arriva für Ärger. Bis zu 4 Milliarden Euro sollten die Anteile der hochverschuldeten Bahn einbringen. Daraus wurde jedoch nichts. Die Gebote fielen zu niedrig aus. Der alternativ geplante Börsengang fällt einstweilen dem Brexit zum Opfer. Verärgert ist der Aufsichtsrat dem Vernehmen nach auch, weil Doll wichtige Informationen zu Arriva zurückgehalten haben soll, Pensionsverpflichtungen in dreistelligen Millionenhöhe, die den Unternehmenswert schmälern. Um den Güterverkehr wird er sich künftig wohl nicht mehr kümmern müssen. Das wird der Aufsichtsrat wahrscheinlich der bisherigen BVG-Chefin Sigrid Nikutta übertragen.
Warum Doll trotz seiner bescheidenen Bilanz einen kräftigen Aufschlag der Vergütung bekommen sollte, erschließt sich erst mit Blick auf den Gesamtplan für die Vorstandsvergütung. Danach sollte das Gehaltsniveau insgesamt um ein Drittel angehoben werden. Besonders stark hätten die beiden jüngsten Vorstandsmitglieder profitiert: Sabine Jeschke und eben Alexander Doll. Das war jedoch für Verkehrsminister Andreas Scheuer das „falsche Signal“. Die Vorlage für die Vergütung ist daraufhin wieder vom Tisch genommen worden.
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Sondersitzung des Aufsichtsrats noch im Gange. Bekannt geworden war dennoch, dass Doll den Rückhalt der maßgeblichen Akteure im Bundesverkehrsministerium, im Aufsichtsrat und im Vorstand verloren hat.
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