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Personalentscheidung bei den GrünenParteizentrale zentraler gesteuert

Die Grünen bauen erneut ihre Strukturen um. Eine Weggefährtin von Parteichefin Lang erhält eine neu geschaffene Schlüsselposition.

Die 26-jährige Chiara Tummeley erhält den Posten der „Koordinierenden Leitung“ in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen Foto: dpa

Berlin taz | Offiziell endete die Bewerbungsfrist erst am letzten Freitag, aber die Ausschreibung hing ohnehin nur der guten Ordnung halber in der Parteizentrale aus. Wer den Job bekommt, war schon länger beschlossene Sache: Der Bundesvorstand der Grünen macht eine seiner zentralen Mitarbeiterinnen zur zentralsten Mitarbeiterin. Die 26-jährige Chiara Tummeley erhält den neu geschaffenen Posten der „Koordinierenden Leitung“ in der Bundesgeschäftsstelle.

Für die junge Parteilinke und Vertraute von Co-Parteichefin Ricarda Lang geht damit ein steiler Aufstieg weiter: Tummeley war einst Geschäftsführerin der Grünen Jugend, dann Büroleiterin in Langs Vorstandsbüro und seit etwas mehr als einem Jahr Chefin der Strategieabteilung „Politik und Analyse“. Diesen Job soll sie auch weiterhin ausüben, die neue Leitungsstelle gibt es obendrauf.

Mit der neu geschaffenen Position schraubt die Regierungspartei zum zweiten Mal hintereinander an den Strukturen ihrer Bundeszentrale. Über die letzten Jahre war mit dem großen Mitgliederwachstum der Grünen zunächst ein relativ ungeordneter Personalaufwuchs einhergangen. Infolge des letzten Bundestagswahlkampfs, der nicht ohne Pannen verlief, wurden die Abteilungen dann neu sortiert und Ressourcen umverteilt. Mit den Entscheidungswegen war der Vorstand aber offenbar weiterhin nicht zufrieden: Nur kurze Zeit später folgt jetzt ein Umbau auf der Leitungsebene mit Tummeley auf der künftigen Schlüsselposition.

Laut Ausschreibung soll sie „die politischen Prozesse in der Bundesgeschäftsstelle zusammenführen und ihre operative Umsetzung koordinieren“. Den Vorstand wird sie „politisch beraten“. Nach außen soll sie die Abstimmungsarbeit mit Grünen in den Ländern, grünen Ministerien und der Bundestagsfraktion übernehmen.

Eine Auswahl der weiteren Tätigkeiten: die „politische und kommunikative Vorausplanung“ sowie das „Management von Krisen“ koordinieren, Projekte an die Verantwortlichen im Haus delegieren und „inhaltlich-koordinative Prozesse, etwas die Freigabe von Wordings, begleiten“.

Mehr Macht als gewohnt

Eine Fülle an Aufgaben also, die in Teilen der übrigen Belegschaft auch für Kritik sorgt: Von zu großer Machtkonzentration und zu vielen Kompetenzen für eine einzelne Person ist dort die Rede.

Außerdem fielen viele der Befugnisse eigentlich in die Zuständigkeit von Emily Büning, die seit zwei Jahren Politische Geschäftsführerin (vergleichbar mit den Ge­ne­ral­se­kre­tä­r*in­nen anderer Parteien) im Vorstand ist. Das Portal „Table Media“, das zuerst über die Personalie berichtet hatte, wertete die Entscheidung „als Reaktion auf Kritik an Büning“. Über sie heißt es in der Partei zum Teil, sie sei öffentlich zu wenig sichtbar. Soll sie sich jetzt also, positiv formuliert, stärker auf die Außendarstellung konzentrieren können?

Dieser Zusammenhang sei Unsinn, heißt es auf eine offizielle Anfrage hin aus der Bundesgeschäftsstelle. Zwischen dem neuen Posten und der Rolle Bünings gebe es „keine Überschneidungen“. Die einzige Begründung für den Umbau: Nach der Neuaufstellung der vergangenen Jahre passe man die Strukturen „aktuell noch einmal an, um sich gut für die nächsten Jahre aufzustellen“.

Über zwei Jahre nach dem Regierungseintritt soll die Suche nach einer funktionierenden Hierarchie demnach ein Ende haben. Das ist zumindest die Hoffnung.

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4 Kommentare

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  • Vielleicht ---HOFFENTLICH--- werden sich die Grünen nun weniger von dem kleinen Koa-"Partner" gefallen lassen!? Vielleicht werden sie sich nun mehr auf ihre eigenen Grundsätze besinnen und nicht aus irgendwelchen fragwürdigen Gründen ihre Grundüberzeugungen dem "Staatswohl" opfern.

  • Bei Kritik wirds kantik und konkret: "Dieser Zusammenhang ist Unsinn".



    Bei der Eigendarstellung wirds blumig, ungenau, windschnittig: "koordinieren" und "für die nächsten Jahre gut aufstellen."



    Egal welche Partei: Das ist alles nur noch schlimm. Will das irgendwer so hören? Nur weil das alle so machen muss das richtig sein? Kann man so Wähler gewinnen oder will man nur abwiegeln und Strategien vortäuschen?



    Ich würde mir wünschen, wenn die Grünen sich hier nicht den anderen Parteien im Sprech anpassen sondern Dinge beim Namen nennen würden. Gute wie schlechte und jeweils griffig und konkret.

  • Das ist typisch für diese 'Grünen' : Es kommen keine Neudenker nach. Alles kreis(ß)t sich immer um dieselben Typen und so wird sich auch nichts ändern ohne den Rückhalt und eine neue Kreativität einer 'Basis'. Vor 40 Jahren ging es um Auffrischung durch begrenzte Wahlzeiten und gestandene Vertreter aus der Bevölkerung. Heutzutage immer die gleiche Leier, kaum Selbstkritik und Überprüfung des eigenen Tuns, was dazu führt, dass die Gewählten immer einsamer werden und sich wundern, wenn abstruse Meinungen von außerhalb den Parlamentarismus gefährden. Die Journaille setzt diesem Treiben noch ein i-Tüpfelchen, wenn sie immer dieselben in den talk-shows vorführt, bis man manche Gesichter nicht mehr sehen mag und sich die Zuschauer abwenden. In der Politik fehlen bodenständige, selber denkende Persönlichkeiten, die in der Lage sind, auch einmal reinen Wein einzuschenken und Tacheles zu reden und trotzdem die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und überzeugen, vielleicht auch einmal eine aufrechte Frau, wenn nicht gleich ein Feminat! Grün WAR einmal eine Hoffnung, Anpassung a la Habeck hat sie in Frage gestellt.

  • Früher hatten die Grünen mit Abstand das beste Personal: Quereinsteiger m/w/d konnten sich politisch beweisen und Sachkenntnisse einbringen.



    Nun wirkt es wie Junge Union II. Karrierelaufbahnen, deren Ergebnisse für Wählers abtörnend wirken. Konkret fehl am Platze sind Lang, Dröge und Strippenzieher Sven Lehmann.



    Dann kommt die programmatische Stärke auch wieder zum verdienten Tragen.